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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tixtla; Tiza; Tizian

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Tixtla - Tizian.

ner Lage am Fuß der Sabinerberge und am Teverone (Anio), welcher hier die berühmten, seit 1835 jedoch teilweise durch einen Tunnel abgelenkten Wasserfälle bildet (s. Anio), mit Rom durch Dampftramway verbunden, ist Sitz eines Bischofs, hat enge Straßen, mehrere Kirchen und (1881) 9730 Einw. T. ist das alte Tibur (s. d.), der Lieblingssommersitz der römischen Patrizier, von dessen zahlreichen Überbleibseln vor allen die 2 km außerhalb des heutigen T. gelegenen großartigen Trümmer der Villa des Kaisers Hadrian (mit Resten des Palastes, eines Theaters, einer Palästra, einer Bibliothek, eines Stadiums etc.) zu erwähnen sind. In der Stadt selbst befindet sich auf der Felswand über dem Aniofall der sogen. Sibyllentempel, eine runde Cella mit einem äußern Kreis von kannelierten korinthischen Säulen; nahe dabei steht ein zweiter, viereckiger Tempel (jetzt Kirche San Giorgio). Unterhalb des Wasserfalls befinden sich Ruinen mehrerer antiker Villen (des Quintus Varus u. a.). Von den neuern Bauten ist namentlich die Villa d'Este, ein schöner Renaissancebau (von 1551) mit malerischen Parkanlagen und Wasserwerken, bemerkenswert. Seit neuester Zeit wird die reiche Wasserkraft des Teverone zu elektrischer Beleuchtung der Stadt und zu industriellen Anlagen ausgenutzt. 9 km westlich, am Dampftramway Rom-T., liegen stark besuchte, schon in der römischen Kaiserzeit benutzte Schwefelbäder (24° C.), Bagni delle Acque Albule, und 6 km westlich die malerische alte Aniobrücke Ponte Lucano mit dem Rundgrab der Familie Plautia. - T. ist auch beliebte Bezeichnung von Vergnügungsorten mit Gartenanlagen, Schauspiel etc.

Tixtla (T. de Guerrero), Hauptstadt des mexikan. Staats Guerrero, 1380 m ü. M., mit (1880) 6139 Einw., dient den reichen Bewohnern von Acapulco als Aufenthaltsort während der ungesunden Jahreszeit. In der Nähe Silbergruben.

Tiza, s. Boronatrocalcit.

Tizian, eigentlich Tiziano Vecellio, der Hauptmeister der venezian. Malerschule und Vollender einer neuen koloristischen Richtung, geb. 1477 zu Pieve di Cadore in Friaul, kam noch als zehnjähriger Knabe nach Venedig, um sich daselbst der Malerei zu widmen. Als seine Lehrer werden der Mosaikmaler Zuccato, dann Gentile Bellini genannt; doch muß er später auch bei Giovanni Bellini gelernt und sich nach Giorgione weitergebildet haben. Man erfährt zuerst von seiner Thätigkeit um 1507, wo er neben Giorgione die jetzt verschwundenen Fresken am Fondaco dei Tedeschi in Venedig ausführte. 1511 malte er mit Dom. Campagnola Fresken in der Scuola del Santo in Padua, dann in Vicenza, kehrte aber 1512 nach Venedig zurück. Nachdem er einen Antrag, in die Dienste Leos X. zu treten, zurückgewiesen, nahm ihn der Rat gegen Verleihung eines einträglichen Maklerpatents in seinen Dienst. In der Folge kam T. in intime Beziehungen zu Alfons von Ferrara (1516 reiste er das erste Mal dahin), für den er dessen Porträt, ferner das Venusfest und das Bacchanal (alle drei in Madrid) und Ariadne auf Naxos (in der Nationalgalerie zu London) malte. In Ferrara schloß er auch Freundschaft mit Ariosto, den er zu wiederholten Malen porträtierte. Auch zu Federigo von Mantua trat er um 1523 in nahe Beziehungen; er malte für ihn die Grablegung (Paris). 1518 entstand eins seiner Hauptwerke, die Himmelfahrt Maria (sogen. Assunta) in der Akademie zu Venedig, 1523 das Altarbild für die Kirche San Niccolò (Madonna mit sechs männlichen Heiligen, jetzt im Vatikan) und 1526 ein andres Meisterwerk dieser Periode, die Madonna des Hauses Pesaro (Santa Maria de' Frari in Venedig). In das Jahr 1527 fällt seine Bekanntschaft mit Pietro Aretino, dessen Porträt er für Federigo Gonzaga malte. 1530 schuf er den Märtyrertod Petri für San Giovanni e Paolo (1867 durch Feuersbrunst zerstört). 1532 begab er sich im Auftrag Federigo Gonzagas nach Bologna, wo gerade Kaiser Karl V. verweilte; er malte damals letztern zweimal. T. wurde hierauf 10. Mai 1533 zum Hofmaler Karls und zum Grafen des lateranischen Palastes sowie zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt. Der hierauf folgenden Zeit entstammen die Bildnisse Franz' I. und Isabellas von Este; etwas später fallen die der Geliebten Tizians (Wien, Belvedere), dann die von Eleonore Gonzaga und ihrem Gatten Francesco Maria (Florenz, Uffizien). Nachdem er 1537 seiner Fahrlässigkeit wegen in betreff des versprochenen Bildes sein Maklerpatent zu gunsten Pordenones verloren hatte, malte er in Fresko die dem Rat schon lange versprochene, nur noch in Fontanas Stich erhaltene Schlacht bei Cadore (im großen Ratssaal). 1539 nach Pordenones Tod erhielt er sein Maklerpatent zurück, 1541 ward er nach Mailand zu Karl V. berufen; 1545 ging er, nachdem schon früher, seit 1542, Paul III. den Plan gefaßt hatte, T. nach Rom zu ziehen, dahin, wo er glänzend aufgenommen wurde. Er malte damals das Porträt des Papstes, dann die berühmte Danae (Nationalmuseum zu Neapel). Auf der Rückreise nach Venedig besuchte er Florenz. 1548 ward er nach Augsburg zu Karl V. berufen und malte daselbst Porträte (das Karls V. in Madrid, das zu München etc.). Er kehrte bald wieder nach Venedig zurück, ward aber 1550 abermals nach Augsburg berufen, um das Porträt Philipps II. von Spanien zu malen. Für diesen war er auch nach seiner Rückkehr nach Venedig 1551 außerordentlich viel beschäftigt. 1566 ward er in die florentinische Akademie aufgenommen. Er starb 27. Aug. 1576 in Venedig, fast 100 Jahre alt, an der Pest und ward in der Kirche Santa Maria de' Frari beigesetzt. Der durch die flandrische Schule beeinflußte koloristische Realismus der Venezianer gelangte durch T. auf seine Höhe; in seiner Auffassung nicht so durchgeistigt und ideal wie Raffael und Michelangelo, hat er vor den Römern und Toscanern die unvergleichliche malerische Kraft voraus und kommt Raffael in der Schönheitsfülle gleich, Michelangelo in der dramatischen Lebendigkeit der Komposition nahe. T. ist der größte Kolorist der Italiener und versteht seinen Figuren zugleich den vornehmen Charakter zu geben, der seine eignen Lebensgewohnheiten und die seiner Stadtgenossen kennzeichnet. Obwohl er sich nicht an die Antike anschloß, so ist er doch zu einer verhältnismäßig ähnlichen Wirkung gelangt, indem sich die Ruhe des Daseins, die edle, in sich befriedigte Existenz in seinen Werken ebenso spiegelt. Ganz vermochte er sich übrigens nicht den Einwirkungen der andern italienischen Schulen zu entziehen, und zwischen seinen spätesten Arbeiten, worunter die Dornenkrönung Christi in München hervorragt, und seinen frühern, deren edelstes Erzeugnis der Zinsgroschen in Dresden ist, besteht ein beträchtlicher Unterschied. Er wurde später bewegter in der Haltung der Figuren, leidenschaftlicher im Ausdruck der Köpfe, energischer im Vortrag. Seine Historienbilder tragen mehr oder weniger etwas Porträtmäßiges, freilich in großartiger Auffassung, an sich; es gibt deren, welche zu den edelsten und unvergänglichsten Erzeugnissen der Kunst gehören, während andre sich mit einer mehr äußerlichen Wirkung be-^[folgende Seite]