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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schleuder - Schleusingen.

wurde aber gewaltsam unterdrückt. 1632 eroberten die Schweden S. und traten es 1634 an Frankreich ab. Ludwig XIV. ließ die Festungswerke 1673 schleifen, durch Vauban aber 1676 wiederherstellen. 1814 und 1815 belagerten es die Verbündeten vergeblich, dagegen gewannen es 24. Okt. 1870 die Deutschen durch Kapitulation. Seitdem sind die Festungswerke abgetragen worden. Die Stadt ist Geburtsort J. ^[Jakob] Wimpfelings, des Reformators M. Butzer und des Humanisten Beatus Rhenanus (dessen Büchersammlung sich in der Stadtbibliothek befindet). Vgl. Dorlan, Notices historiques sur l'Alsace et principalement sur la ville de Schlestadt (Kolm. 1843); Wolff, Geschichte des Bombardements von S. (Berl. 1874); Naumann, Die Eroberung von S. (das. 1876).

Schleuder, Wurfwaffe, aus einem langen, in der Mitte breiten Lederstreif oder aus einem Stück Leder, an dessen Seiten zwei Schnüre befestigt sind, bestehend. Die S. wurde entweder unmittelbar mit der Hand erfaßt (funda, Fig. 1), oder war am Ende eines etwa 1 m langen Stabes angebracht (Stabschleuder, fustibalus, Fig. 2). Man warf mittels derselben Steine oder rautenförmige Bleigeschosse (Schleuderbleie, glandes), die noch auf 500 Schritt Helm und Schild zerschmetterten. Die S. war vom frühsten Altertum an bis in das 16. Jahrh. neben dem Bogen und der Armbrust im Gebrauch und diente zuletzt zum Werfen von Handgranaten (vgl. Fechtart). Bei den Hebräern waren besonders die Benjaminiten, bei den Griechen die Akarnanier und Ätolier als Schleuderer berühmt.

^[Abb.: Fig. 1. Schleuderer.]

^[Abb.: Fig. 2. Stabschleuder.]

Schleuderkrankheit, s. Bremen, S. 384.

Schleudermaschine, s. v. w. Zentrifugalmaschine.

Schleudermühle, s. Desintegrator.

Schleudern, das Verkaufen von Waren zu ungewöhnlich niedrigen Preisen (Schleuderpreisen). In der Technik heißt S. einen Körper auf der Schleuder- oder Zentrifugalmaschine behandeln, entweder um denselben zu pulvern, oder um flüssige Bestandteile von festen zu trennen.

Schleuderzellen, s. Elateren.

Schleuse, Nebenfluß der Werra, entspringt beim Dreiherrenstein auf dem Thüringer Walde, durchfließt den Kreis (Exklave) Schleusingen des preuß. Regierungsbezirks Erfurt und mündet bei Kloster Veßra.

Schleusen, Wasserbauten zur Erleichterung der Schiffahrt (Schiffahrtsschleusen), zur Ableitung und Absperrung von Wasser (Wasserregulierungsschleusen), zur Abführung von Abfallstoffen (Reinigungsschleusen).

1) Die Schiffahrtsschleuse vermittelt den Verkehr von Schiffen auf Wasserstraßen von verschiedenem Niveau. Die beste Schiffahrtsschleuse (Kammerschleuse, Fang-, Zapfschleuse) besteht aus einer stromab- und stromaufwärts verschließbaren Schleusenkammer. Der Eintritt des Schiffs in dieselbe von oben erfolgt nach deren Füllung (bei geschlossenem untern und geöffnetem obern Thor) bis zum Spiegel des Oberwassers; der Austritt desselben erfolgt nach deren Entleerung bis zum Spiegel des Unterwassers bei geschlossenem obern und geöffnetem untern Thor. Der Eintritt des Schiffs von unten erfolgt beim niedrigsten Wasserstand der Kammer, worauf das untere Thor geschlossen, die Schütze des obern Thors geöffnet und so die Kammer allmählich gefüllt wird. Das allmähliche Füllen und Entleeren der Schleusenkammer erfolgt durch kleine Schützen, welche von oben mehr oder minder hoch aufgezogen werden können, oder durch Einlaufkanäle, welche in den Umfangswänden der Schleuse angelegt werden, den Innenraum mit dem Außenraum in Verbindung setzen und verschließbar sind. Außerhalb der Thore befinden sich noch die allmählich verengerte Einfahrt, das sogen. Ober- oder Vorderhaupt, und die allmählich erweiterte Ausfahrt, das sogen. Unter- oder Hinterhaupt, beide mit Vertiefungen, in welche sich die geöffneten Flügel der Schlagthore einlegen lassen. Das Öffnen und Schließen der Thore erfolgt meist durch mechanische Vorrichtungen, z. B. durch Rad und Getriebe in Verbindung mit Zahnstangen oder durch hydraulische Pressen. Der Boden von Kammer und Unterhaupt liegt in der Sohlhöhe des untern, derjenige des Oberhaupts in der Sohlhöhe des obern Stromteils; den Niveauunterschied beider nennt man den Fall der Schleuse, derselbe beträgt gewöhnlich 1,5-2,5, bisweilen auch 6 m; bei größerm Gefälle werden mehrere S. gekuppelt, indem das Unterhaupt jeder obern zugleich das Oberhaupt der folgenden untern Schleuse bildet. Hydraulische S. sind Mechanismen, bei welchen das Schiff in einer beweglichen Kammer sich vertikal aufwärts bewegt, während eine zweite Kammer, die erstere balancierend, abwärts geht. Die Betriebskraft wird gewonnen, indem man den Wasserspiegel in der sinkenden Kammer erhöht. Die hydraulische Schleuse zu Anderton am Weaverfluß besteht aus zwei Kammern, welche auf je einem Preßkolben ruhen und Schiffe von 2500 Ztr. aufzunehmen vermögen. Die Spülschleusen sind an Flußmündungen und kleinen Häfen angelegte Stauschleusen, die bei hinreichendem Hinterwasser geöffnet werden, worauf das Wasser durchschießt und die Versandungen wegspült.

2) Die Wasserregulierungsschleusen werden den Sielen (s. d.) ähnlich konstruiert.

3) Die Reinigungsschleusen dienen zur Aufnahme von Flußwasser oberhalb einer Stadt, um dasselbe durch die städtischen Kanäle zu treiben und unterhalb der Stadt wieder in den Fluß zurückzuführen.

Schleusingen, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Erfurt, am Südfuß des Thüringer Waldes, am Einfluß der Erlau und Nahe in die Schleuse und an der Eisenbahn Themar-S., 397 m ü. M., hat 2 Kirchen, ein Schloß (einst Residenz der Grafen von Henneberg), ein Gymnasium mit Alumnat (1577 gegründet), eine Johanniter-Ordenskommende (jetzt Bürgerschule), ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, ein Kiefernadelbad, mechanische Weberei, Fabrikation von Porzellan, Glas- und Holzspielwaren, physikalischen Instrumenten, Pappe, Tüten, Papier, Leder,