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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Servet; Servia; Service; Servieren; Serviette; Serviettenkloß; Servil; Servilius; Servis; Serviten

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Servet - Serviten.

Günstling der Engländer, Midhat Pascha, gestürzt wurde. Er wurde darauf Handelsminister, dann Generalkommissar in Bosnien, Generalgouverneur der Herzegowina, endlich Präsident des ersten türkischen Senats. Im August 1877 ward er an Aarifis Stelle zum zweitenmal Minister des Auswärtigen und unterzeichnete 31. Jan. 1878 in Adrianopel den Waffenstillstand mit Rußland. Auf Betrieb Englands im Februar 1878 entlassen, ward er im September 1880 zum Präsidenten des Staatsrats ernannt. Er starb 11. Juni 1886 in Konstantinopel.

Servet, Michael (eigentlich Miguel Serveto y Reves), gelehrter Arzt und Antitrinitarier, geb. 1511 zu Tudela im Gebiet von Navarra, studierte in Toulouse die Rechte und kam im Gefolge Karls V., dessen Kaiserkrönung er beiwohnte, nach Deutschland und stand hier in Diensten des kaiserlichen Beichtvaters Quintana. Als es ihm um 1530 nicht gelang, den Ökolampadius für seine von der Kirchenlehre abweichenden spekulativen Ansichten von der Trinität zu gewinnen, wandte er sich im Oktober d. J. nach Straßburg, wo ihm Capito und Bucer bekannt waren, und veröffentlichte in Hagenau sein Werk "De trinitatis erroribus" (1531), von dem der Rat zu Basel viele Exemplare vernichten ließ, und von dessen Verfasser Bucer urteilte, er "sei würdig, daß man ihm die Eingeweide aus dem Leibe reiße". Dagegen suchte S. seine Ansichten in den am gleichen Ort erschienenen "Dialogi de trinitate" (1532) weiter zu begründen. Dann kehrte er nach Frankreich zurück, lebte meist in Paris oder Lyon, studierte Astrologie, Mathematik und Medizin und erwarb sich durch seine Herausgabe des Ptolemäos einen ebenso geachteten Namen als Geograph, wie er als Arzt und Physiolog sich namentlich durch seine bahnbrechenden Ausführungen über den Blutumlauf hervorthat. Seit 1540 zu Vienne lebend, geriet er durch seine 1553 in Lyon herausgegebene theosophische Schrift "Christianismi restitutio" mit der katholischen und protestantischen Theologie in Zwiespalt. Zwar entkam er aus dem Gefängnis in Lyon im April 1553, ward aber in Genf auf Calvins Anzeige abermals festgenommen, vergebens zum Widerruf ermahnt und, nachdem sich die vier evangelischen Ministerien von Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen gutachtlich gegen ihn ausgesprochen hatten, 26. Okt. 1553 vom Rat zu Genf, besonders auf Calvins (s. d.) Andringen, zum Feuertod verurteilt, den er, standhaft bei seiner Lehre beharrend, 27. Okt. 1553 erlitt. Vgl. Trechsel, Michael S. und seine Vorgänger (Heidelb. 1839); Rilliet, Relation du procès criminel intenté contre M. S. (Genf 1844); Brunnemann, Michel S., eine aktenmäßige Darstellung des 1553 in Genf gegen ihn geführten Kriminalprozesses (Berl. 1865); die Werke von Tollin: Das Lehrsystem Servets (Gütersl. 1876 bis 1878, 3 Bde.), Dr. Martin Luther und M. S. (Berl. 1875), Phil. Melanchthon und M. S. (das. 1876), S. und M. Butzer (das. 1879) und zahlreiche andre Abhandlungen Tollins über S.; Willis, Servetus and Calvin (Lond. 1876).

Servia (Serbia, türk. Serfidsche, s. d.), Hauptort eines türk. Sandschaks im südlichen Makedonien, 430 m hoch, an einem rechten Zufluß der Bistritza und am nördlichen Ende des von Makedonien nach Thessalien führenden Passes, der in den Kämpfen des letzten makedonischen Königs, Perseus, mit den Römern eine Rolle spielte, mit ca. 8000 Einw. S. führt seinen Namen von Serben, welche um 600 n. Chr. unter Kaiser Heraklios dort saßen.

Service (franz., spr. sserwihs), s. Servis.

Servieren (lat.), dienen, bedienen, bei Tafel aufwarten; als Handlungsgehilfe arbeiten.

Serviette (franz.), Tellertuch, Mundtuch (in der Volkssprache Salvete). Vgl. Wagner, Die Kunst, Servietten zu legen (4. Aufl., Berl. 1887); Fritzsche, Das Serviettenbrechen (Frankf. 1889).

Serviettenkloß, ein Pudding, welcher, in einer mit Butter bestrichenen Serviette eingebunden, in siedendem Salzwasser gekocht wird.

Servil (v. lat. servus, Knecht), knechtisch gesinnt, kriechend, dem herrschenden Regime unbedingt ergeben; daher Servilismus, diejenige Gesinnung, die aus Furcht oder Eigennutz Höhergestellten und Mächtigen so ganz sich zu eigen gibt, daß die Würde des freien Mannes verloren geht. Ins politische Leben wurde der Ausdruck zuerst 1814 in Spanien eingeführt, wo man im Gegensatz zu den Konstitutionellen oder Liberalen diejenigen Servile nannte, welche die unwürdige und blutige Politik Ferdinands VII. unterstützten.

Servilius, römisches, ursprünglich patrizisches, sodann auch plebejisches Geschlecht, dessen namhafteste Sprößlinge sind: Quintus S. Cäpio, gab als Konsul 106 v. Chr. ein Gesetz (lex Servilia judiciaria), welches dem Senatorenstand das ihm durch das Sempronische Gesetz entzogene Richteramt auf kurze Zeit wieder zurückgab, erlitt 105 als Prokonsul mit dem Konsul Gnäus Manlius von den Cimbern und Teutonen am Rhône eine schwere Niederlage, wurde deshalb des Oberbefehls schimpflich entsetzt und 95 auf eine aus derselben Ursache gegen ihn erhobene Anklage hin verbannt. Er begab sich nach Smyrna, wo er starb. -

Gajus S. Glaucia, war 100 v. Chr. Prätor und Genosse des Saturninus (s. d.) in dem Aufruhr dieses Jahrs, in welchem er erschlagen wurde. -

Publius S. Vatia Isauricus, Konsul 79 v. Chr., bekriegte als Prokonsul 78-76 die kleinasiatischen Seeräuber, unterwarf Kilikien, eroberte viele Städte der Lykier und besiegte die Isaurier, wofür er einen Triumph und den Beinamen Isauricus erhielt. Er starb 44. -

Publius S. Rullus, Volkstribun 63 v. Chr., brachte, um das Volk für Cäsar zu gewinnen, einen Gesetzvorschlag behufs Verteilung der kampanischen Staatsländereien ein, der aber, von Cicero als Konsul in vier Reden "De lege agraria", von denen die erste zum Teil, die vierte ganz verloren ist, bekämpft, nicht durchging. -

Publius S. Casca, Volkstribun 43 v. Chr., war Mitglied der Verschwörung gegen Cäsar und führte gegen ihn den ersten Streich, fiel 42 in der Schlacht bei Philippi.

Servis (franz. service), Dienst, Bedienung, Dienstleistung; Bezahlung für Bedienung (in Gasthöfen); Tafelgeschirr, welches, zu gemeinsamem Gebrauch bestimmt, auch der Form nach zusammengehört, wie Kaffee-, Theeservis etc. - Im Militärwesen die dem Quartierwirt obliegende Lieferung an die Soldaten, z. B. Licht, Heizung etc.; dann der Geldbetrag, welcher zur Ermietung der Wohnung etc. vom Staat gezahlt wird. Der Servistarif vom 28. Mai 1887 unterscheidet sechs Klassen von Garnisonen mit verschieden hohem S.

Serviten (lat., Knechte der heiligen Jungfrau, Ordo servorum beatae Mariae virginis, Brüder des Leidens Jesu, Brüder des Ave Maria, Orden von Monte Senario), Bettelorden, gestiftet 1233 zur Verherrlichung der Jungfrau Maria durch streng asketische Übungen von reichen Florentiner Kaufleuten, die, von Bonfiglio Monaldi bewogen, ihr Vermögen den Armen gaben; der Orden nahm 1239 Augustins Regel an und wurde