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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Stellvertretung, militärische; Stelter; Stelvĭo, Monte; Stelzen; Stelzengeier; Stelzenschuhe; Stelzfuß; Stelzhamer

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Stellvertretung, militärische - Stelzhamer.

privatrechtlichen Verkehr setzt die S. in der Regel einen Auftrag seitens der zu vertretenden Person voraus (s. Mandat). Handelt es sich dagegen um die Vertretung eines öffentlichen Beamten, so wird der Stellvertreter oder Vikar (s. d.) in der Regel von der vorgesetzten Dienstbehörde bestellt. Dem als Volksvertreter gewählten Beamten fallen die Kosten der S. nicht zur Last. Die S. des deutschen Reichskanzlers (Generalstellvertretung durch einen Vizekanzler oder Spezialvertretung durch die Chefs der Reichsämter) ist durch Reichsgesetz vom 17. März 1878 geordnet. Bei gekrönten Häuptern wird zwischen S. und Regentschaft unterschieden. Letztere ist auf die Dauer berechnet und tritt kraft gesetzlicher Bestimmung ein, während man unter S. die auf Anordnung des Monarchen selbst eintretende vorübergehende Vertretung versteht.

Stellvertretung, militärische, früher Ableistung der Dienstpflicht im Kriegsheer durch und für einen andern, wofür der Stellvertreter (Einsteher, Remplaçant) eine meist gesetzlich geregelte Abfindungssumme erhielt. Nach Deutschlands Vorgang bis auf Belgien und Niederlande, wo die m. S. noch heute besteht, nach dem Krieg 1870/71 überall abgeschafft. S. Loskauf.

Stelter, Karl, lyr. Dichter, geb. 25. Dez. 1823 zu Elberfeld, widmete sich in einer Seidenweberei daselbst dem kaufmännischen Beruf, zu dem er auch nach einem kurzen Versuch, als Schauspieler eine künstlerische Zukunft zu gewinnen, zurückkehrte und bis 1880 (in den letzten 30 Jahren als Prokurist) thätig war. Seitdem lebt er in Wiesbaden. S. gehört als Dichter zu der kleinen Gruppe der "Wupperthaler Poeten", welche im materiellen Treiben ideale Gesinnungen zu wecken und zu erhalten bemüht waren und eine freisinnige und freudige Auffassung des Daseins dem trüben Wupperthaler Pietismus entgegensetzten. Er veröffentlichte: "Gedichte" (Elberf. 1858, 3. Aufl. 1880); "Die Braut der Kirche", lyrisch-epische Dichtung (Bresl. 1858); "Aus Geschichte und Sage", erzählende Dichtungen (Elberf. 1866, 2. Aufl. 1882); die Anthologie "Kompaß auf dem Meer des Lebens" (4. Aufl., Berl. 1884); "Kompendium der schönen Künste" (Düsseld. 1869); "Gedichte", 2. Band (Elberf. 1869); "Novellen" (das. 1882); "Neue Gedichte" (das. 1886) u. a.

Stelvĭo, Monte, s. Stilfser Joch.

Stelzen, hohe Stäbe, an welchen in bestimmter Höhe Trittklötze angebracht sind, auf denen man, sich an den Stangen selbst festhaltend, stehen und gehen kann. Sie sind ein gymnastisches Belustigungsmittel, während eine andre Art Stelzen, die ungefähr eine Elle hoch und oben so breit sind, daß sie an die Fußsohle festgeschnallt oder gebunden werden können, besonders von den Äquilibristen zum Stelzentanz benutzt werden. Beide Arten sind übrigens in Marschländern sehr gebräuchlich, um sumpfige oder überschwemmte Stellen zu durchschreiten, namentlich im franz. Departement des Landes, woselbst die Schäfer sich den ganzen Tag auf ihren S. bewegen. Zu Namur fand früher alljährlich zum Karneval ein zweistündiger Kampf zwischen zwei Armeen auf S. statt.

Stelzengeier (Kranichgeier, Sekretär, Gypogeranus serpentarius Ill.), Vogel aus der Ordnung der Raubvögel und der Familie der Kranichgeier (Gypogeranidae), 125 cm lang, sehr schlank gebaut, mit langem Hals, ziemlich kleinem, breitem, flachem Kopf, kurzem, dickem, starkem, vom Grund an gebogenem, fast zur Hälfte von der Wachshaut bedecktem Schnabel mit sehr spitzigem Haken, langen Flügeln, in welchen die ersten fünf Schwingen gleich lang sind, auffallend langem, aber sehr stark abgestuftem Schwanz, unverhältnismäßig langen Läufen und kurzen Zehen mit wenig gekrümmten, kräftigen, stumpfen Krallen. Das Gefieder ist am Hinterkopf zu einem Schopfe verlängert, oberseits hell aschgrau, am Hinterhals gräulichfahl, an den Halsseiten u. Unterteilen schmutzig graugelb, Nackenschopf, Schwingen, Bürzel und Unterschenkel schwarz, die Steuerfedern weiß, graubraun, schwarz, an der Spitze wieder weiß; das Auge ist graubraun, der Schnabel dunkel hornfarben, an der Spitze schwarz, Wachshaut und Lauf gelb. Er bewohnt die steppenartigen Ebenen Afrikas vom Kap bis 16° nördl. Br., lebt meist paarweise, läuft und fliegt vortrefflich und ist berühmt als Schlangenvertilger. Er nistet auf Büschen oder Bäumen und legt 2-3 weiße oder rötlich getüpfelte Eier, welche das Weibchen in sechs Wochen ausbrütet. Die Tötung des Stelzengeiers ist am Kap streng verboten. In der Gefangenschaft hält er sich gut, wird auch recht zahm.

Stelzenschuhe kamen im 15. Jahrh., wie es scheint zuerst in Spanien, auf, wo sich diese Mode eine Zeitlang mit der der Schnabelschuhe vereinigte. Schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. kam sie hier wieder in Abnahme, wogegen sie erst jetzt in England, Italien und besonders in Frankreich (unter dem Namen patins) Verbreitung fand. Allerdings gewannen sie im Norden insofern praktische Bedeutung, als der Straßenschmutz zur Benutzung hölzerner Unterschuhe zwang, die im Haus abgelegt wurden. Sie wurde hier in dem Maß übertrieben, daß man sie, nach Art eines förmlichen Piedestals, bis zu 2 Fuß hoch trug und auch durch die Farbe derselben die Aufmerksamkeit zu erregen suchte. In Deutschland fand diese Mode weniger Anklang. Trotz häufiger Verbote kam man, wenn auch in mäßigerer Anwendung, immer wieder auf sie zurück S. die Abbildungen.

^[Abb.: Stelzenschuhe.]

Stelzfuß, s. Bockhuf.

Stelzhamer, Franz, ausgezeichneter österreich. Dialektdichter, geb. 29. Nov. 1802 zu Großpiesenham bei Ried in Oberösterreich als der Sohn eines Bauern, besuchte, für den geistlichen Stand bestimmt, die Gymnasien zu Salzburg und Graz und sollte im Seminar zu Linz die Weihen empfangen, verließ aber, weltlich gesinnt, das Berufsstudium und ging nach Wien, wo er sich erst als Jurist, dann als Malerakademiker versuchte, bis er sich einer wandernden Schauspielertruppe anschloß. In dieser Laufbahn lernte er Sophie Schröder kennen, die ihn in der Deklamation unterrichtete. Nach Auflösung der Truppe kehrte der mehr als 30jährige Sohn, von der Bäuerin-Mutter geholt, in die heimatliche Hütte zurück, wo er nun seine zerstreuten Dialektgedichte ordnete und herausgab ("Lieder in obderennsscher Mundart", Wien 1836; 2. Aufl. 1844), die einen durchschlagenden Erfolg hatten. Es folgten "Neue Gesänge" (Wien 1841, 2. Aufl. 1844)