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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Villaviciōsa; Villa Viçosa; Ville; Villedieu; Villefranche; Villegas; Villeggiatūr; Villehardouin; Villèle

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Villaviciosa - Villèle.

Villaviciōsa (spr. wilja-), José de, span. Dichter, geb. 1589 zu Siguenza, erhielt seine Erziehung in Cuenca und begründete, kaum 26 Jahre alt, seinen Ruhm durch das komische Heldengedicht »La mosquea« (»Der Fliegenkrieg«, zuerst Cuenca 1615; zuletzt hrsg. im 17. Bd. der »Biblioteca de autores españoles«), welches durch Reichtum an Erfindung, Laune, vortreffliche Sprache und Versifikation zu den vorzüglichsten seiner Art in der spanischen Litteratur gehört. Seit 1628 Inquisitor, erst in Murcia, dann in Cuenca, starb V. 28. Okt. 1658.

Villa Viçosa (spr. willa wißōßa), Stadt in der portug. Provinz Alemtejo, Distrikt Evora, mit großem Schlosse (sonst. Residenz der Herzöge von Braganza), Wein- und Ölhandel und (1878) 3538 Einw. In der Nähe Marmorbrüche und ein Jagdschloß.

Villa Viçosa, Orden Unsrer lieben Frau von der Empfängnis von, portug. Verdienstorden, 10. Sept. 1819 von König Johann VI. in Rio de Janeiro zum Gedächtnis an die Thronbesteigung von Portugal, Brasilien und Algarve gestiftet, für Adlige, hohe Beamte und Gelehrte. Die Grade sind: wirkliche und Ehrengroßkreuze, Kommandeure, Ritter und Dienende. Die Dekoration besteht in einem weiß emaillierten, golddurchstrahlten neunspitzigen Stern, dessen Goldstrahlen mit neun Sternen bestreut sind. Die obere Spitze hängt an der Königskrone. Der goldene Mittelschild enthält die Chiffer »M. A.« mit der Umschrift: »Padroeira do Reino« auf blauem Email. Die Großkreuze und Kommandeure tragen dazu einen Stern ganz wie die andre Dekoration, nur ohne Krone, auf der Brust. Die Dienenden haben die Dekoration in Silber. Das Band ist hellblau mit breiten weißen Randstreifen.

Ville (franz., spr. wil), s. v. w. Stadt.

Ville, Landrücken im preuß. Regierungsbezirk Köln, schließt sich südlich von Bonn an die Eifel, zieht sich, dem Rhein parallel, nach NW. und endet in der Gegend von Grevenbroich an der Erft. Er erreicht eine Höhe von 188 m und ist reich an Braunkohlen.

Villedieu (spr. wil-djöh, V. les Poêles), Stadt im franz. Departement Manche, Arrondissement Avranches, an der Sienne und der Eisenbahn Paris-Granville, hat Fabrikation von Kupferwaren, Glocken, Spitzen, Leinwand und (1881) 3525 Einw.

Villefranche (spr. will-frāngsch), 1) (V. de Lauraguais) Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Obergaronne, am Canal du Midi und an der Eisenbahn Bordeaux-Cette, hat einen Gerichtshof, eine Ackerbaukammer, Gerberei, Handel mit Getreide und Geflügel und (1886) 2203 Einw. -

2) (V. de Rouergue) Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Aveyron, an der Mündung des Alzou in den Aveyron und an der Eisenbahn Périgueux-Figeac-Toulouse, hat eine Kirche, Notre Dame, aus dem 15.-16. Jahrh., ein ehemaliges Kartäuserkloster mit gotischem Kreuzgang, einen Gerichtshof, ein Kommunalcollège, eine Bibliothek, Fabrikation von Leinen- und Baumwollzeugen, Papier, Kupferwaren etc., Produktenhandel und (1886) 7760 Einw. In der Umgebung Kupfer-, Zinn- und Silberbergbau. -

3) (V. sur Saône) Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Rhône, am Morgon, unweit der Saône, an der Eisenbahn Dijon-Lyon, Sitz eines Gerichtshofs und Handelsgerichts, hat eine gotische Kirche, ein Kommunalcollège, ein Lehrerseminar, eine Handelsschule, eine Bibliothek, Ackerbaukammer, Gewerberat, bedeutende Baumwollspinnerei und -Weberei, Gerberei, Handel mit Vieh, Wein etc. und (1886) 11,414 Einw. -

4) Stadt, s. Villafranca 2).

Villegas (spr. wiljēgas), Estevan Manuel de, span. Dichter, geb. 1595 zu Najera in Altkastilien, erhielt seine erste Bildung in Madrid und studierte mit besonderm Eifer die Akten, übersetzte auch, kaum aus dem Knabenalter getreten, den Horaz und Anakreon und verfaßte im Geiste derselben schon damals einen großen Teil seiner eignen Gedichte. Später studierte er in Salamanca die Rechte und mußte sich seines Unterhalts wegen vorzugsweise Berufsgeschäften widmen, beschäftigte sich daneben aber immer mit gelehrten philologischen Studien. Trotz seines großen Ruhms als Gelehrter und Dichter blieb er arm und starb als Inhaber eines kleinen Amtes 1669. Seine Gedichte, namentlich die erotischen, gehören zu den schönsten der spanischen Litteratur. V. war auch der erste, welcher mit Glück die Nachahmung antiker Versmaße in spanischer Sprache versuchte, und als eifriger Verehrer der Alten ein entschiedener Gegner Lope de Vegas und seiner Schule, die er heftig bekämpfte. Seine Gedichte erschienen unter dem Titel: »Amatorias« (Najera 1618, Madr. 1774, 2 Bde., mit vortrefflicher Biographie; auch abgedruckt im 42. Bd. der »Biblioteca de autores españoles«), obschon dieselben auch zahlreiche Oden und Poesien andrer Art enthalten.

Villeggiatūr (ital., spr. wileddscha-), Aufenthalt zur Erholung in ländlicher Zurückgezogenheit.

Villehardouin (spr. wil-arduäng), Geoffroy de, franz. Geschichtschreiber, geboren um 1160 auf dem Schloß V. bei Bar sur Aube in der Champagne, war Marschall des Grafen Thibaut V. von Champagne, nahm 1199 nebst seinem Herrn das Kreuz, ging 1201 als Gesandter der französischen Kreuzfahrer nach Venedig, um die Überfahrt derselben nach Ägypten mit der Republik zu vereinbaren, und beteiligte sich hierauf an der vom Dogen Dandolo geleiteten Unternehmung, welche 1204 mit der Erstürmung Konstantinopels und dem Sturz des griechischen Kaiserreichs endete. Er ward von dem neuen Kaiser, Balduin, mit einem großen Besitztum am Hebrus belehnt und zum Marschall von Romanien ernannt, rettete das fränkische Heer bei Adrianopel vor gänzlicher Vernichtung durch die Bulgaren und starb 1213. Er hinterließ eine vortreffliche Geschichte des vierten Kreuzzugs (1198-1207) in altfranzösischer Sprache unter dem Titel: »Histoire de la conquête de Constantinople«, eins der besten Geschichtswerke des Mittelalters, die uns erhalten sind (hrsg. von Ducange, 1657, von Paulin, Par. 1838, und von Wailly, 3. Aufl., das. 1882; deutsch von Todt, Halle 1878). - Sein Neffe Geoffroy de V. erbte seine Würde, ward Herzog von Achaia und gründete daselbst eine fränkische Dynastie, welche bis ins 14. Jahrh. herrschte.

Villèle (spr. wilähl), Joseph, Graf von, franz. Staatsmann, geb. 14. Aug. 1773 zu Toulouse, widmete sich dem Seedienst und ging 1791 nach Westindien, wo er durch Heirat auf der Insel Bourbon zu einer ansehnlichen Stellung gelangte. 1803 nach Frankreich zurückgekehrt, lebte er während der Kaiserzeit als Privatmann in seiner Vaterstadt. Während der Hundert Tage wirkte er für die Bourbonen und erhielt dafür nach der zweiten Restauration das Amt des Maire zu Toulouse. Zugleich trat er in die berüchtigte Kammer von 1815. Seine Laufbahn als Wortführer der Ultraroyalisten begann er in der Kammer von 1816. Im Dezember 1820 ward er in das Ministerium Richelieu gezogen; nach dessen Sturz im Dezember 1821 übernahm er in dem neuen Ultraministerium die Finanzen und 4. Sept. 1822 das Präsidium desselben. Die Invasion in Spanien zur