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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Santerre; Sant' Eufemia; Santhià; Santi; Santiago; Santiago de Chile

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Santerre - Santiago de Chile.

Santerre (spr. ssangtähr), Antoine Joseph, General der ersten französischen Revolution, geb. 16. März 1752 zu Paris, ward als Besitzer einer großen Bierbrauerei in der Vorstadt St.-Antoine nach Ausbruch der Revolution zum Kommandanten eines Bataillons ernannt, nahm an der Erstürmung der Bastille teil und rief im Juli 1791 den Aufstand auf dem Marsfeld hervor. Auch übte er einen bedeutenden Einfluß auf die Vorgänge vom 20. Juni und 10. Aug. 1792 aus. Nach der Ermordung Mandats zum Oberbefehlshaber der Pariser Nationalgarde ernannt, führte er den angeklagten König 11. Dez. vor die Schranken des Konvents, hatte bei seiner Hinrichtung die nötigen Sicherheitsmaßregeln zu treffen und ließ die Trommeln rühren, als der König noch vom Schafott aus zum Volk sprechen wollte. Später zog S. an der Spitze von 20,000 Mann Truppen in die Vendée gegen die Aufständischen, wurde aber 18. Sept. 1793 bei Coron in der Nähe von Chollet besiegt, infolgedessen vom Wohlfahrtsausschuß zurückgerufen und bis zum Sturz Robespierres ins Gefängnis geworfen. Fortan lebte er zurückgezogen; er starb 6. Febr. 1809 in Paris. Vgl. Carro, S., sa vie politique et privée (Par. 1847).

Sant' Eufemia, Dorf in der ital. Provinz Catanzaro, Kreis Nicastro, in öder, fieberschwangerer Gegend, an der Stelle einer ehemals bedeutenden Stadt, von welcher noch die Überreste eines von Robert Guiscard gestifteten berühmten Benediktinerklosters, welches 1638 von einem Erdbeben zerstört wurde, vorhanden sind. Nach S. ist der gleichnamige Golf des Tyrrhenischen Meers benannt.

Santhià, Flecken in der ital. Provinz Novara, Kreis Vercelli, an der Eisenbahn Turin-Mailand (mit Abzweigung nach Biella), dem Dampftramway S.-Ivrea und dem Kanal von Ivrea gelegen, hat eine 1862 restaurierte Hauptkirche mit Gemälden von G. Ferrari und (1881) 3529 Einw.

Santi, Raffael, Maler, s. Raffael.

Santiago, 1) (richtiger São Thiago) die größte und südlichste der Portugal gehörigen Inseln des Grünen Vorgebirges, 67 km lang, 22 km breit, bis 1800 m (Pico da Antonia) hoch, ist gut bewässert, ziemlich kultiviert und nicht überall ungesund. Produkte sind: Südfrüchte, Indigo, Mais, Reis und Zucker. Auf der Insel befindet sich ein deutsches Konsulat. Sitz des Gouverneurs ist Porto Praya. - 2) Provinz der südamerikan. Republik Chile, 13,517 qkm (245,5 QM.) groß, liegt nördlich vom Rio Maipu und erstreckt sich vom Stillen Ozean bis zum Kamm der Kordillere, die hier im Tupugato eine Höhe von 6178 m erreicht. Ihren Schwerpunkt bildet die Thalebene zwischen den Andes und der Alto de Coliguai (2230 m), in deren Mitte die Hauptstadt liegt, und die im N. durch die Querkette von Chacabuco (Paß, 1286 m) umringt wird. Näher der Küste erhebt sich die Cuesta de Zapata (1633 m). Sämtliche Flüsse ergießen sich in den Maipu, und keiner derselben ist schiffbar. Landbau (nur bei künstlicher Bewässerung möglich) und Viehzucht bilden die Hauptbeschäftigung der (1885) 329,295 Einw. Kupfer, Gold und andre Metalle kommen vor. Mineralquellen sind zahlreich. - 3) Der frühere Name von Jamaica (s. d.).

Santiago (S. de los Caballeros), Stadt in der Dominikanischen Republik auf Haïti, am Jaqui und am Westrand der Vega Real, 190 m ü. M. gelegen, mit einer Kathedrale und ca. 10,000 Einw.

Santiago de Chile, Hauptstadt des südamerikan. Staats Chile und der Provinz Santiago, eine der schönsten Städte Südamerikas, liegt am Mapocho, 520 m ü. M. (Bahnhof), am Fuß der Andes und angesichts des schneegekrönten Hauptes des Tupungato (6178 m). Die Umgebung von S. ist äußerst fruchtbar, trefflich angebaut und hat zahlreiche von Blumengärten umgebene Landhäuser. Das Klima ist trocken, mit schroffen Temperaturwechseln (Winter 7,39° C., Sommer 18,47° C.). Die Stadt ist nach regelmäßigem Plan angelegt und durch mehrere Brücken mit der nördlich vom Mapocho liegenden Vorstadt La Chinca verbunden. Offene Kanäle (Acequias) laufen durch viele der Straßen, elektrisches Licht beleuchtet dieselben, und Pferdebahnen durchschneiden sie. Der häufigen Erdbeben wegen sind die Häuser meist einstöckig, doch nimmt die Zahl der stattlichen Privathäuser von Jahr zu Jahr zu, und viele der öffentlichen Gebäude sind wahre Prachtbauten. Inmitten der Stadt erhebt sich der Porphyrhügel von Santa Lucia mit grotesken Gartenanlagen; die Alameda de la Cañada mit dreifacher Pappelallee durchschneidet dieselbe von O. nach W., und beim Bahnhof liegt die reizende Alameda de las Delicias, mit Denkmälern der Generale San Martin und Miguel Carrera. Die Plaza de la Independencia bildet gleichfalls eine schattenspendende Anlage, umgeben von der Kathedrale, dem erzbischöflichen Palast, dem Palacio del Gobierno (Ministerium, Postamt etc.), dem Grand Hôtel und kühlen Arkaden mit wohlausgestatteten Läden. Andre öffentliche Gebäude sind: die Moneda (Münze), ein dorischer Bau, mit Wohnung des Präsidenten, das Parlamentsgebäude, das Stadthaus und zwei Zuchthäuser. Unter den Kirchen zeichnet sich noch aus die erst in jüngerer Zeit vollendete Dominikanerkirche; die 1863 durch ein Feuer zerstörte Jesuitenkirche aber ist nicht wieder aufgebaut worden, und an deren Stelle hat man den 2000 Opfern des Brandes ein Denkmal errichtet. S. hatte 1885: 236,412 Einw. Tonangebend sind die zahlreichen Beamten, die großen Grundbesitzer sowohl als Gelehrte und Künstler; aber auch der Handel (namentlich das Börsengeschäft) blüht, und auch die Industrie ist von einiger Bedeutung. S. besitzt 2 Tuchfabriken, 2 Schiffszwiebackbäckereien, Brauereien, Brennereien, eine Eisfabrik, eine Fruchtkonservenfabrik und eine Kupferschmelze. Geschätzt werden auch gewisse Lederarten, die aus seinen Gerbereien hervorgehen, Sattlerwaren und Goldschmiedearbeiten. Eine Eisenbahn verbindet S. mit dem 228 km entfernten Valparaiso. Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind zu erwähnen: 2 große Hospitäler, ein Findelhaus (mit Hebammenschule), ein Waisenhaus, ein Irrenhaus, ein Armenhaus (Hospiz) und eine Taubstummenanstalt. Sehr zahlreich und gut organisiert sind die Unterrichtsanstalten. An ihrer Spitze steht die Universität (912 Studenten), mit der eine Kunstakademie verbunden ist. Das Nationalinstitut ist ein großartig eingerichtetes Realgymnasium, mit 1148 Schülern und einer Bibliothek von 14,000 Bänden. In der Vorstadt Yungai sind vereinigt die landwirtschaftliche Schule mit großer Musterfarm (Quinta normal), eine Gewerbeschule, die botanischen und zoologischen Gärten, ein naturhistorisches Museum, ein Ausstellungsgebäude und die Sternwarte (33° 26' 42'' südl. Br., 70° 40' 35'' östl. L. v. Gr., 535 m ü. M.). Außerdem verdienen noch Erwähnung: eine Militärschule, 2 Lehrerseminare, ein Konservatorium der Musik und die Nationalbibliothek von 64,308 Bänden. Der Unterhaltung dienen 3 Theater, ein Zirkus für Hahnenkämpfe, mehrere Klubs und ein Pferderennverein. An der Spitze der Verwaltung stehen der von der Regierung ernannte Intendant