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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sèvre; Sèvres

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Sèvre - Sèvres.

ter, das Kunstmuseum mit Meisterwerken Murillos, dessen Geburtsort S. ist, und dem vor dem Museum ein Denkmal errichtet wurde, endlich mehrere bemerkenswerte Privatkunstsammlungen. S. ist Sitz des Gouverneurs, eines Erzbischofs und eines Appellationsgerichts sowie eines deutschen Konsuls. Die schönsten Promenaden ziehen sich am Fluß hin vom Thor von Triana an; es sind: die Alameda, El Salon de Cristina, Las Delicias und der neue Kai. Bemerkenswerte Punkte in der Umgebung der Stadt sind: die Kartause de la Concepcion, am Guadalquivir, mit prächtiger Kirche; San Juan de Azualfarache, Villa mit schönen Landsitzen reicher Sevillaner, und Santiponce, an der Straße nach Badajoz, mit Resten der altrömischen Stadt Italica, des Geburtsorts der Kaiser Trajan und Hadrian.

S. hieß im Altertum Hispalis und als römische Kolonie Colonia Romulensis. Hadrian erbaute in der Nähe auf dem andern Ufer des Guadalquivir die Stadt Italica (s. oben). In S. wurden 590 und 619 zwei Konzile (concilia Hispalensia) gehalten. Die Araber eroberten die Stadt 712 und machten sie zur Hauptstadt eines Königreichs S., womit ihre erste Glanzperiode begann. 844 wurde die Stadt von den Normannen zerstört. Seit 1026 war sie Sitz der maurischen Dynastie der Abaditen; 1091 kam sie in den Besitz der Almorawiden und 1147 in den der Almohaden. Am 22. Nov. 1248 ward sie nach 18monatlicher Belagerung von Ferdinand III. von Kastilien erobert und blieb seitdem im Besitz der Christen. Ihre zweite Glanzperiode fällt in das 16. und 17. Jahrh., wo sie Hauptstapelplatz des spanischen Seehandels und Sitz der spanischen Kunst, namentlich der Malerei, war. Doch sank der Gewerbfleiß, indem an 300,000 Mauren nach Granada und Afrika auswanderten, u. den Handel mit Amerika verlor es durch das Emporkommen des von den Bourbonen begünstigten Cadiz. 1729 wurde hier ein Friedens- und Freundschaftstraktat zwischen Spanien, Frankreich und England abgeschlossen, welchem später auch Holland beitrat. Hier bildete sich 27. Mai 1808 die spanische Zentraljunta, die sich 1. Febr. 1810 nach Cadiz zurückzog. Auch die Cortes flüchteten sich, als sie 1823 Madrid verließen, hierher und entführten den König von hier nach Cadiz. Vgl. W. Wackernagel, S. (2. Ausg., Basel 1870); Parlow, Vom Guadalquivir. Wanderungen in S. (Wien 1886).

Sèvre (spr. ssähwr), Name von zwei Flüssen im westlichen Frankreich. Die S. Nantaise entspringt auf dem Plateau von Gâtine im Departement Deux-Sèvres, unweit Secondigny, fließt nordwestlich in das Departement Vendée, tritt darauf in das Departement Niederloire über, nimmt hier die Moine und Maine auf und mündet Nantes gegenüber in die Loire. Sie ist 138 km lang und von Monnières ab schiffbar. Die S. Niortaise entspringt in demselben Departement, unweit Chenay, fließt westlich, berührt Niort, bildet dann die Grenze zwischen den Departements Niedercharente und Vendée, nimmt das Flüßchen Vendée auf und mündet nördlich von La Rochelle in die Bucht von Aiguillon des Atlantischen Ozeans. Sie ist 165 km lang und von Niort an schiffbar, von Marans bis zur Mündung auch für Seeschiffe zugänglich.

Nach beiden Flüssen ist das Departement Deux-Sèvres ("beide Sèvres") benannt. Es besteht aus Teilen der ehemaligen Landschaften Poitou, Aunis und Saintonge, grenzt nördlich an das Departement Maine-et-Loire, östlich an Vienne, südlich an Charente und Niedercharente und westlich an Vendée und hat einen Flächenraum von 6000 qkm (108,96 QM.). Den nördlichen Teil des Departements nimmt das mit dem Gebirge von Limousin zusammenhängende waldige Plateau der Gâtine ein. Das übrige Land ist kahle Ebene, im SW. auch Sumpfland. Es wird außer den beiden Sèvres noch vom Thouet mit Argenton und Dive, von der Boutonne und kleinern Flüssen bewässert und hat ein im allgemeinen feuchtes Klima. Die Bevölkerung belief sich 1886 auf 353,766 Einw. (darunter ca. 37,000 Protestanten, größtenteils Reformierte). Von der Oberfläche kamen 1882 auf Äcker 429,610 Hektar, Wiesen 59,836, Weinberge 21,754, Waldungen 44,087, Heiden und Weiden 10,794 Hektar. Der Ackerbau ergibt Getreide (durchschnittlich 3,75 Mill. hl), besonders Weizen (1882: 2,1 Mill. hl), Hafer (1,4 Mill. hl) und Gerste, viel Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Zucker- und Futterrüben, Hanf und Flachs, Raps, Wein (133,000 hl), Obst und Holz. Gut entwickelt ist auch die Viehzucht, welche vorzügliche Maultiere (1882: 10,973 Stück) wie auch gutes Rindvieh (224,434), Schafe (157,184), Schweine (103,815), Ziegen und Geflügel liefert. Andre Produkte sind: Kohlen (ca. 20,000 Ton.) sowie die Erzeugnisse der im ganzen nicht bedeutenden Industrie, darunter Gewebe, Leder, Zucker, Branntwein und Essig. Das Departement wird von den Eisenbahnen von Tours einerseits nach Rochefort und La Rochelle, anderseits nach Sables d'Olonne durchzogen, mit welchen sich in den Knotenpunkten Niort und Bressuire einige Nebenlinien kreuzen. Es zerfällt in vier Arrondissements: Bressuire, Melle, Niort und Parthenay. Hauptstadt ist Niort. Vgl. Levrier, Histoire des Deux-S. (Niort 1886).

Sèvres (spr. ssähwr), Stadt im franz. Departement Seine-et-Oise, Arrondissement Versailles, an der Seine und der Bahnlinie Paris-Versailles, hat eine berühmte staatliche Porzellanfabrik mit reichhaltigem keramischen Museum, außerdem Fabrikation von Chemikalien, Stoffdruckerei, Leinenbleicherei, eine Lehrerinnenbildungsanstalt (im alten Schloß) u. (1886) 7620 Einw. Die Porzellanfabrik besteht seit 1756, in welchem Jahr sie dorthin von Vincennes übersiedelte, wo um 1743 ein Arbeiter, Gravaut, ein Frittenporzellan (pâte tendre) dargestellt hatte, das den Anlaß zur Begründung des Fabrikbetriebs gab. Die ersten Erzeugnisse waren in Meißener Art gehalten. 1753 übernahm der König den dritten Teil der Unkosten, und die Fabrik erhielt den Namen Manufacture royale de France. Die Fabrikate wurden mit zwei gekreuzten L gekennzeichnet. Im J. 1759 wurde der König alleiniger Besitzer der Manufaktur. Außer Servicen, Lüstern, Pendulen und ähnlichen Geräten wurden vornehmlich Prachtvasen, welche zu Geschenken an fremde Höfe benutzt wurden, und die noch heute eine Spezialität von S. bilden, und Biskuitfiguren und -Gruppen angefertigt, zu denen die berühmtesten Bildhauer die Modelle lieferten. Die Chemiker der Fabrik stellten auch besondere Farben her, welche für das Sèvresporzellan charakteristisch, und unter denen das Königsblau (bleu du roi, auch bleu de S. genannt, oft von feinen goldenen Adern durchzogen), das türkische Blau, das Pompadourrot (auch rose Dubarry genannt) und das Apfelgrün (vert pomme) hervorzuheben sind. Die Fabrikation von Frittenporzellan hörte um 1805 auf, wurde aber 1847 wieder begonnen. Erzeugnisse in Hartporzellan (pâte dure) gingen seit 1765 aus der Fabrik hervor. Aber erst seit 1800 trat die Fabrikation von Hartporzellan durch Brongniart, der bis 1847 Direktor war, in