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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Visibel - Viskosimeter.

Ruinen einer jetzt teilweise restaurierten Königsburg, welche besonders zu Matthias Corvinus' Zeit mit vielen Prachtbauten geschmückt war. Vgl. Viktorin, V. einst und jetzt (Pest 1873). -

2) (Višegrad) Bezirksstadt in Bosnien, Kreis Sarajevo, an der Drina, mit altem Bergschloß, einer vom Großwesir Mehemed Sokolovič 1577 erbauten, aus elf Spitzbogen bestehenden monumentalen Steinbrücke (der schönsten in ganz Bosnien) und (1885) 1393 meist mohamm. Einwohnern. V. ist Sitz eines Militär-Platzkommandos und Bezirksgerichts.

Visībel (lat.), sichtbar, augenscheinlich.

Visier (franz. visière), bei den Feuerwaffen die am hintern Ende des Laufs angebrachte Vorrichtung, welche in Verbindung mit dem am vordern Ende befindlichen Korn (s. d.) zum Zielen dient. Die von der untern Spitze des Visiereinschnitts (Kimme) über die Spitze des Korns gehende Linie heißt Visierlinie; sie geht bei tiefster Visierstellung in der Regel parallel der Rohrachse; bildet sie mit letzterer einen Winkel, so heißt dieser der Visierwinkel; die durch die Visierlinie gelegte senkrechte Ebene ist die Visierebene. Bei Geschützen befindet sich das V. am Aufsatz, der bei den Feld-, Küsten- und Marinegeschützen meist in einem Loch des Rohrs (Aufsatzloch) stellbar ist. Bei dem abnehmbaren (losen) Aufsatz der Festungs- und Belagerungsgeschütze ist auf der Aufsatzstange ein Visierschieber mit V. stellbar. Bei dem Richten über V. und Korn (Kernschuß) steht der Aufsatz auf Null. Bei den Handfeuerwaffen ist, wenn sie nur geringe Tragweite haben, wie Pistole, Revolver, hinten im Lauf ein Visiereinschnitt in der Richtung der Laufachse, bei Karabinern und Gewehren (Büchsen) auf dem Lauf ein Erhöhungsvisier von verschiedener Konstruktion angebracht, welches beim Nichtgebrauch möglichst wenig über den Lauf hervorstehen darf, aber auch ein genaues Bestimmen der Erhöhung für die betreffenden Entfernungen bis zu etwa 2000 m gestatten muß. Am gebräuchlichsten ist das mit mehreren Visiereinschnitten versehene Klappvisier zum Niederklappen; auf dieser Klappe kann noch ein Schieber in verschiedener Weise stellbar sein; danach gibt es Auszieh-, Schieber-, Leiter- oder Treppenvisiere. - Bei den alten Ritterhelmen heißt V. die zum Schutz des Gesichts dienende Vorrichtung (Helmgitter, Helmsturz), die entweder unbeweglich mit dem Helm verbunden war, oder auf- und abgeschoben werden konnte (s. Helm). Auch wird V. nicht selten für Diopter (s. d.) gebraucht.

Visiereimer, s. Eimer.

Visieren (lat.), genau nach etwas sehen; aufs Korn nehmen, zielen; auch s. v. w. eichen, Flüssigkeitsmaße abgleichen. Vgl. Visierung.

Visiergraupen, s. Zinnstein.

Visīerkunst, Teil der angewandten Geometrie, lehrt die Bestimmung des Inhalts von Gefäßen, namentlich von Fässern. Zu diesem Zweck kann man die einzelnen Dimensionen des Fasses mit einem Längenmaßstab messen und dann nach einer der im Art. Faß angebenen Formeln den Inhalt berechnen. Diese Rechnung kann man teilweise oder ganz umgehen mit Hilfe der sogen. Visierstäbe (Visierruten), von denen man quadratische und kubische unterscheidet. Erstere enthalten auf der einen Seite einen Längen-, auf der andern aber einen Flächenmaßstab, der die Fläche des Kreises angibt, an dessen Durchmesser man ihn anlegt. Mit dem erstern mißt man die Länge des Fasses, mit dem letztern den Spund- und Bodendurchmesser und liest dabei sogleich den Querschnitt am Spund und die Bodenfläche ab. Nimmt man dann ⅔ der erstern Fläche, zählt dazu ⅓ der letztern und multipliziert die Summe mit der Länge, so ergibt sich der Inhalt des Fassen. Noch bequemer sind die kubischen Visierstäbe, die man nur durch das Spundloch entweder in schiefer Richtung nach dem einen Bodenwinkel (Diagonalstab) oder in Richtung des Durchmessers am Spund (Tiefstab) einzusetzen hat, worauf man unmittelbar den Inhalt ablesen kann. Dieselben beruhen darauf, daß die Inhalte ähnlicher Körper sich wie die Kuben entsprechender Längen verhalten; es ist daher für jede Faßform ein besonderer kubischer Visierstab nötig. Vgl. Bleibtreu, Visierkunst (Karlsr. 1833), und die Litteratur beim Art. Faß.

Visiermaß, s. Eichmaß.

Visierstab, s. Visierkunst.

Visierung (lat.), die Einschrift des Visums, Zeichen, daß man etwas gesehen hat, auf einen Paß oder in ein Arbeits- oder Gesindebuch geschrieben oder gestempelt. - Die deutschen Künstler des Mittelalters und der Renaissance nannten V. den Entwurf oder die Zeichnung zu einem auszuführenden Kunstwerk jeglicher Art.

Vis inertiae (lat.), »Kraft der Trägheit«, Beharrungsvermögen (s. d.); dann auch die Kraft, wodurch ein Körper einem andern Widerstand leistet, der denselben Raum einzunehmen strebt, in welchem sich jener befindet.

Visĭon (lat.), krankhafte Sinnestäuschung im Bereich der Gesichtssphäre, wie sie bei vielen Geisteskrankheiten, z. B. der halluzinatorischen Verrücktheit, dem Alkoholdelirium und der paralytischen Geisteskrankheit, vorkommt. Speziell nennt man Visionen vornehmlich die Sinnestäuschungen religiösen Inhalts, Erscheinungen von Gestalten und Ereignissen, die in das Übernatürliche und Übersinnliche hineinragen (Swedenborg, Kerner in seiner »Seherin von Prevorst«, Hamann), Erzeugnisse einer lebhaften Phantasie, die durch ein solchen Reflexionen ausschließlich gewidmetes Denken krankhaft überreizt wurde. Der Visionär kann selbst Gegenstand seiner V. werden, dann findet das Sichselbstsehen (Doppelgänger) statt. Die Phantasie kann aber auch beim Sichselbstsehen das falsche Objekt in das eigne Subjekt verlegen, so daß damit das Gefühl einer Trennung der eignen Persönlichkeit sich verbindet und man aus zwei verschiedenen Wesen zu bestehen glaubt, welche von dem Einen Körper Besitz genommen haben, der dann mithin auch, beiden dienend, eine doppelte Rolle spielt. Stellt sich durch ein unbewußtes Schließen von der Vergangenheit auf die Zukunft diese Zukunft oder auch eine von dem Seher nur räumlich gemiedene Gegenwart als Faktum objektiv anschaulich dar, so nennt man dies das »zweite Gesicht« (s. d.).

Visionsradius, s. Gesichtsachse.

Visitation (lat.), die genaue Untersuchung einer Sache oder Person; Haussuchung (s. Durchsuchung). Über Kirchenvisitation s. d.

Visitationsrecht, im Völkerrecht s. v. w. Durchsuchungsrecht (s. d.); auch das dem Staatsoberhaupt zustehende Recht der Oberaufsicht über die Amtsführung der Behörden, insbesondere der Gerichte.

Visitatōres (lat.), Klostergeistliche, welchen der Ordensgeneral die Inspizierung sämtlicher Klöster übertragen hatte.

Visite (franz.), Besuch, besonders förmlicher; Besuchsstunde der Ärzte.

Viskosimēter (lat.), Apparat zur Prüfung der Dickflüssigkeit von Lösungen, besteht aus einem Gefäß mit Ausflußöffnung von bestimmter Weite, oft auch mit