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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Varolsbrücke; Varrentrapp; Varro

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Varolsbrücke - Varro.

und wirkungsreichsten erscheint, wenn V. aus dem reichen Schatz seiner persönlichen Erinnerungen schöpft. Zu seinen Hauptwerken gehören: »Deutsche Erzählungen« (Stuttg. 1815); »Vermischte Gedichte« (Frankf. 1816); »Geistliche Sprüche des Angelus Silesius« (Hamb. 1822); »Goethe in den Zeugnissen der Mitlebenden« (Berl. 1823); »Biographische Denkmale« (das. 1824-30, 5 Bde.; 3. Aufl., Leipz. 1872, 10 Tle.); »Zur Geschichtschreibung und Litteratur« (Hamb. 1833); »Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften« (Leipz. 1843-46, 7 Bde.; Bd. 8 und 9, hrsg. von seiner Nichte Ludmilla Assing, das. 1859); »Karl Müllers Leben und kleine Schriften« (Berl. 1847); »Schlichter Vortrag an die Deutschen« (das. 1848). Aus seinem unerschöpflichen Nachlaß gab Ludmilla Assing heraus: »Briefe von Alexander v. Humboldt an V.« (1.-5. Aufl., Leipz. 1860); »Briefe an eine Freundin« (Hamb. 1860); »Tagebücher« (Bd. 1-6, das. 1861-62; Bd. 7 u. 8, Zürich 1865; Bd. 9-14, Hamb. 1868-70); »Briefwechsel zwischen V. und Elsner« (Stuttg. 1865); »Briefe von Stägemann, Metternich, Heine und Bettina v. Arnim« (Leipz. 1865); »Briefe von Chamisso, Gneisenau, Haugwitz, W. v. Humboldt etc.« (das. 1867, 2 Bde.) u. a. »Ausgewählte Schriften« erschienen Leipzig 1871-77 in 19 Bänden. Vgl. Haym, V. v. E. (in »Preußische Jahrbücher«, Bd. 11, 1863).

Einen bedeutenden Einfluß auf Varnhagens Thätigkeit übte seine geniale Gattin Rahel Antonie Friederike, geb. 19. Mai 1771 zu Berlin, Tochter eines jüdischen Kaufmanns, Levin, und Schwester des Dichters Ludwig Robert, die als Mittelpunkt geistreicher Kreise in ästhetischer wie religionsphilosophischer Richtung anregend und belebend wirkte. Seit 1806 lebte dieselbe an den verschiedensten Orten in den Bädern Deutschlands, in Paris, Frankfurt a. M., Hamburg u. Prag. Ihr persönlich innigstes Verhältnis bis 1813 war das zu Alexander von der Marwitz, der in der Schlacht bei Montmirail den Heldentod fand. Hierauf ward sie Christin und vermählte sich 27. Sept. 1814 mit V., der ihr schon 1807 nahegetreten war. Sie starb 7. März 1833 in Berlin. Eine reiche Auswahl aus ihrem schriftlichen Nachlaß gab ihr Gatte unter dem Titel: »Rahel, ein Buch des Andenkens für ihre Freunde«, Briefe enthaltend (Berl. 1833; neue Aufl. 1834, 3 Bde.), heraus, der dann die »Galerie von Bildnissen aus Rahels Umgang und Briefwechsel« (Leipz. 1836, 2 Bde.) folgte. Beide Werke spiegeln eine scharf originelle, im Kern edle Natur und bleiben ein wichtiger Beitrag zur innern Entwickelungsgeschichte des deutschen Geisteslebens jener Zeit. Später erschien auch ihr Briefwechsel mit David Veit (Leipz. 1861, 2 Bde.) und mit V. (das. 1874-75, 6 Bde.). Vgl. auch Schmidt-Weißenfels, Rahel und ihre Zeit (Leipz. 1857); L. Assing, Aus Rahels Herzensleben. Briefe und Tagebuchblätter (das. 1877).

Varolsbrücke (Pons Varolis), s. Gehirn, S. 2.

Varrentrapp, Georg, Mediziner, geb. 20. März 1809 zu Frankfurt a. M., studierte in Heidelberg, Straßburg, Paris und Würzburg, besuchte dann die berühmtesten Hospitäler seiner Zeit, bereiste Belgien, Holland und England und gab die Resultate seiner Forschungen als »Tagebuch einer medizinischen Reise« heraus. 1841 folgte er seinem Vater im Amt als Chefarzt am Hospital zum Heiligen Geist in seiner Vaterstadt. Er erwarb sich große Verdienste als einer der ersten Bahnbrecher für die allgemeine Gesundheitslehre in Deutschland. Die Fragen der Arbeiterwohnungen, des Schutzes gegen ansteckende Krankheiten, der Impfung, der Wasserversorgung und Kanalisation der Städte, des öffentlichen Badewesens, des Gefängniswesens, der Schlachthäuser etc. sind Gebiete, auf denen er die wichtigsten Verbesserungen angebahnt hat. Auch medizinalstatistische Arbeiten, besonders über die Kindersterblichkeit, lieferte er. Nachdem er sein Amt niedergelegt hatte, wirkte er noch für die Einrichtung der Ferienkolonien, welche jetzt allgemeine Verbreitung gefunden hat. Er starb 16. März 1886 in Frankfurt a. M. V. schrieb: »Die Entwässerung der Städte« (Berl. 1868) und redigierte seit 1842 (mit Nöllner und Julius) die »Jahrbücher für Gefängniskunde«, seit 1870 (mit Spieß) die »Deutsche Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege«.

Varro, 1) Marcus Terentius, der größte röm. Polyhistor, geb. 116 v. Chr. zu Reate im Sabinischen, wandte sich frühzeitig den Studien zu, ohne sich jedoch seinen bürgerlichen Pflichten zu entziehen. Er bekleidete das Tribunat, die kurulische Ädilität und die Prätur und war 67 Legat seines Freundes Pompejus im Seeräuberkrieg. In derselben Stellung kommandierte er 49 in Spanien, mußte sich aber nach der Kapitulation von Ilerda an Cäsar ergeben. Trotzdem er sich hierauf aufs neue an Pompejus anschloß, wurde er nach der Schlacht bei Pharsalos von Cäsar begnadigt und kehrte 46 nach Rom zurück; 43 von Antonius wie sein Freund Cicero geächtet, entging er nur mit genauer Not dem Tod. Von Oktavian begnadigt, lebte er, bis an sein Ende geistesfrisch und litterarisch thätig, bis 27 v. Chr. Varros Gelehrsamkeit umfaßte das ganze Gebiet des damaligen Wissens, und seiner Produktivität kam kein Römer und nur wenige unter den Griechen gleich. Die Gesamtzahl seiner teils prosaischen, teils poetischen Werke betrug über 70 in mehr als 600 Büchern. Vollständig erhalten haben sich davon nur die im 80. Lebensjahr verfaßten drei Bücher über die Landwirtschaft (hrsg. von Schneider in den »Scriptores rei rusticae«, Leipz. 1794, und von Keil, das. 1882 ff.; Textausg. von Keil, das. 1889) und von den 25 Büchern des Werkes »De lingua latina« Bd. 5-10 (beste Ausg. von Spengel, 2. Aufl., Berl. 1885, und O. Müller, Leipz. 1833). Hauptsächlich galten seine Studien der heimischen Sprache, Litteratur, namentlich der dramatischen (s. Plautus), Geschichte und Altertumskunde. Von seinen größern Werken erwähnen wir noch die von Spätern vielbenutzten »Antiquitates rerum humanarum et divinarum« in 41 Büchern, eine erschöpfende Darstellung des gesamten politischen und religiösen Lebens der Römer seit den ältesten Zeiten; die »Disciplinae« in 9 Büchern, eine Encyklopädie der zur allgemeinen Bildung gehörigen Wissenschaften (Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie, Musik, Architektur, Medizin); die »Imagines« oder »Hebdomades« in 15 Büchern, welche 100 Hebdomaden oder 700 Porträtbildnisse berühmter Römer und Griechen mit epigrammatischen Unterschriften enthielten, und die 150 Bücher Menippeischer Satiren (»Saturae Menippeae«) in einer zwischen Prosa und mannigfachen Versarten wechselnden Form (Sammlung der Bruchstücke der Satiren von Riese, Leipz. 1865, und Bücheler im Anhang zu Petronius, 3. Ausg., Berl. 1882). Über sein Leben schrieben Roth (Bas. 1857) u. Boissier (Par. 1861); über seine Schriftstellerei vgl. insbesondere Ritschls Arbeiten in »Opuscula«, Bd. 3, S. 352 ff.

2) Publius Terentius, röm. Dichter, am Atax in Gallien geboren (daher Atacinus), lebte 82-^[BINDESTRICH!]