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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Vetturino - Viadana.

Vetturino (ital.), Lohnkutscher, Hauderer.

Veuillot (spr. wöjoh), Louis, ultramontaner franz. Publizist, geb. 1813 zu Boynes (Loiret), redigierte seit 1831 das ministerielle »Echo de Rouen«, seit 1837 zu Paris die »Charte de 1830«, dann »La Paix«, ward später Büreauchef im Ministerium des Innern, nahm aber nach 18 Monaten seine Entlassung, um (1843) als Mitarbeiter beim »Univers religieux« einzutreten. Seit 1848 oberster Redakteur dieses Hauptorgans des Ultramontanismus, kämpfte er mit ebensoviel Talent und Energie wie Leidenschaft und Rücksichtslosigkeit für die Ansprüche des Papsttums auf unumschränkte Herrschaft über Kirche und Staat, veranlaßt durch seine heftige Polemik gegen Napoleons III. italienische Politik 1860 die Unterdrückung des »Univers«, der erst 1867 wieder erscheinen durfte, und wußte während des vatikanischen Konzils durch Drohungen und Denunziationen jede gallikanische Regung im französischen Episkopat niederzuhalten. Sein politischer Einfluß erreichte unter der Regierung der sogen. moralischen Ordnung (1877) seine Höhe. Späterhin ließ sich V., seit Jahr und Tag durch Gicht an das Zimmer gefesselt, nur noch selten im »Univers« vernehmen und schlug dann einen salbungsreichen, apokalyptischen Ton an, der den geistreichen und pikanten, oft cynischen Schriftsteller, den in allen Sätteln gerechten und keine Waffen verschmähenden Polemiker von ehedem nicht wieder erkennen ließ. Er starb 7. April 1883 in Paris. Von seinen Werken nennen wir als die gelesensten: »Pélerinages de Suisse« (1839, 16. Aufl. 1878); »Rome et Lorette« (1841, 16. Aufl. 1880); »L'honnête femme« (1844); »Les Français en Algérie« (Reiseskizzen, 1845; 10. Aufl. 1889); »Les libres penseurs« (1848); »L'esclave Vindex« (1849); »Le lendemain de la Victoire« (1850); »Le droit du seigneur au moyen-âge« (1854, 3. Aufl. 1878); »Les parfums de Rome« (1861, 10. Aufl. 1888); »Historiettes et fantaisies« (1862); »Les odeurs de Paris« (1866, 10. Aufl. 1876); »Rome pendant le concile« (1872, 2 Bde.); »Paris pendant les deux siéges« (1876, 2 Bde.); »Molière et Bourdaloue« (1877); »Œuvres poétiques« (1878); »Études sur Victor Hugo« (1885) etc. Eine Sammlung seiner Schriften gab er unter dem Titel: »Mélanges religieux, historiques, politiques et littéraires« (1857-76, 18 Bde.) heraus. Seine »Correspondance« erschien in 6 Bänden (1883-87). - Sein Bruder Eugène V., geb. 1818, Mitarbeiter am »Univers«, schrieb: »La guerre de la Vendée et de la Bretagne« (2. Aufl. 1853), vom spezifisch katholischen Standpunkt aus; »Le Tonkin et la Cochinchine« (1859, 3. Aufl. 1883); »Vies des pères de déserts de l'Orient« (1863-1864, 6 Bde.) u. a.

Veurne (spr. föhrne), Stadt, s. Furnes.

Vevey (spr. wewä, deutsch Vivis), Stadt im schweizer. Kanton Waadt, in reizender Lage am Einfluß der wilden Veveyse in den Genfer See und an der Eisenbahn von Villeneuve nach Lausanne, hat schöne öffentliche, meist von Baumgärten beschattete Plätze, mehrere sehenswerte Kirchen (z. B. die St. Klara- und St. Martinskirche), ein Schloß (früher Sitz der Landvögte), ein Collège, eine öffentliche Bibliothek, viele schöne Privatgebäude und Villen, Fabrikation von Tabak, Schokolade, Schaumwein, kondensierter Milch, Uhren etc., Handel mit Wein, Käse und Holz, Seebäder, zahlreiche glänzende Gasthäuser und Pensionen für Fremde und (1888) 8144 Einw. - V., schon zur Römerzeit ein blühender Ort (Vibisco), war unter den burgundischen Königen ein Fischerflecken. J. J. Rousseau wählte die Umgegend von V. zum Schauplatz seines Romans »Die neue Heloise«. Vgl. Martignier, V. et ses environs dans le moyen-âge (Laus. 1862); Cérésole, V. und seine Umgebung (Zürich 1882).

Vexation (lat.), Plackerei, Neckerei.

Vexen, s. v. w. Kretins.

Vexier, etwas zum Vexieren Dienendes, insbesondere Einrichtung an Schlössern, ohne deren Kenntnis man dieselben nicht öffnen kann; vexieren, plagen, foppen, necken.

Vexierbecher, s. Heber, S. 256.

Vexiergurke, s. v. w. Momordica Elaterium.

Vexiernelke, s. Agrostemma.

Vexiernüsse, s. Carya.

Vexierschloß, ein Schloß mit gewissen Vorrichtungen, ohne deren Kenntnis es selbst mit dem zugehörigen Schlüssel nicht geöffnet werden kann; s. Schloß, S. 539.

Vexillarii (lat.), in der römischen Kaiserzeit ausgediente Soldaten, die sich aber als Evocati (s. d.) noch zu weitern Diensten verpflichteten und eine eigne Kompanie bildeten.

Vexillatio (lat.), in der spätesten Kaiserzeit eine Schwadron Reiterei.

Vexillum (lat.), bei den Römern ein viereckiges Stück Zeug (gewöhnlich von roter Farbe), welches an dem Querholz einer Stange befestigt war und als Feldzeichen der Manipeln und Reiterturmen diente, s. v. w. Standarte (vgl. Abbildung).

Vezelay (spr. wes'lä), Städtchen im franz. Departement Yonne, Arrondissement Avallon, an der Cure, jetzt völlig herabgekommen, zählt (1881) nur 623 Einw., die Weinbau treiben, war aber im 12. Jahrh. berühmter Wallfahrts- und Handelsort und hat eine schöne ehemalige Abteikirche (La Madeleine, aus dem 11. Jahrh.) mit interessanten Bildwerken am Hauptportal. In V. fand 1146 die Versammlung für den zweiten Kreuzzug statt, dort trafen auch Philipp August und Richard Löwenherz für den dritten Kreuzzug 1190 zusammen. Theodor Beza ist in V. geboren.

Vézère (spr. wesähr), rechter Nebenfluß der Dordogne in Südfrankreich, entspringt auf dem Plateau von Millevache (Departement Corrèze), fließt in südwestlicher Richtung, bildet bei Treignac einen schönen Wasserfall, geht weiterhin an Vigois, Terrasson, Montignac und Bugue vorüber und mündet bei Limeuil; 192 km lang, wovon 65 km schiffbar. Bedeutendster Nebenfluß die Corrèze.

Vezier, s. Wesir.

Vi (lat.), durch Kraft, vermöge.

Via (lat.), Straße, Weg; bei den Römern besonders eine Heerstraße, wie die Via Appia (s. Appische Straße); auf Briefen s. v. w. über, mit Angabe des zu nehmenden Wegs, z. B. Via Ostende.

Via crucis (lat., »Weg zum Kreuz«), bei den Katholiken eine Prozession zur Erinnerung an den Hingang Jesu zum Kreuz.

Viadana, Distriktshauptort in der ital. Provinz Mantua, am Po, mit Gymnasium, technischer Schule, Getreide- und Weinbau und (1881) 5550 Einw.

Viadana, Ludovico (eigentlich Lud. Grossi), Komponist, geb. 1564 zu Viadana bei Mantua, widmete sich dem geistlichen Stand, war 1594 Domkapellmeister in Mantua, lebte um 1597 in Rom, war dann nacheinander Kirchenkapellmeister in Fano, Venedig und wieder in Mantua und starb 2. Mai 1645 in Gualtieri. Viadanas musikgeschichtliche Bedeutung besteht darin, daß er die Ende des 16. Jahrh. in Florenz