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Schweiz (Geschichte bis zur Gegenwart).
hörden als "schmachvoll" bezeichnete, brach der Bundesrat alle Beziehungen mit der Kurie ab und stellte dem in Luzern residierenden Nunzius seine Pässe zu. In Genf wurden die kirchlichen Verhältnisse durch Staatsgesetze neu geregelt, den Gemeinden das Recht der Pfarrerwahl übertragen und alle Korporationen aufgehoben (1875). Da die römischen Katholiken sich weigerten, den neuen Kirchengesetzen zu gehorchen, verloren sie die landeskirchlichen Privilegien, welche nun auf die christ- (alt-) katholischen Gemeinden übergingen, deren sich in Solothurn, Aargau, Zürich, Basel, Bern und Genf eine ganze Anzahl bildete; dieselben gaben sich auf einer "Nationalsynode" in Olten 7. Juni 1876 eine Kirchenverfassung und wählten den Pfarrer E. Herzog zum ersten christkatholischen Bischof. Für die Ausbildung von christkatholischen Geistlichen errichtete Bern an seiner Universität 10. Dez. 1874 eine altkatholische theologische Fakultät.
Der Ausbau der Gesetzgebung, welchen die neue Verfassung forderte, wurde inzwischen rüstig fortgesetzt. 1874 wurde ein ständiges Bundesgericht in Lausanne errichtet, das Heerwesen durch eine neue Militärorganisation vom 13. Nov. 1874 so umgestaltet, daß fortan das eidgenössische Heer nur noch aus Auszug und Landwehr bestehen und in acht territoriale Divisionen zerfallen sollte. Gegen das Stimmrechtsgesetz und das Zivilstandsgesetz, welches die obligatorische Zivilehe einführte, wurde zuerst von 100,000 Bürgern das Veto erhoben und in der Volksabstimmung 23. Mai 1875 dieses angenommen, jenes verworfen. Ebenso wurde ein Banknoten- und ein Militärpflichtersatzgesetz 1876 vom Volk abgelehnt, ein Fabrikgesetz dagegen 1877 und ein Gesetz über eine weitere Subvention der Gotthardbahn 1879 angenommen; der Durchschlag des großen Tunnels 29. Febr. 1880 sicherte das Zustandekommen dieses großen Unternehmens. Da jedoch das Volk immer neue Begehren in Bezug auf die Änderung der Gesetzgebung kundgab, namentlich das Recht, die Todesstrafe wieder einzuführen, die Errichtung einer Bundesbank und eine Erweiterung der Volksinitiative verlangte, beschloß die Bundesversammlung, dem Schweizer Volk die Generalfrage der Verfassungsrevision zur Abstimmung vorzulegen; dieselbe wurde 31. Okt. 1880 mit großer Mehrheit abgelehnt und der Agitation vorläufig ein Ziel gesetzt. Die Behörden und Volksvertretungen konnten sich daher ungestört der Pflege der Finanzen, der Förderung des innern Friedens und der Verbesserung der sozialen Verhältnisse widmen. Um das Bundesbudget vor Defizits zu bewahren, wurde eine Erhöhung der Zölle besonders auf Kolonialwaren und 1886 die Einführung des Branntweinmonopols beschlossen und letztere auch 15. Mai 1887 in einer Volksabstimmung genehmigt. Die Wirren in Tessin (s. d.) und in Freiburg (s. d.), welche durch die rücksichtslose Parteiherrschaft der Ultramontanen verursacht wurden, nötigten den Bundesrat wiederholt zur Einmischung, um der unterdrückten liberalen Minderheit einigermaßen zu ihrem Recht zu verhelfen und offenbare Rechtsverletzungen zu verhindern. Der kirchliche Streit verlor seine Schärfe, und 1878 unterwarfen sich die römischen Katholiken in Bern und Solothurn den Kirchengesetzen. Die römische Kurie verzichtete auf ihren Plan, in Genf ein Bistum zu errichten, und ernannte Mermillod 1883 zum Bischof von Lausanne; durch seine Versicherung, daß er den Staatsgesetzen loyal gehorchen werde, erwirkte Mermillod seine Anerkennung durch den Bund, während der Kanton Genf ihm dieselbe verweigerte. 1884 wurde dann auch im Einvernehmen mit dem Papste die Wiederherstellung des Bistums Basel beschlossen, das mit dem apostolischen Vikariat in Tessin verbunden sein sollte; Lachat leistete auf das Bistum Verzicht, und der Propst des Domkapitels zu Solothurn, Fiala, wurde zum Bischof ernannt.
[Litteratur.] Darstellungen der allgemeinen Schweizer Geschichte lieferten: Johannes v. Müller (s. d.) und dessen Fortsetzer Glutz, Hottinger, Vuillemin, Monnard; ferner Vögelin (3. Aufl. von Escher, Zür. 1861, 4 Bde.), Meyer v. Knonau (das. 1826-29, 2 Bde.), Morin (deutsch von Beck, Leipz. 1858), Henne-Am Rhyn (3. Aufl., das. 1877, 3 Bde.), Daguet (7. Aufl., Genf 1880, 2 Bde.; deutsch, Aarau 1867), Strickler (2. Aufl., Zürich 1874), Vuillemin (Laus. 1876; deutsch von Keller, Aarau 1877), Geilfuß (4. Aufl., Zürich 1878), Dändliker (das. 1885-88, 3 Bde.), Dierauer (Gotha 1887 ff.); in kurzen Abrissen: Zschokke (8. Aufl., Aarau 1849), Zellweger (Zürich 1874), Dändliker (das. 1874), Strickler (das. 1876), Arx (das. 1887) u. a.
Für einzelne Partien vgl. Kopp, Geschichte der eidgenössischen Bünde (Luzern, Leipz. u. Berl. 1845-1862, 5 Bde.; fortgesetzt von Lütolf u. Busson); Rilliet, Der Ursprung der schweizerischen Eidgenossenschaft (deutsch, 2. Aufl., Aarau 1873); W. Vischer, Die Sage von der Befreiung der Waldstätte (Leipz. 1867); Meyer v. Knonau, Die Befreiung der Waldstätte (Basel 1873); Huber, Die Waldstätte bis zur festen Begründung ihrer Eidgenossenschaft (Innsbr. 1861); Lorenz, Leopold III. und die Schweizerbünde (Wien 1860); v. Rodt, Die Kriege Karls des Kühnen (Schaffh. 1843-44, 2 Bde.); Gelzer, Die drei letzten Jahrhunderte der Schweizergeschichte (Aarau 1838-39, 2 Bde.); v. Tillier, Geschichte der Helvetischen Republik 1798-1803 (Bern 1843, 3 Bde.); Derselbe, Geschichte der Eidgenossenschaft während der Herrschaft der Vermittelungsakte 1803-13 (Zürich 1845-46, 2 Bde.), während der sogen. Restaurationsepoche 1814-30 (das. 1848-50, 3 Bde.) und während der Zeit des sogen. Fortschritts 1830-48 (Bern 1854-55, 3 Bde.); Hilty, Vorlesungen über die Helvetik (das. 1878); Baumgartner, Die S. in ihren Kämpfen u. Umgestaltungen 1830-50 (Zürich 1853-1865, 3 Bde.); Feddersen, Geschichte der schweizerischen Regeneration 1830-48 (das. 1867); Bluntschli, Geschichte des eidgenössischen Bundesrechts (2. Aufl., das. 1875); J. ^[Johannes] Meyer, Geschichte des schweizerischen Bundesrechts (Winterth. 1874-78, 2 Bde.); Pfaff, Das Staatsrecht der alten Eidgenossenschaft (Schaffh. 1870); Blumer, Staats- und Rechtsgeschichte der schweizerischen Demokratien (St. Gallen 1850-59, 3 Bde.); Gareis u. Zorn, Staat und Kirche in der S. (Zürich 1877-78, 2 Bde.); Curti, Geschichte der Schweizer Volksgesetzgebung (2. Aufl., das. 1885); Gelpke, Kirchengeschichte der S. (Bern 1856-61, 2 Bde.); Elgger, Kriegswesen und Kriegskunst der schweizerischen Eidgenossen im 14., 15. und 16. Jahrhundert (Luzern 1873); Rahn, Geschichte der bildenden Künste in der S. (Zürich 1876); Semmig, Kultur- und Litteraturgeschichte der französischen S. (das. 1881); Hunziker, Geschichte der schweizerischen Volksschule (das. 1881); Escher, Schweizerische Münz- und Geldgeschichte (Bern 1877-81); Peyer, Geschichte des Reisens in der S. (Basel 1885).
Von Sammel- u. Quellenwerken sind zu erwähnen: Haller, Bibliothek der Schweizergeschichte (Bern 1785-88, 7 Bde.); "Der schweizerische Geschichtsforscher" (das. 1812-44, 12 Bde.); "Quellen zur Schweizer Geschichte" (Basel 1877 ff.); Öchsli, Quellenbuch zur Schweizergeschichte (Zürich 1886); "Archiv für Schweizergeschichte" (das. 1843-76, 20 Bde.),