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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Säen

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Säen.

beigegeben, welcher den kontinuierlichen Saatausfluß des Drills in gewissen Abständen unterbricht. Die bezügliche Vorrichtung besteht in alternierend sich öffnenden und schließenden Schiebern, welche in den Drillscharen eingesetzt sind und ihre Bewegung durch den Umlauf der Fahrräder erhalten. Die Dibbelmaschinen wurden erst in neuester Zeit zu praktischer Brauchbarkeit ausgebildet und zwar, seitdem man ihnen den gewöhnlichen Drill zu Grunde gelegt und nur die Vereinzelungsvorrichtung hinzugefügt hat. Übrigens muß die Thatsache konstatiert werden, daß, seitdem die Dibbelmaschinen allen praktischen Anforderungen entsprechen, sich auch vielfach, besonders beim Anbau der Zuckerrüben, herausgestellt hat, daß ihre Anwendung für viele Verhältnisse keine Vorteile gegenüber den Drills gewährt, so daß ihre Verbreitung in neuerer Zeit zum mindesten keine Ausdehnung erfahren hat. Von besonderer Wichtigkeit ist bei den Drills und Dibbelmaschinen eine gesicherte Leitung des Samens von dem Säeapparat in die von den Scharen gezogenen Rillen. Zu diesem Behuf werden verschiedene Konstruktionen angewendet, z. B. sogen. teleskopische, d. h. mit Kugelgelenken versehene und ineinander schiebbare Röhren oder mittels kleiner Ketten verbundene Trichter. Der typische, für die Aussaat von Getreide eingerichtete Drill ist auf der Tafel (Fig. 3) dargestellt; Fig. 4 zeigt die hintere Ansicht des sehr beliebten Drills von Rud. Sack in Plagwitz bei Leipzig, Fig. 5 die Dibbelmaschine desselben für vier Reihen, also zur Rübensaat eingestellt, Fig. 8 eine in neuerer Zeit gleichfalls sehr verbreitete Maschine von Groß u. Komp. in Eutritzsch bei Leipzig.

Schließlich sind hier noch die Pflanzstöcke zu erwähnen, welche in früherer Zeit, namentlich in Frankreich und Belgien, zum horstweisen Anbau von Kulturgewächsen benutzt wurden und vor der Einführung der Drill- und Dibbelmaschinen die Handarbeit vermindern oder vervollkommnen sollten. Sie bestanden aus einem tragbaren Apparat, welcher die Samenkerne aufnahm und bei einer Hebelbewegung ein genau abgemessenes Quantum derselben durch ein Leitungsrohr in die im Boden gemachten Löcher fallen ließ. Die vorzüglichsten Pflanzstöcke wurden von Ledocte in Brüssel konstruiert, sind jedoch in neuerer Zeit nur noch für Gartenkulturen in Anwendung. Für Forstkulturen werden jedoch auch in neuester Zeit Säeapparate angewendet, welche auf dem nämlichen Prinzip beruhen wie die Ledocteschen Pflanzstöcke. Vgl. Perels, Handbuch des landwirtschaftlichen Maschinenwesens (2. Aufl., Jena 1880); Fritz, Handbuch der landwirtschaftlichen Maschinen (Berl. 1880).

Säen, Ausstreuen und Unterbringen von Sämereien auf Feldern, Wiesen, Waldboden und in Gärten. Eingeleitet wird das S. durch die Bodenvorbereitung mittels des Spatens und Rechens oder des Pflugs, der Egge und Walze (Exstirpatoren, Skarifikatoren etc.). Während der Gärtner seine Beete immer saatfertig erhalten muß und unmittelbar nach der Ernte wieder säen kann, bedürfen die Felder des Landwirts immer einer mehr oder minder langen Vorbereitung nach der Ernte, ehe die neue Saat vorgenommen werden darf. Diese Vorbereitung muß zum Teil die Vorfrucht übernehmen (s. Fruchtfolge); Felder, welche im Frühjahr besäet werden sollen, werden schon im Herbst vorbereitet und bleiben über Winter "in rauher Furche" liegen. Die Saatzeit fällt hauptsächlich in das Frühjahr und den Herbst, ist aber für jede Frucht verschieden. Für Frühjahrssaaten gibt die natürliche Vegetation die besten Winke, weil deren Erwachen der Jahreswitterung entspricht. Für Gerste hält man z. B. die Obstbaumblüte und die Entwickelung der Linde, für Hafer das Abblühen der Esche und das Hervorbrechen der Eichenblätter, für Sommerweizen das des Lindenlaubes, für Kartoffeln das des Buchenlaubes und die Apfelblüte, für Buchweizen das Röten der Erdbeere maßgebend. Frühe Saat zieht man vor, besonders für Brauergerste und Lein; doch muß auch auf die Spätfröste Rücksicht genommen werden. Soweit möglich, ist für die Aussaat auch der vorhandene und mutmaßliche Feuchtigkeitsgehalt der Luft zu berücksichtigen; bei uns ist z. B. der trocknende Ostwind zu vermeiden; anderseits aber muß auf Erhaltung der Winterfeuchtigkeit (Walzen) oder auf tüchtiges Abtrocknen (Lockern) je nach Boden, Lage, Witterung und Saatzeit gesehen werden. Der Boden muß frisch, aber weder naß oder feucht noch trocken sein. Die Auswahl des Saatgutes ist die wichtigste Fürsorge. Vollständige Reife, volles Gewicht, Erhaltung der Keimfähigkeit, Unverletztsein der Schale und Reinheit von Unkraut sind die wesentlichsten Anforderungen. Man verwendet nur den besten Samen (die schwersten Körner) zur Saat und hat für gute Aufbewahrung zu sorgen. Auch ist zeitweiser Samenwechsel zu empfehlen. Mancher Same kann sofort, andrer am besten erst nach ein paar Jahren gesäet werden. Man gewinnt das Saatgut entweder, was sich am besten bewährt, auf besondern Feldern (Saatgutbau) oder durch Auswahl der besten Körner (Saatzucht) und sorgsamstes Reinigen von minder gutem Samen und Unkraut auf den Saatreinigungsmaschinen. Leider spielt auch hier der Betrug eine große Rolle. Es gibt jetzt besondere Prüfungsanstalten für Marktgut, von welchen aus die Resultate der Untersuchungen veröffentlicht werden (s. Samenkontrollstationen). Zieht man von der Gewichtseinheit einer im Handel vorkommenden Samensorte das Gewicht der darin enthaltenen Verfälschungen und der nicht keimfähigen Samen ab, so erhält man den Gebrauchswert der Samensorte. Zu Kartoffeln soll man nur gut gereifte und ungeteilte oder nicht mehr als halb geteilte Knollen verwenden; am sichersten gegen den Kartoffelpilz schützt das Aufbewahren der Knollen über Winter in Asche. Über das Aussaatquantum der einzelnen Früchte s. d. Die Aussaat erfolgt mit der Hand, in neuerer Zeit aber vielfach mit Maschinen (s. Säemaschinen), und zwar unterscheidet man breitwürfige Saat, bei welcher das Saatgut ganz gleichmäßig über den Acker verteilt wird, und Reihensaat. Bei letzterer, in der Landwirtschaft nur mit Maschinen ausführbar, wird der Same kontinuierlich in die Reihen eingestreut (Drillsaat), während bei der Dibbelsaat eine regelmäßige Unterbrechung des Saatstroms stattfindet. Es hat dies zur Folge, daß die Pflanzen in Horsten, also vereinzelt, aufgehen, wie dies beim Anbau vieler Kulturgewächse, z. B. der Rüben, Zichorie, des Maises, Krapps etc., verlangt wird. Bei der Drillsaat ist es demnach oft erforderlich, nach dem Emporkommen der jungen Pflanzen ein Vereinzeln derselben (Verziehen) vorzunehmen, wobei innerhalb einer festgesetzten Entfernung (der Horstweite) je eine und zwar die am vorzüglichsten entwickelte Pflanze in dem Boden verbleibt, während die übrigen herausgenommen werden. Vgl. Nobbe, Handbuch der Samenkunde (Berl. 1876); Harz, Landwirtschaftliche Samenkunde (das. 1885); Wollny, Saat und Pflanze der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen (das. 1885). - Das S. in der Gärtnerei