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Tjalk - Tlaxcala.
gnügen. Die höchste Befriedigung gewähren seine Bildnisse, welche die vornehme Erscheinung der venezianischen Welt mit vollster Treue widerspiegeln und den vollkommensten Ausdruck des venezianischen, von höchster Prachtliebe und sinnlicher Glut erfüllten Lebens darstellen. Zugleich war er als Landschaftsmaler sehr bedeutend, die Landschaft spielt in vielen seiner Gemälde in ihrer großartig-poetischen Auffassung eine Hauptrolle; Poussin und Claude Lorrain haben sich nach seinem Vorbild entwickelt. Die Zahl seiner Schöpfungen ist außerordentlich groß, besonders aus den letzten 40 Jahren seines Lebens, wo er zahlreiche Schüler zu Hilfe nahm. Aus der ersten Periode seines Schaffens, die etwa bis 1511 reicht und seine Jugendentwickelung umfaßt, sind noch zu nennen: die Kirschenmadonna, in der kaiserlichen Galerie zu Wien, nebst zwei andern Madonnen daselbst, und die irdische und himmlische Liebe, in der Galerie Borghese zu Rom, Tizians schönstes allegorisches Bild, ausgezeichnet in der Behandlung des Nackten. Von hervorragenden Schöpfungen der zweiten, etwa bis 1530 reichenden Periode erwähnen wir noch die Auferstehung, in der Kirche San Nazaro e Celso in Brescia (1522); die Ruhe auf der Flucht und die Madonna mit dem Kaninchen, im Louvre zu Paris; die nur mit einem Pelz bekleidete Eleonora Gonzaga von Urbino, in der kaiserlichen Galerie zu Wien; das Bildnis derselben im Palazzo Pitti zu Florenz, weltberühmt unter dem Namen La Bella di Tiziano, das herrlichste Frauenporträt des Meisters; die sogen. Venus von Urbino, in den Uffizien zu Florenz, und die sogen. Geliebte Tizians bei der Toilette, im Louvre zu Paris. Zu den Hauptwerken der letzten Periode seines Schaffens zählen noch das Martyrium des heil. Laurentius, in der Jesuitenkirche zu Venedig; der Tempelgang Mariä, in der Akademie daselbst; die Ausstellung Christi, in der kaiserlichen Galerie zu Wien; die Dornenkrönung, im Louvre; das Abendmahl, im Escorial; Venus mit Amor, in den Uffizien zu Florenz; die sogen. Madrider Venus (eine ruhende Schöne mit ihrem Geliebten); die Danae, im Museum zu Neapel; Jupiter und Antiope, im Louvre; das Reiterbildnis Karls V., in der Galerie zu Madrid (1548 in Augsburg begonnen); Papst Paul III. (1545, im Museum zu Neapel); der Admiral Giovanni Moro, im Berliner Museum. Von Tizians Selbstbildnissen sind diejenigen im Museum zu Berlin und in der kaiserlichen Galerie zu Wien die schönsten, von den Bildnissen seiner Tochter Lavinia sind dasjenige mit der über dem Haupt emporgehobenen Fruchtschüssel (Museum zu Berlin) und die beiden in der Dresdener Galerie (um 1555 und 1565) die vorzüglichsten. Die ältere Litteratur über T. ist überholt durch Crowe und Cavalcaselle, T., Leben und Werke (deutsch von Jordan, Leipz. 1877, 2 Bde.). Vgl. auch Lafenestre, La vie et l'oeuvre du Titien (Par. 1886).
Tjalk, kuffartig gebautes, kleines Fahrzeug mit einem Mast und besonders großem Gaffelsegel und Schwertern; an der Nordseeküste im Gebrauch.
Tjeribon, Insel, s. Tscheribon.
Tjost, s. Turnier.
Tjukalinsk, südlicher Kreis des westsibir. Gouvernements Tobolsk, in welchem viel Ackerbau getrieben wird, und auf dessen zahlreichen und großen Seen sich unzählige Wasservögel befinden, die einen großartigen Handel in Taucher- und Schwanenbälgen hervorgerufen haben. Jährlich kommen 10,000 Schwanenbälge und 100,000 Greben (die Brustfelle der Steißfüße) in den Handel. Die Kreisstadt T. hat (1885) 3907 Einw.
Tjumen, Bezirksstadt im sibir. Gouvernement Tobolsk, rechts an der für Dampfer fahrbaren Tura, 275 km westsüdwestlich von der Stadt Tobolsk, mit regelmäßigen Straßen aus schönen, meist hölzernen Häusern, 11 Kirchen aus Stein, 2 Klöstern, einer Moschee, einer Kreisschule und 2 Pfarrschulen und (1885) 15,590 Einw., welche in mehr als 100 gewerblichen Etablissements eine außerordentlich rege Thätigkeit entfalten. Hauptprodukte sind namentlich: Leder (Juften), Talg, Seife, Glocken, Eisengußwaren, Handschuhe, Gewebe, Netze, Matten, Töpferwaren. Seit 1885 steht die Eisenbahn von Jekaterinenburg bis hierher (350 km) in Betrieb und schließt sich hier an den Sibirischen Trakt (s. d.) an, der über Omsk, Tomsk, Krasnojarsk und Irkutsk nach Kiachta führt. Bei T. beginnt auch der Wasserverkehr nach Tobolsk auf dem Irtisch, diesen abwärts bis zur Mündung des Ob und von diesem auf dem Tom bis Tomsk. Die für Ostsibirien bestimmten Waren gehen auf dem Landweg nach Krassnojarsk und von hier auf dem Jenissei hinunter nach Jenisseisk und weiter nach Turuchansk. Eine andre Wasserstraße ist die von T. vermittelst des Ob und Irtisch nach Semipalatinsk. In T. wird jährlich im Januar seit 1845 eine große Messe (Basiliusmesse) abgehalten, deren Umsatz 1 Mill. Rubel beträgt, aber durch die Messe zu Irbit immer mehr verliert.
Tjutschew, Fjodor Iwanowitsch, russ. Dichter, geb. 23. Nov. (a. St.) 1803 im Kreis Brjansk des Gouvernements Grodno, studierte in Moskau, erhielt 1822 eine Stelle im Ministerium des Auswärtigen zu Petersburg, war dann längere Zeit bei der russischen Gesandtschaft in München und (seit 1838) in Turin thätig, wurde 1844 der Person des Reichskanzlers attachiert und erhielt 1857 endlich das Präsidium des Komitees für auswärtige Zensur in Petersburg übertragen; starb in dieser Stellung 15. Juli (a. St.) 1873. Seine Gedichte, die gesammelt in Petersburg 1868 erschienen, zeichnen sich durch Gedankentiefe, Wärme des Gefühls und Formvollendung vorteilhaft aus; eine Auswahl derselben wurde von H. Noé ins Deutsche übertragen (Münch. 1861). T. hat sich auch als Übersetzer, namentlich deutscher Dichter, wie Heine, Goethe, Schiller u. a., verdient gemacht.
Tl, in der Chemie Zeichen für Thallium.
Tlacotálpam, Stadt im mexikan. Staat Veracruz, am Ende einer Lagune, deren Zugang durch die 50 km südöstlich von Veracruz gelegene Barre von Alvarado gesperrt wird, mit lebhaftem Verkehr und (1882) 5939 Einw.
Tlálpam (San Agostino de las Cuévas), hübsche Landstadt, 15 km südlich von Mexiko, am Fuß des Gebirges, beliebter Sommeraufenthalt, mit zahlreichen Villen und 6200 Einw. (mit Umgebung); wird zum Pfingstfest, besonders um der Hasardspiel willen, von Tausenden besucht. Bis 1831 war T. Hauptstadt des Staats.
Tlalpujáhua, Stadt im mexikan. Staat Michoacan, am Fuß des Cerro de Gallo, 2435 m ü. M., mit (1880) 9823 Einw. im Munizipium; die Silberbergwerke waren einst berühmt. Hier begann unter Pfarrer Morelos die erste Revolution gegen Spanien; hier ließ Hidalgo die erste Kanone gießen, die er gegen die Spanier gebrauchte.
Tlaxcala, Binnenstaat der Republik Mexiko, ist auf drei Seiten von Puebla umgeben und hat ein Areal von 3902 qkm (70,9 QM.) mit (1882) 138,988 Einw. T. bildet einen Teil der Hochebene von Anahuac. Die wichtigsten Produkte des Landbaues sind: Mais, Weizen, Gerste, Hafer, Hülsenfrüchte, Maguey,