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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vereinigte Staaten von N.-A.

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Vereinigte Staaten von N.-A. (Finanzen, Heer und Flotte etc.).

treter im Kongreß noch die Beamten genießen den Ruf der Ehrenhaftigkeit. Korruption herrscht bis in die höchsten Regierungskreise. Ein dem öffentlichen Wohl zuträglicheres Verfahren bei Ernennung von Beamten wurde jüngst versuchsweise eingeführt.

[Finanzen.] Die Finanzen der Union befinden sich trotz der während des Bürgerkriegs entstandenen ungeheuern (übrigens schon bedeutend geminderten) Schuld in blühendstem Zustand. Es betrugen:

Jahr Einnahmen Ausgaben Unionsschuld (inkl. Papiergeld)

1840 25032193 28226533 5125077

1850 47649388 44604718 64228238

1860 76841407 77055127 64769703

1866 1273960212 1141072666 2783425879

1870 696729873 309653560 2386358579

1880 333526610 267642958 1942172295

Die Abrechnung für das Finanzjahr 1887/88 und der Voranschlag für 1888/89 ergaben folgendes:

Einnahmen: 1887/88 Dollar 1888/89 Dollar

Zölle 219091174 217000000

Innere Steuern (Accise) 124296872 125000000

Verkauf von Staatsländereien 11202017 10500000

Bankabgaben 1748567 1500000

Münze 9387634 9500000

Strafgelder, Gebühren etc. 4530897 4150000

Pacificbahnen 1852028 2000000

Distrikt Columbia 2650350 2750000

Verschiedenes 4506534 4600000

Zusammen: 379266074 377000000

Ausgaben:

Zivilverwaltung 68674147 79250000

Indianer 6249308 6250000

Pensionen 80288509 77000000

Heer 38522436 44000000

Flotte 16926438 21000000

Distrikt Columbia 4278114 4500000

Zinsen der Staatsschuld 44715007 41000000

Zusammen: 259653959 273000000

Innere Steuern werden erhoben von Tabak, Spirituosen, gegornen Getränken und Oleomargarin. Am 1. Jan. 1889 war die Staatsschuld auf 1,134,062,257 Doll. gefallen, einschließlich von 731,697,759 unverzinslichem Papiergeld. Früher wurde die Staatsschuld mit 6 Proz. verzinst, jetzt begnügen sich die Gläubiger des Staats mit 3-4½ Proz. Eingeschlossen in der Staatsschuld sind 66 Mill. Doll. für vom Staat garantierte Anleihen der Pacificbahnen. Über die Finanzen der einzelnen Staaten erfahren wir aus dem Zensus (1880), daß sie Steuern erhoben im Betrag von 52 Mill. Doll. und eine Schuldenlast von 234,438,761 Doll. trugen. Dazu kamen für die Grafschaften und Gemeinden 261 Mill. Doll. Steuern und 822 Mill. Doll. Schulden. Im J. 1887 waren die Schulden der Einzelstaaten auf 230 Mill. Doll. gefallen, allerdings teilweise infolge von Repudiationen.

Heerwesen, Kriegsflotte, Wappen, Flagge.

Das stehende Heer der Vereinigten Staaten hatte bei Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 eine Stärke von kaum 20,000 Mann. Aber zwischen 15. April 1861 und 15. April 1865 wurden 2,656,553 Miliztruppen aufgerufen und außerdem 178,975 Neger angeworben, so daß 1. Mai 1865 nicht weniger als 1,000,516 Mann unter den Waffen standen, von denen 43,000 Mann aus regulärem Militär, der Rest aus Milizen bestand. Die Ergänzung der letztern geschah anfangs nur durch Freiwillige, bis 1863 zum erstenmal eine Aushebung angeordnet wurde, zunächst mit dem Rechte des Loskaufs, wofür man jedoch 1864 die Stellvertretung einführte. Nach Beendigung des Kriegs kehrte man ungesäumt zu dem frühern Friedensstand zurück. Jetzt (1888) besteht die stehende Armee aus 10 Regimentern Reiterei, 25 Regimentern Fußvolk, 5 Regimentern Artillerie (60 Batterien) und einem Bataillon Ingenieurtruppen mit zusammen 2171 Offizieren und 26,270 geworbenen Leuten, die sich verbindlich machen, 5 Jahre zu dienen. 2 Regimenter Reiterei und 2 Regimenter Fußvolk sind aus Farbigen gebildet. Die Offiziere werden auf der 1802 gegründeten Militärakademie zu West Point herangebildet. Neben der regulären Bundesarmee besteht in den einzelnen Staaten eine Miliz, in welche mit gewissen Ausnahmen jeder waffenfähige Bürger vom 18.-45. Jahr eingereiht werden kann. Wirklich organisiert sind aber nur 105,106 Mann einschließlich von 7839 Offizieren. Eingeteilt wird das Land in 3 Territorialdivisionen, mit den Hauptquartieren in New York, Chicago und San Francisco. Eigentliche Festungen gibt es nicht, wohl aber werden einige der Hafenstädte durch Forts und Batterien verteidigt, und in den noch von Indianern bewohnten Gegenden sind Forts zahlreich.

Die Flotte, die 1864 aus 671 Schiffen mit 4610 Kanonen und einer Bemannung von 51,000 Mann bestand, war im Lauf der Zeit so herabgekommen, daß 1885 der Marineminister behaupten konnte, sie besäße kein einziges Schiff, das im stande sein würde, gegen eine Flottenmacht ersten Ranges den Kampf aufzunehmen. Mitte 1887 bestand dieselbe aus 79 Schiffen (davon 17 mit Panzer versehen, 34 Schraubendampfer, 12 Schleppdampfer, 12 Segelschiffe und 4 Depotschiffe), von denen übrigens die Mehrzahl gerade nur diensttauglich war. Seit 1885 aber hat man nicht nur den Bau leistungsfähiger Kriegsschiffe in Angriff genommen, man hat auch mit Erfolg das Land, was Stahl u. dgl. betrifft, von England unabhängig gemacht. Im August 1889 waren 17 Schiffe im Bau, und für 10 Schiffe waren vom Kongreß die Mittel bewilligt. Die wirklich kriegstüchtige Flotte wird nach Vollendung dieser Schiffe folgenden Stand haben: 10 Panzerschiffe (ein Kreuzer von 7500 Ton., 2 Schiffe mit Doppeltürmen von 6000 T., 6 Monitoren von 3000-6060 T. und ein Schiff für Küstenverteidigung von 4000 T.), 14 Kreuzer (davon 8 von über 3000 T. und einer Schnelligkeit von mindestens 19 Knoten in der Stunde), 6 Kanonenboote (800-1700 T.), 2 Schiffe mit Dynamitgeschützen, ein Torpedoboot, ein Widderschiff, ein Aviso und ein Schulschiff, zusammen 36 Schiffe. Bemannt war die Flotte 1888 mit 551 Seeoffizieren, 426 Kadetten, 159 Ärzten, 382 Beamten, 7500 Matrosen und 750 Schiffsjungen. Außerdem zählte das Marinekorps 80 Offiziere und 2000 Mann. Die Kriegsarsenale sind in Portsmouth, Charlestown, Brooklyn, League Island (Philadelphia) und Washington; Werften für Reparaturen in New London, Norfolk, Pensacola u. San Francisco (Mare Island). Abgesehen von Alaska haben die Vereinigten Staaten keine Kolonien, sie würden aber kaum einem europäischen Staat gestatten, sich auf amerikanischem Boden neue Kolonien zu erwerben oder zu erobern.

Das Wappen der Union (s. Tafel »Wappen II«) besteht aus einem schwarzen Adler, der in der einen Klaue ein Bündel Pfeile, in der andern einen Ölzweig hält, und dessen Brust ein in zwei Felder geteilter Schild bildet, dessen oberes Feld blau ist, und dessen unteres silbernes Feld sechs senkrechte rote Balken durchschneiden. Der Adler hält im Schnabel