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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tschermak; Tschern; Tschernagora; Tschernaja; Tschernajew; Tschernawoda; Tschernebog; Tschernigow

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Tschermak - Tschernigow.

Türkei aus, bis 1864 im ganzen 450,000 Seelen, wo sie in den Grenzprovinzen, namentlich in Bulgarien und in Thessalien, angesiedelt wurden, um die mosleminische Bevölkerung zu vermehren, aber durch ihre unruhige Wildheit und Roheit viele Klagen hervorriefen. Auch bei der Bekämpfung des Aufstandes in der Herzegowina 1875 und in Bulgarien 1876 sowie im neuen russisch-türkischen Krieg 1877 thaten sich die tscherkessischen Truppen durch Zügellosigkeit und barbarische Wildheit hervor, während ihre kriegerische Tüchtigkeit sich im geregelten Kampf wenig bewährte. Die im Kaukasus zurückgebliebenen T. machten 1877 ebenfalls Aufstandsversuche, doch ohne einheitlichen Plan und daher ohne Erfolg. Als besondere Nation haben die T. aufgehört zu existieren, und ihre Zerstreuung unter fremde Völker wird sie, die keinen Zusammenhang mehr haben, dem Untergang entgegenführen. Vgl. Bodenstedt, Die Völker des Kaukasus (2. Aufl., Berl. 1855, 2 Bde.); Lapinsky, Die Bergvölker des Kaukasus und ihr Freiheitskampf gegen die Russen (Hamb. 1863, 2 Bde.); Berge, Sagen und Lieder des Tscherkessenvolkes (Leipz. 1866).

Tschermak, Gustav, Mineralog, geb. 19. April 1836 zu Littau bei Olmütz in Mähren, studierte 1856 bis 1860 zu Wien, habilitierte sich 1861 an der Universität daselbst, wurde 1862 Kustos am k. k. Hofmineralienkabinett, erhielt 1868 die Professur an der Universität und die Direktion des Hofkabinetts, welch letztere er bis 1877 führte. Von seinen durch Ideenreichtum ausgezeichneten und zum Teil die wichtigsten Mineralien betreffenden Arbeiten, deren viele in den von ihm herausgegebenen "Mineralogischen Mitteilungen" (Wien 1871-77, seit Anfang 1878 "Mineralogische und petrographische Mitteilungen") erschienen sind, seien hervorgehoben: "Untersuchungen über das Volumgesetz flüssiger chemischer Verbindungen" (das. 1859); "Über Pseudomorphosen" (das. 1862-66); "Die Feldspatgruppe" (das. 1864); "Die Verbreitung des Olivins in den Felsarten und die Serpentinbildung" (das. 1867); "Die Porphyrgesteine Österreichs" (das. 1869); "Die Pyroxen-Amphibolgruppe" (das. 1871); "Die Aufgaben der Mineralchemie" (das. 1871); Berichte über verschiedene Meteoriten (das. 1870 ff.); "Die Bildung der Meteoriten und der Vulkanismus" (das. 1875); "Über den Vulkanismus als kosmische Erscheinung" (das. 1877); "Die Glimmergruppe" (Leipz. 1877-78); "Die Skapolithreihe" (das. 1883); "Die mikroskopische Beschaffenheit der Meteoriten" (Stuttg. 1885); auch schrieb er ein "Lehrbuch der Mineralogie" (3. Aufl., Wien 1888).

Tschern, Kreisstadt im russ. Gouvernement Tula, am Fluß T., der in die Suscha fällt, und an der Eisenbahn Moskau-Kursk, hat 4 Kirchen und (1885) 2666 Einw.

Tschernagora (besser Crnagora), slaw. Name für Montenegro; Tschernagorzen, die Montenegriner.

Tschernaja (T.-Rjetschka, Kasulkoi), Fluß im S. der Krim (s. d.), welcher von O. her durch das Thal von Inkerman bei den Ruinen dieses letztern in die Reede von Sebastopol mündet, war im Krimkrieg während der Belagerung von Sewastopol die Scheidelinie der feindlichen Armeen. Hier erfocht Canrobert 25. Mai 1855 einen Sieg über die Russen. Der vom Fürsten Gortschakow 16. Aug. 1855 vergeblich unternommene Angriff auf die Stellung der Alliierten wird die Schlacht an der T. genannt.

Tschernajew, Michael Grigorjewitsch, russ. General, geb. 1828, trat erst in die Armee, kämpfte in der Krim und im Kaukasus, ward dann im diplomatischen Dienst verwendet und russischer Generalkonsul in Belgrad, leitete 1864 als General den Feldzug nach Taschkent, das er eroberte, erhielt aber wegen Unbotmäßigkeit seinen Abschied und ließ sich als Notar in Moskau nieder. Er war einer der thätigsten Führer der panslawistischen Partei und übernahm im Juli 1876 das Kommando des serbischen Heers an der Morawa, ward aber 29. Okt. bei Alexinatz geschlagen. 1877 im russischen Heer nicht verwendet, setzte er die Agitationen für das slawische Wohlthätigkeitskomitee im In- und Ausland fort. Alexander III. ernannte ihn 1882 zum Generalgouverneur von Taschkent, setzte ihn aber schon im Februar 1884 wegen Eigenmächtigkeit wieder ab. Da er die Maßregeln der Regierung in Asien und namentlich die Transkaspische Bahn in den Zeitungen rücksichtslos bekämpfte, ward er 1886 auch seiner Stelle als Mitglied des Kriegsrats entsetzt.

Tschernawoda (Crnavoda, bei den Türken Boghasköi), kleine Stadt in der rumän. Dobrudscha, Distrikt Constanza, rechts an der Donau, von wo die 1860 eröffnete Eisenbahn nach Constanza am Schwarzen Meer führt, hat eine Kirche, eine Moschee, einen Hafen und 2635 Einw. Im April 1854 nahmen die Russen die Stadt.

Tschernebog ("schwarzer Gott"), der oberste der finstern Götter der nordischen Wenden und Slawen, als böses Prinzip der Gegensatz von Swantewit (s. d.), ursprünglich der "schwarze" Gott der Gewitternacht gegenüber dem "lichten" Sonnen- und Tagesgott. Er wurde in abschreckender, kaum menschenähnlicher Gestalt dargestellt und erhielt Trankopfer zur Sühne. Auch mehrere Berge, vorzeiten jedenfalls Opferstätten, führen noch den Namen T. (Corneboh), z. B. einer in der Nähe von Bautzen (558 m).

Tschernigow, ein Gouvernement Kleinrußlands (s. Karte "Polen etc."), wird von den Gouvernements Kiew, Poltawa, Kursk, Orel, Mohilew und Minsk begrenzt und umfaßt 52,397 qkm (nach Strelbitsky 52,402 qkm = 951,58 QM.). Die bedeutendsten Flüsse sind: der Dnjepr, der jedoch nur die Westgrenze berührt, die Desna, Sosh und Trubesch. Außerdem gibt es viele kleinere Flüsse und eine Menge ganz unbedeutender Seen. Das Land ist im allgemeinen eben und sehr flach und wird nur durch einige hügelige Flußufer etwas wellig und schluchtenreich. Der nördliche Teil desselben ist waldreich; im Kreis Gluchow wird der berühmte Gluchowsche weiße Thon gewonnen (jährlich 60,000 Pud), aus dem 9/10 aller Porzellanwaren in Rußland bereitet werden. In geologischer Beziehung ist das rechte, hohe Ufer der Desna bemerkenswert, das aus Kreideschichten besteht, in denen Sandadern mit Kiesel und Muschelteilen vorkommen. Das Klima ist gemäßigt und gesund. Die Bevölkerung belief sich 1885 auf 2,075,867 Einw., 40 pro QKilometer, meist Kleinrussen, außerdem Großrussen, Deutsche, Juden, Griechen. Die Zahl der Eheschließungen war 1885: 17,193, der Gebornen 100,917, der Gestorbenen 66,500. Das Areal besteht aus 54 Proz. Acker, 20,2 Proz. Wald, 16,7 Proz. Wiese und Weide, 9,1 Proz. Unland. T. hat in vielen Kreisen einen zum Ackerbau wenig geeigneten Boden; Getreide wird aus Poltawa und Kursk herbeigeführt. Immerhin bleibt die Landwirtschaft die Hauptbeschäftigung der Bewohner und liefert im N. des Gouvernements als die wichtigsten Produkte Hanf, Hanföl, Runkelrüben u. Flachs (nach Riga), im S. außer Runkelrüben Roggen, Hafer, Buchweizen, Kartoffeln, Gerste, Arbusen, Melonen u. geringe Tabaksorten. Die Ernte betrug 1887: 5,8 Mill. hl Roggen, 2,9 Mill. hl Hafer, 1,2 Mill. hl Buchweizen, 1,5 Mill. hl Kartoffeln. Der