Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Saint-Rambert; Saint-Réal; Saint-Remy; Saint-René Taillandier; Saint-Riquier; Saint-Saëns

200

Saint-Rambert - Saint-Saëns.

S. nimmt seinen Ursprung aus der Schelde bei Cambrai und führt zur Somme über S. bis St.-Simon, wo er mit dem Sommekanal und dem Kanal von Crozat in Verbindung steht. - S., im Altertum Samarobriva, unter den Römern Augusta Veromanduorum, erhielt seinen jetzigen Namen von dem heil. Quintin, welcher bei der Predigt des Christentums 287 daselbst das Martyrium erlitt, und dessen Gebeine 825 nach S. gebracht wurden. Es wurde Hauptstadt der Grafschaft Vermandois, fiel mit dieser 1215 an die französische Krone, ward aber 1435 im Frieden von Arras an Burgund abgetreten und erst 1477 wieder französisch. 1557 wurde S., nachdem ein Entsatzheer unter Montmorency 10. Aug. von Egmond geschlagen worden (erste Schlacht bei S.), nach tapferer Verteidigung durch Admiral Coligny 28. Aug. von den Spaniern unter dem Herzog von Savoyen erobert, aber im Frieden 1559 an Frankreich zurückgegeben. Am 12. März 1814 ergab sich die Festung an die Russen unter Geismar. - Im Krieg von 1870/71 wurde S. wiederholt von den deutschen Truppen besetzt, aber, da es nicht befestigt war, auch wieder geräumt, so 16. Jan. 1871, als Faidherbe mit der französischen Nordarmee (22. und 23. Korps) in stärkern Massen gegen S. vorging. Da sich herausstellte, daß dies einen Vorstoß auf Laon einleiten sollte, so warf General v. Goeben, Oberbefehlshaber der ersten deutschen Armee, seine an der Somme von La Fère bis Amiens verteilten Streitkräfte alle dem Feind nach S. entgegen. Bereits 18. Jan. hatte sein linker Flügel ein heftiges Gefecht mit den Franzosen, welche aus mehreren Dörfern auf S. selbst zurückgetrieben wurden. Faidherbe nahm nun Stellung westlich und südlich von S., das 23. Korps auf dem rechten, das 22. auf dem linken Flügel. Goeben beschloß, ihn hier am 19. umfassend und energisch anzugreifen, obwohl er nur drei Divisionen (Gröben, Kummer und Barnekow) sowie drei Detachements, zusammen 39 Bataillone, 53 Eskadrons und 27 Batterien, zur Verfügung hatte. Die Disposition Goebens für die Schlacht bestimmte bloß, daß sämtliche Abteilungen morgens 8 Uhr antreten und in der Richtung auf S. den Feind angreifen sollten. Dies geschah, und in siebenstündiger heißer Schlacht (zweite Schlacht bei S.) wurde der Feind aus allen seinen Positionen vor S. zurückgeworfen, der linke Flügel in die Stadt, der rechte auf die Straße nach Cambrai. Um 6 Uhr gelang es nach Erstürmung des Bahnhofs, von Südosten her in die Stadt selbst einzudringen, während auf der Westseite infolge hartnäckigern Widerstandes der Franzosen, welche Verstärkung erhielten und vor allem ihren Abzug, besonders der Artillerie, nach Cambrai zu decken suchten, der Kampf noch eine Stunde länger dauerte. Die Schlacht endete mit einer totalen Niederlage der Franzosen, welche in voller Auflösung nach Cambrai flohen und 10,000 Gefangene sowie 6 Geschütze in den Händen des Siegers ließen. Die Eile der Flucht und die Erschöpfung der deutschen Truppen machten eine wirksame Verfolgung unmöglich. An Toten und Verwundeten verlor die erste Armee 2970 Mann und 94 Offiziere, ungefähr ebensoviel wie die Franzosen. Der Sieg von S. beschloß den schwierigen, gefahrvollen Feldzug der ersten Armee im Norden Frankreichs auf die glänzendste Weise. Vgl. Lecocq, Histoire de la Ville de S. (S. 1875).

Saint-Rambert (spr. ssäng-rangbähr), 1) (S. de Joux) Stadt im franz. Departement Ain, Arrondissement Belley, an der Albarine und der Eisenbahn von Lyon nach Genf, hat Schafwoll- und Seidenspinnerei, Leinen- und Papierfabrikation und (1881) 1890 Einw. - 2) (S. sur Loire) Alte Stadt im franz. Departement Loire, Arrondissement Montbrison, unweit der Loire, mit bemerkenswerter Kirche, Weinbau, Schiffswerften und (1881) 1406 Einw.

Saint-Réal (spr. ssäng-reall), César Vichard, Abbé de, franz. Historiker, geb. 1639 zu Chambéry, widmete sich in Paris historischen Studien, ward Historiograph von Savoyen und machte sich vorzüglich durch die "Histoire de la conjuration que les Espagnols formèrent en 1618 contre la république de Venise" (Par. 1674) bekannt. Er starb 1692 in seiner Vaterstadt. Von seinen Werken erschienen mehrere neue Ausgaben (Par. 1757, 8 Bde.; Auswahl 1824, 2 Bde.). Die Darstellung ist in ihnen meisterhaft, doch lassen sie besonnene Kritik vermissen.

Saint-Remy (spr. ssäng-römih), ehemals befestigte Stadt im franz. Departement Rhônemündungen, Arrondissement Arles, am Nordfuß des Alpinesgebirges und an der Flügelbahn Tarascon-S., ist jetzt eine bedeutungslose Landstadt mit Öl- und Weinbau etc. und (1881) 3295 Einw., besitzt aber einen römischen Triumphbogen, ein trefflich erhaltenes Mausoleum, Reste des altrömischen Glanum, das die Westgoten zerstörten. S. ist Geburtsort des Nostradamus.

Saint-René Taillandier (spr. ssäng-rene tajangdjeh), franz. Schriftsteller, s. Taillandier.

Saint-Riquier (spr. ssäng-rikjeh), Flecken im franz. Departement Somme, Arrondissement Abbeville, an der Eisenbahn Abbeville-Béthune, hat eine ehemalige (im 15. Jahrh. restaurierte) Abteikirche, ein kleines Seminar und (1881) 1691 Einw. Hier lebte Angilbert, der Freund Karls d. Gr., als Abt.

Saint-Saëns (spr. ssäng-ssang), Charles Camille, Organist, Klavierspieler und Komponist, geb. 9. Okt. 1835 zu Paris, erhielt seine Ausbildung am dortigen Konservatorium durch Benoist (Orgel), Stamaty (Klavier), Maleden und Halévy (Komposition), wurde 1853 Organist an der Kirche St.-Méry und 1858 an der Madeleinekirche, gab jedoch um 1870 diese Stellung auf, um sich ausschließlich der Komposition zu widmen. Als Komponist debütierte er bereits 1852 mit einer Symphonie, welche in der von Seghers geleiteten Gesellschaft Sainte-Cécile mit Beifall zur Aufführung gelangte. Weniger erfolgreich waren seine Versuche als dramatischer Komponist; seine komischen Opern: "La princesse jaune" und "Le timbre d'argent" konnten nur vorübergehend die Aufmerksamkeit erregen, und seine biblische Oper "Samson et Dalila" sowie die große Oper "Étienne Marcel" gelangten nur in Weimar und Lyon zur Aufführung. Dagegen wuchs sein Ruf als Instrumentalkomponist von Jahr zu Jahr, und namentlich erlangten seine symphonischen Dichtungen, in denen er ausgesprochenermaßen der sogen. neudeutschen Richtung folgt: "Le rouet d'Omphale", "Phaëthon", "Danse macabre", "La jeunesse d'Hercule", eine weit über Frankreichs Grenzen hinausreichende Popularität. Von seinen übrigen Instrumentalwerken aller Art sind besonders die fünf Klavierkonzerte zu erwähnen, die sich den besten klassischen Mustern anschließen. Während der letzten zehn Jahre unternahm S. zahlreiche Kunstreisen, auf denen er nicht nur als Komponist, sondern auch als Klaviervirtuose und Dirigent gefeiert wurde, so unter anderm in London gelegentlich der Aufführung seines Chorwerkes "La lyre et la harpe" (1880). Neuerdings hat er sich durch seine Musikreferate in der Zeitung "Voltaire" sowie durch sein Buch "Harmonie et mélodie" (1885) auch als geistvoller und gewandter Schrift-^[folgende Seite]