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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Stadtältester - Stadtlohn.

mehr notwendig dem Gemeinderat zu entnehmen sind, wie dies früher vorgeschrieben war. Auch kann jenen Gemeindebeamten, entgegen den in Frankreich geltenden Bestimmungen, kraft ministerieller Anordnung eine Besoldung gewährt werden. Eine Entschädigung für Repräsentationsaufwand war schon nach französischem Recht zulässig. In Frankreich selbst erscheinen die Städte wesentlich als Verwaltungsbezirke, und von einer eigentlichen Selbständigkeit derselben ist nicht die Rede. Dagegen hat Schweden durch Gesetz vom 3. Mai 1862 seinen Städten die Selbstverwaltung verliehen. Auch in England ist die Städteverfassung von dem Regierungseinfluß möglichst unabhängig. Für Rußland ist eine Städteordnung 16. Juni 1870 erlassen.

[Litteratur.] Vgl. v. Maurer, Geschichte der Städteverfassung in Deutschland (Erlang. 1869-71, 4 Bde.); Heusler, Der Ursprung der deutschen Städteverfassung (Weim. 1872); Hüllmann, Städtewesen des Mittelalters (Bonn 1825-29, 4 Bde.); Arnold, Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte (Gotha 1854, 2 Bde.); Brülcke, Die Entwickelung der Reichsstandschaft der Städte (Hamb. 1881); "Chroniken der deutschen Städte" (hrsg. von der Münchener Historischen Kommission 1862-89, Bd. 1-21); Lambert, Die Entwickelung der deutschen Städteverfassungen im Mittelalter (Halle 1865, 2 Bde.); v. Below, Entstehung der deutschen Stadtgemeinde (Düsseld. 1888); Jastrow, Die Volkszahl deutscher Städte zu Ende des Mittelalters etc. (Berl. 1886) und die Litteratur bei Art. Stadtrechte; ferner Steffenhagen, Preußische Städteordnung vom 30. Mai 1853 (6. Aufl., Demmin 1885); Derselbe, Handbuch der städtischen Verfassung und Verwaltung in Preußen (Berl. 1887-1888, 2 Bde.); Örtel, Städteordnung vom 30. Mai 1853 (Liegn. 1883, 2 Bde.); Kotze, Die preußischen Städteordnungen (2. Aufl., Berl. 1883); Ebert, Der Stadtverordnete im Geltungsgebiet der Städteordnung vom 30. Mai 1853 (2. Aufl., das. 1883); "Städteordnung für die Rheinprovinz" (3. Aufl., Elberf. 1882); v. Bosse, Die sächsische Städteordnung (4. Aufl., Leipz. 1879); Schwanebach, Russische Städteordnung (St. Petersb. 1874); Gneist, Selfgovernment (3. Aufl., Berl. 1871); Kohl, Die geographische Lage der Hauptstädte Europas (Leipz. 1874); Sitte, Der Städtebau (geschichtlich, Wien 1889).

Stadtältester, in Preußen Ehrentitel eines Magistratsmitglieds, welches sein Amt mindestens neun Jahre lang mit Ehren bekleidet hat; wird vom Magistrat in Übereinstimmung mit der Stadtverordnetenversammlung verliehen. In andern Staaten heißen die Stadtverordneten zuweilen Stadtälteste.

Stadtamhof, Bezirksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, an der Mündung des Regen in die Donau, Regensburg gegenüber, hat eine kath. Kirche, 2 Waisenhäuser, ein Amtsgericht, Maschinenfabrikation, Schiffahrt, Speditionshandel und (1885) 3449 meist kath. Einwohner.

Stadtausschuß, s. Stadtkreis.

Stadtbahn, entweder das durch die Straßen einer Stadt gelegte, zum Befahren mit Pferdewagen oder Straßenlokomotiven bestimmte Schienennetz (s. Straßeneisenbahn) oder die zur Vermittelung des Lokalverkehrs und durchgehenden Eisenbahnverkehrs durch eine Stadt geführte Lokomotiveisenbahn.

Stadtberge, Stadt, s. Marsberg.

Stadtbücher, s. Grundbücher.

Städtebünde, die Verbindungen der Städte im Mittelalter zur Verteidigung ihrer Freiheiten gegen fürstliche Herrschaftsansprüche und in den Zeiten des Faustrechts zum Schutz ihres Handels und Verkehrs: so bildete sich in Italien der Lombardische Städtebund gegen Kaiser Friedrich I., in Deutschland im 14. Jahrh. der Rheinische und der Schwäbische Städtebund, in Norddeutschland vor allem die Hansa (s. d.), in Preußen im 15. Jahrh. der Westpreußische Städtebund u. a.

Städteordnung, die für Städte im Gegensatz zu den Landgemeinden gegebene Gemeindeordnung (s. Stadt, S. 214).

Städtereinigung, die Beseitigung aller Abfallstoffe aus den Städten zur Vermeidung schädlicher Zersetzungen derselben und einer Verunreinigung des Bodens und des Grundwassers mit fäulnisfähigen Substanzen, welche die Entwickelung krankheiterregender Organismen begünstigen. In den meisten ältern großen Städten ist der Boden durch Senkgruben, Schlachthäuser etc. arg verunreinigt, und an vielen Orten ist infolgedessen das Wasser aus den städtischen Brunnen nur noch für gewisse technische Zwecke brauchbar. Die moderne S. kann daher nur durch rationelle Abfuhr der Exkremente (s. d.), durch Kanalisation (s. d.), Zentralisation des Schlächtereibetriebs in öffentlichen Schlachthäusern etc. weiterer Verunreinigung vorbeugen und die Selbstreinigung des Bodens vorbereiten, für die Versorgung mit gutem Trinkwasser müssen Wasserleitungen angelegt werden. Wo S. konsequent durchgeführt ist, hat sich der Gesundheitszustand gehoben und ist die Sterblichkeit gesunken. Vgl. Varrentrapp, Entwässerung der Städte (Berl. 1868); "Reinigung und Entwässerung Berlins" (das. 1870-79, 13 Hefte); Pettenkofer, Kanalisation und Abfuhr (Münch. 1876); Sommaruga, Die Städtereinigungssysteme in ihrer land- und volkswirtschaftlichen Bedeutung (Halle 1874); kleinere Schriften von v. Langsdorff, Lorenz, Martini, Riedel, Stammer u. a.

Stadthagen, Stadt im Fürstentum Schaumburg-Lippe, Knotenpunkt der Linien Braunschweig-Hamm und S.-Osterholz der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, ein Schloß, ein Landratsamt, ein Amtsgericht, Steinkohlengruben, Glasfabrikation, Gerberei, Holzschneiderei, Steinbrüche, Ziegeleien und (1885) 4394 meist evang. Einwohner.

Stadtilm, Stadt im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, Landratsamt Rudolstadt, an der Ilm, 348 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, eine Hutfabrik, Gerberei, Orgelbau, Bierbrauerei und (1885) 3107 evang. Einwohner. 1599 ward hier der Hauptrezeß, betreffend die Teilung der schwarzburgischen Länder, geschlossen.

Stadtkreis, in Preußen der besondere Kreis- und Kommunalverband, welchen die sogen. großen Städte, d. h. diejenigen, welche mit Ausschluß der aktiven Militärpersonen mindestens 25,000 Einwohner haben, bilden können. Kleinere Städte können nur ausnahmsweise auf Grund königlicher Verordnung aus dem Kreisverband ausscheiden. Die Geschäfte des Kreistags und des Kreisausschusses, soweit sich die Thätigkeit des letztern auf die Verwaltung der Kreiskommunalsachen bezieht, werden von den städtischen Behörden wahrgenommen. Im übrigen besteht an Stelle des Kreisausschusses ein Stadtausschuß unter dem Vorsitz des Bürgermeisters oder seines Stellvertreters.

Stadtlohn, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Münster, Kreis Ahaus, an der Berkel, hat eine kath. Kirche, bedeutende Nesselweberei, Lein- und Halbleinweberei, Bleicherei, Thonwarenfabrikation und (1885) 2189 Einw. Hier 6. Aug. 1623 Sieg der Kai-^[folgende Seite]