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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tilos; Tilsit; Tim; Timan; Timanthes; Timäos

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Tilos - Timäos.

über den Herzog von Braunschweig ward T. vom Kaiser in den Grafenstand erhoben. Er blieb zunächst in Niedersachsen stehen, wo er die gewaltsame Restitution der protestantischen Bistümer und Klöster an die katholische Kirche und die Jesuiten ins Werk setzte und den niedersächsischen Kreis zum Kampf zwang, schlug 27. Aug. 1626 den Dänenkönig Christian IV. bei Lutter am Barenberg, eroberte mit den Kaiserlichen unter Wallenstein Schleswig-Holstein und Jütland und zwang den König 12. Mai 1629 zum Abschluß des Friedens von Lübeck. 1630 an Wallensteins Stelle zum Generalissimus der ligistischen und kaiserlichen Truppen ernannt, übernahm er die Durchführung des Restitutionsedikts in Norddeutschland und begann zu diesem Zweck die Belagerung von Magdeburg. Zwar gelang es ihm nicht, Gustav Adolfs Vordringen in Pommern zu hindern; aber Magdeburg eroberte er 20. Mai 1631. Doch war die Eroberung für ihn nutzlos, da der Brand die Stadt in einen Trümmerhaufen verwandelte. Er konnte sich daher an der Niederelbe gegen den Schwedenkönig nicht behaupten und fiel in Sachsen ein, das er plünderte und verwüstete. Hierdurch trieb er den sächsischen Kurfürsten zum Bündnis mit Gustav Adolf, deren vereinigtem Heer er 17. Sept. 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld, in welcher der König seine überlegene Kriegskunst entwickelte, erlag; T. selbst wurde verwundet, sein Heer löste sich auf. Er eilte hierauf nach Halberstadt, wo er Verstärkungen an sich zog, und brach dann nach dem von den Schweden bedrohten Bayern auf. Bei Verteidigung des Lechübergangs bei Rain 5. April 1632 ward ihm durch eine Falkonettkugel der rechte Schenkel zerschmettert, und er starb infolge davon 20. April d. J. in Ingolstadt. T. war von mittlerer Statur und hager. Scharfe Gesichtszüge und große, unter buschigen grauen Wimpern hervorblickende, feurige Augen verrieten die eiserne Härte seines Charakters. Er haßte Aufwand und äußere Ehrenbezeigungen, verschmähte es, sich an der Kriegsbeute zu bereichern, und hielt auch in seinem Heer strenge Mannszucht. Vor allem war er von kirchlichem Eifer beseelt, die Ausrottung der Ketzerei in Deutschland war ihm Gewissenssache, und er hat dem Kampf den fanatisch-religiösen Charakter mit aufdrücken helfen. Dagegen war er kein roher Wüterich, wie ihn die protestantische Geschichtschreibung darzustellen pflegte. Die neuern katholischen Schriftsteller (O. Klopp, T. im Dreißigjährigen Krieg, Stuttg. 1861, 2 Bde., und Villermont, T., Tournai 1859, 2 Bde.; deutsch, Schaffh. 1860) haben T. mit Erfolg von diesem Vorwurf gereinigt, gehen aber in ihrer sonstigen Rettung zu weit. Von dem Vorwurf, T. habe die Zerstörung Magdeburgs gewollt, reinigten ihn die Protestanten Heising ("Magdeburg nicht durch T. zerstört", 2. Aufl., Berl. 1855) und Wittich ("Magdeburg, Gustav Adolf und T.", das. 1874). Im J. 1843 ward ihm in der Feldherrenhalle zu München eine Statue (Modell von Schwanthaler) errichtet.

Tilos (Episkopi, Piskopi, das alte Telos), türk. Felseninsel im Ägeischen Meer, nordwestlich von Rhodos, mit gutem Hafen, Resten der alten Stadt Telos und 800-1000 griech. Einwohnern.

Tilsit, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Gumbinnen, am Einfluß der Tilse in die Memel und an der Linie Insterburg-Memel der Preußischen Staatsbahn, 10 m ü. M., hat 4 evangelische (darunter eine runde litauische) und eine kath. Kirche, eine Synagoge, 3 Bethäuser, ein schönes Rathaus, 2 neue große Kasernen und (1885) mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 41 und ein Dragonerregiment Nr. 1) 22,422 Einw. darunter 21,064 Evangelische, 557 Katholiken, 285 sonstige Christen und 514 Juden. Die Industrie ist besonders wichtig in Eisengießerei und Maschinenbau, Hefen- und Spiritus-, Gips-, Kunstwolle-, Chemikalien-, Knochenkohlen-, Seifen-, Kunststein-, Käse-, Schnupftabaks- und Möbelfabrikation, auch befinden sich dort 4 Dampfmahl- und 8 Dampfschneidemühlen, 2 Ölmühlen, 4 Bierbrauereien, eine Schaumweinfabrik, eine Holzimprägnieranstalt, eine Kalkbrennerei etc. Der Handel, unterstützt durch eine Korporation der Kaufmannschaft, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1887: 45 1/3 Mill. Mk.) und neben der Eisenbahn durch die Schiffahrt auf der Memel, ist besonders bedeutend in Tabak, Holz, Getreide, Steinkohlen, Flachs, Öl, in Schuhwaren etc., auch hat T. besuchte Pferdemärkte. Die Stadt ist Sitz eines Landgerichts und eines Hauptzollamtes und hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, einen Kunstverein, ein Waisenhaus etc. Zum Landgerichtsbezirk T. gehören die neun Amtsgerichte zu Heinrichswalde, Heydekrug, Kaukehmen, Memel, Prökuls, Ragnit, Ruß, Skaisgirren und T. 4 km westwärts von T. fängt die Tilsiter Niederung an, ein fruchtbarer Landstrich im Bereich der Mündungsarme der Memel, der sich von N. nach S. 80, von O. nach W. 53 km weit ausdehnt und am Kurischen Haff auch den Forst von Ibenhorst (mit Elentieren) umschließt. Geschichtlich merkwürdig ist T. durch den am 7. und 9. Juli 1807 von Napoleon I. daselbst abgeschlossenen Frieden zwischen Frankreich und Rußland, bez. Preußen, welch letzteres die Hälfte seines Gebiets verlor. Vgl. "Aus Tilsits Vergangenheit" (2. Aufl., Tilsit 1888, 2 Tle.).

^[Abb.: Wappen von Tilsit.]

Tim, Kreisstadt im russ. Gouvernement Kursk, am Fluß T. (Nebenfluß der Sosna), mit 2 Kirchen, Obst- und Gartenbau und (1885) 4543 Einw.

Timan (Timansche Tundra), Landstrich im Mesenschen Kreis des russ. Gouvernements Archangel, beginnt am linken Ufer der Petschora, reicht im W. bis zur Halbinsel Kanin, im N. bis zum Eismeer und wird im S. von der Zylma und Pesa begrenzt. In der Mitte zieht sich der Timansche Höhenzug, eine bis zu 63 m relativer Höhe sich erhebende Wasserscheide zwischen der Petschora und Dwina, vom obern Lauf der Wytschegda im Gouvernement Wologda bis zum Eismeer. Die Tundra ist Moosweide, von Flüssen durchschnitten, voll fischreicher Seen und gehört den Samojeden.

Timanthes, griech. Maler, gebürtig von der Insel Kydnos, Zeitgenosse des Zeuxis und Parrhasios, berühmt durch sein Gemälde der am Altar stehenden Iphigenia, mit welchem er seinen Nebenbuhler Kolotes von Teos besiegte. Tiefe und Bedeutsamkeit der geistigen Auffassung seiner Stoffe zeichneten ihn aus.

Timäos, 1) Pythagoreischer Philosoph aus Lokri, von welchem der die Naturphilosophie behandelnde Dialog Platons den Namen führt, lebte gegen 400 v. Chr. und bekleidete in seiner Vaterstadt die höchsten Ehrenstellen. Die ihm beigelegte, aber unechte Schrift "Von der Weltseele" wurde (außer in den Ausgaben des Platon von Bekker, Hermann etc.) von Gelder (Leid. 1836) herausgegeben, übersetzt von C. C. G. Schmidt (Leipz. 1835). Vgl. Anton, De origine libelli etc. (Erfurt 1883).