Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Servitut; Servius Honoratus; Servius Tullius

892

Servitut - Servius Tullius.

1255 von Alexander IV. bestätigt. Von Martin V. mit den Privilegien der Bettelmönche beschenkt, besaß er in Italien, Polen, Ungarn und Frankreich Klöster. 1395 stiftete Bernhardin von Ricciolini die Einsiedler-S. - Die Servitinnen, im Munde des Volkes die Schwarzen Schwestern genannt, entstanden unter dem Ordensgeneral Philipp Benitti (gestorben um 1285) und waren früher in Italien, Deutschland und den Niederlanden sehr verbreitet. Vgl. Soulier, Vie de saint P. de Bénizi, propagateur de l'ordre des Servites de Marie (Par. 1885).

Servitut (lat., Dienstbarkeit), das an einer fremden Sache bestellte dingliche Recht, vermöge dessen dem Berechtigten bestimmte Gebrauchsrechte an jener Sache zustehen. Je nachdem nun diese Gerechtigkeit für eine individuell bestimmte Person und zu deren Vorteil, oder je nachdem sie dauernd zum Vorteil eines bestimmten Grundstücks oder vielmehr des jeweiligen Eigentümers und Besitzers desselben bestellt ist, wird zwischen Personal- und Realservituten (persönlichen und Grunddienstbarkeiten) unterschieden. Letztere, auch Prädialservituten genannt, sind also Servituten für Grundstücke an Grundstücken, und zwar wird dasjenige Grundstück, zu dessen Vorteil die S. besteht, das herrschende (praedium dominans), das andre dagegen das dienende Grundstück (praedium serviens) genannt. Die dingliche Klage, welche der Eigentümer eines Grundstücks gegen jeden, der sich widerrechtlich eine S. daran anmaßt, anstellen kann, heißt Negatorienklage (Actio negatoria). Der Servitutberechtigte dagegen kann sich zur Geltendmachung seiner S. der konfessorischen Klage (Actio confessoria) oder einer Besitzklage bedienen. Die Verpflichtung selbst kann immer nur in einem Dulden oder Unterlassen, niemals in einer eignen Leistung des Eigentümers oder Besitzers der fremden Sache bestehen. Dem römischen Recht, welchem die Lehre von den Servituten angehört, war nämlich die Verbindung der Verpflichtung zu positiven Leistungen mit dem Grundeigentum unbekannt, während sie im deutschen Recht, namentlich bei den sogen. Reallasten (s. d.), vorkommt. Als persönliche Servituten kommen vorzüglich der Nießbrauch (s. d., ususfructus), vermöge dessen der Berechtigte den vollständigen Gebrauch und den Fruchtgenuß einer Sache hat, und das Gebrauchsrecht (usus) sowie das Wohnungsrecht (habitatio) vor. Übrigens kann jede als Inhalt einer Grunddienstbarkeit zulässige Befugnis auch als persönliche S. bestellt und überhaupt die Benutzung eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen zum Gegenstand einer Dienstbarkeit für eine bestimmte Person gemacht werden. Der Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs spricht in solchen Fällen von "beschränkten" persönlichen Dienstbarkeiten im Gegensatz zum Nießbrauch. Der Inhalt der Realservituten kann sehr verschiedenartig sein. Von dem Nutzen für das herrschende Grundstück bestimmt, sind die Realservituten verschieden, je nachdem jenes ein fruchttragendes Grundstück oder ein Gebäude ist (servitutes praediorum rusticorum und urbanorum). Servituten der letztern Art (Gebäudeservituten) sind unter andern das Recht, die Nachbarwand zur Stütze einer Mauer, einer Balkenauflage zu benutzen, ein auf das Nachbargrundstück überspringendes Dach zu haben, Wasser, Unrat, Rauch dahin abzuleiten (Gußgerechtigkeit), das Bauen überhaupt oder über eine gewisse Höhe oder in gewisser Nähe auf dem Nachbargrundstück zu hindern, durch Öffnung in der Nachbarwand Licht und Luft zu erhalten oder dergleichen Öffnungen zu verbieten. Unter den ländlichen Servituten (Feldservituten) sind zu erwähnen die Wegegerechtigkeit, vermöge deren entweder nur ein Fuß- oder Reitweg oder ein Fahrweg, sei es nur zu bestimmten Zeiten und Zwecken oder unbeschränkt, zusteht; ferner die Wassergerechtigkeit, entweder auf Benutzung eines fremden Gewässers zum Schöpfen, Tränken, Wässern etc. oder auf Ableitung eines solchen oder auf die Führung einer Wasserleitung über fremdes Gebiet; dann die Trift- und Weidegerechtigkeiten in ihrer verschiedenen Ausdehnung, endlich das Recht, von einem fremden Grundstück Holz, Steine, Kalk etc. zu holen. Die Servituten entstehen teils durch Bestellung seitens des Eigentümers im Weg des Vertrags oder Testaments, teils durch richterliche Verfügung bei gerichtlichen Teilungen, teils durch Ersitzung, d. h. durch Ausübung, welche weder heimlich noch bittweise noch gewaltthätig oder gegen Verbot 10 Jahre oder, wenn der Eigentümer des Grundstücks abwesend ist, 20 Jahre lang fortgesetzt wurde. Die Servituten erlöschen, abgesehen von ihrem Aufhören, mit dem Untergang des herrschenden oder dienenden Grundstücks, durch ausdrückliches Aufgeben seitens des Berechtigten sowie durch Nichtausüben während eines Zeitraums von 10 Jahren und, da niemand an seiner eignen Sache ein dingliches Recht haben kann, mit dem Erwerb der dienenden Sache seitens des Berechtigten. Zum Schutz in seinem Recht stehen dem Berechtigten sowohl Besitz- als dingliche Klage zu. Übrigens werden auch gewisse gesetzliche Beschränkungen des Eigentums Servituten genannt (s. Legalservituten). Vgl. Schönemann, Servituten (Leipz. 1866); Ofner, Der Servitutenbegriff nach römischem und österreichischem Recht (Wien 1884).

Servius Honoratus, Marius (oder Maurus), röm. Grammatiker, lebte gegen Ende des 4. Jahrh. n. Chr. zu Rom und verfaßte außer einem Kommentar zu Donats Grammatik und mehreren kleinern grammatischen Schriften (von Keil in den "Grammatici latini", Bd. 4, Leipz. 1864) einen Kommentar zu Vergils Gedichten, welcher eine Menge von seltenen antiquarischen, historischen und mythologischen Notizen sowie zahlreiche Fragmente aus ältern Schriftstellern enthält (hrsg. von P. Daniel, Par. 1600; von Lion, Götting. 1826, 2 Bde.; von Thilo und Hagen, Leipz. 1878-87, Bd. 1-3).

Servius Tullius, der sechste röm. König, von 578 bis 534 v. Chr., nach der gewöhnlichen Überlieferung Sohn eines Gottes und einer Sklavin des Tarquinius Priscus, Ocrisia, wuchs im Haus des Königs Tarquinius Priscus auf, wurde schon als Kind infolge von Wunderzeichen, indem sein Haupt wiederholt mit Feuer umleuchtet gesehen wurde, als zu etwas Höherm bestimmt erkannt und von Tarquinius zu seinem Eidam und Nachfolger gewählt, obwohl er selbst zwei Söhne hatte; nach einer andern Überlieferung war er ein Etrusker, Namens Mastarna, der sich der Herrschaft mit Gewalt bemächtigte und erst als römischer König den Namen S. annahm. Er führte als König einen glücklichen Krieg gegen die Etrusker, schloß mit den Latinern ein Bündnis und bewog sie, ein gemeinschaftliches Heiligtum auf dem Aventin zu errichten, zog den Viminalischen und Esquilinischen Hügel in den Umfang der Stadt, die er mit einer Mauer und mit Wall und Graben umgab; sein Hauptwerk aber ist die Servianische Verfassung, welche das gesamte Volk auf Grund des Zensus (s. d.) in Centurien einteilte und eine neue Art von Komitien einführte, in denen das Volk nach