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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vögel

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Vögel (Körperbau).

der Büschel kleiner, vom Daumen getragener Federn am Flügelbug heißt der Eckflügel. Die großen Federn des Schwanzes (Steuerfedern, gewöhnlich zwölf) können sowohl einzeln als auch zusammen bewegt werden, fallen aber bei verkümmertem Flugvermögen gleichfalls aus. Jährlich erneuern sich die Federn durch die plötzlich oder ganz allmählich stattfindende Mauser (s. d.). Das durch letztere gebildete Winterkleid färbt sich meist im nächsten Frühjahr mit eintretender Brunstzeit noch vollkommener aus und bildet dann das Hochzeits- oder Sommerkleid. Die meisten V. erhalten bereits im ersten Jahr nach ihrer Geburt ihre definitive Färbung, einige erst im zweiten Jahr. Das Jugendkleid ähnelt im allgemeinen dem der Weibchen und ist namentlich viel einfacher gefärbt. An gewissen Stellen bleibt die Haut nackt, besonders am Schnabel und an den Zehen, meist auch am Lauf, zuweilen am Hals (Geier) und selbst am Bauch (Strauß). Die nackte Haut am Schnabelgrund bleibt in größerer oder geringerer Ausdehnung weich und bildet die sogen. Wachshaut, während sie an den Schnabelrändern gewöhnlich verhornt. Nur wenige V. (Enten, Schnepfen) haben weiche Schnabelränder, welche dann bei ihrem Reichtum an Nerven ein sehr feines Tastorgan bilden. Fußwurzeln und Zehen, zuweilen auch die Läufe, sind mit hornigen Schuppen oder Platten bedeckt, die mitunter zu langen Schienen verwachsen sind (sogen. gestiefelter Fuß). Die Endglieder der Zehen tragen platte oder krallenartig gekrümmte Nägel. Talg- und Schweißdrüsen fehlen den Vögeln; dagegen findet sich fast allgemein oberhalb der letzten Schwanzwirbel die Bürzel- oder Öldrüse, deren öliges Sekret besonders bei Schwimmvögeln zum Wasserdichtmachen der Federn benutzt wird. Das Skelett zeigt sehr charakteristische, auf das Flugvermögen bezügliche und mit der Ausbildung desselben parallel gehende Eigentümlichkeiten. Während nämlich die Knochensubstanz selbst ungemein dicht und fest ist, wird das in der Jugend vorhandene bluthaltige Mark allmählich resorbiert; die so entstehenden Hohlräume sind mit Luft erfüllt und kommunizieren mittels der Luftsäcke (s. unten) mit der Lunge. Bei großen Vögeln mit raschem, ausdauerndem Flug sind sämtliche Knochen mit Ausnahme der Jochbeine und des Schulterblatts hohl (pneumatisch), während bei den großen Laufvögeln nur einzelne Schädelknochen Lufträume enthalten. Ziemlich allgemein aber sind außer dem Jochbein und Schulterblatt auch der Unterschenkel und Vorderarm markhaltig und ohne Lufträume. Am Kopfe verwachsen die Schädelknochen, deren Zahl den Reptilien gegenüber bedeutend reduziert ist, sehr frühzeitig zur Bildung einer leichten und festen Schädelkapsel, welche gleich derjenigen der Reptilien mittels eines einfachen (nicht wie bei Säugetieren und Amphibien doppelten) Gelenkhöckers auf dem ersten Halswirbel ruht und nach allen Richtungen gedreht werden kann. Die Knochen des Gesichts sind sehr eigentümlich gestaltet und vereinigen sich zur Herstellung eines weit vorragender, mit Hornrändern bekleideten Schnabels (s. unten). An der Wirbelsäule unterscheidet man einen sehr langen, beweglichen Halsteil, eine feste Rücken- und Beckenregion und einen rudimentären, nur wenig beweglichen Schwanz. Hals- und Rückengegend sind aber nicht scharf abgegrenzt, da einerseits die Halswirbel Rippenrudimente tragen und anderseits die Rippen der ersten Brustwirbel nicht bis an das Brustbein reichen. Der Hals enthält 9, häufig mehr, bisweilen 24 Wirbel, die Zahl der kürzern Rückenwirbel schwankt zwischen 6 und 10, die vordern 4-5 sind oft miteinander verwachsen; sie tragen sämtlich Rippen, welche durch Vermittelung je eines besondern Knochens mit dem Brustbein in Verbindung stehen und eine große Erweiterung des Brustkorbes gestatten. Das Brustbein bedeckt auch einen großen Teil des Bauches und besitzt bei Vögeln mit starkem Flugvermögen einen kielförmigen Kamm zum Ansatz der kräftigen Flugmuskeln. In der Lenden- und Kreuzbeingegend sind die zahlreichen (bis zu 23) Wirbel sowohl untereinander als mit den langen Hüftbeinen des Beckens zu einem Kreuzbein verschmolzen, zu dessen Bildung aber auch noch die letzten Rücken- und die ersten Schwanzwirbel mithelfen. Noch weiter nach hinten liegen 7-8 bewegliche Schwanzwirbel, von denen der letzte, aus einer Verschmelzung von 4-6 Wirbeln entstanden, eine senkrechte, seitlich zusammengedrückte Platte darstellt, an welche sich die Muskeln zur Bewegung der Steuerfedern des Schwanzes anheften. Die Verbindung des vordern Gliedmaßenpaars mit dem Brustteil des Rumpfes ist außerordentlich fest, das Schulterblatt liegt als langer, säbelförmiger Knochen auf der Rückenseite des Brustkorbes und verbindet sich vorn mit dem Rabenbein zur Bildung des Schultergelenks. Die Rabenbeine sowie die Schlüsselbeine heften sich an das Brustbein an, und zwar die erstern jedes für sich, die letztern unter Verwachsung zu einer Gabel (Furkula). Die vordere Extremität besteht aus Oberarm, Elle und Speiche sowie zwei Handwurzelknöchelchen, welchen sich ein verlängertes Mittelhandstück mit Daumen, Mittelfinger und kleinem Finger anschließt. Der Oberarm ist in der Ruhe nach hinten, der Unterarm nach vorn gerichtet, und die Hand biegt wieder nach hinten um. Der Gürtel der hintern Extremität bildet ein sehr lang gestrecktes, vorn offenes Becken, welches durch feste Verschmelzung sämtlicher Knochenstücke ausgezeichnet ist. Der kurze, kräftige Oberschenkelknochen ist schräg horizontal nach vorn gerichtet und meist ganz zwischen Fleisch und Federn am Bauch verborgen, so daß das Kniegelenk äußerlich nicht sichtbar wird. Durch diese Lage des Oberschenkels wird der Unterschenkel weit nach vorn gerückt und der Fußpunkt der Schwerlinie, selbst bei ziemlich wagerechter Haltung des Rumpfes, zwischen die große von den Zehen umspannte Fußfläche gelegt. Wo die hintere Extremität hauptsächlich als Ruder dient, da ist sie weit nach hinten gerückt, und der Rumpf muß dann beim Gehen in fast senkrechter Stellung getragen werden. Von den Knochen des bei weitem längern Unterschenkels ist vom Wadenbein nur ein Rest in Gestalt eines Knochenstabes an der äußern Seite des Schienbeins vorhanden. Mit dem Schienbein verwächst am untern Ende ein Fußknochen; der nun folgende Lauf oder Tarsus ist aus der Verwachsung der noch übrigbleibenden Tarsal- und Metatarsalknochen hervorgegangen und von sehr verschiedener Länge. Die 2-4 Zehen haben 2-5 Glieder. Eine eigentümliche Einrichtung im Verlauf der Sehnen am Unterschenkel zieht bei der Beugung des Kniegelenks zugleich die Zehen zusammen; infolge davon hält der Vogel während des Schlafs lediglich durch seine Schwere den Zweig, auf dem er sitzt, umklammert. Übrigens sind die hintern Gliedmaßen sehr vielgestaltig (Fig. 2). Man unterscheidet in erster Linie die bis zur Fußbeuge befiederten Gang- und die im Bereich der Schiene teilweise oder völlig nackten Watbeine. Erstere sind entweder Klammerfüße (die vier Zehen nach vorn gerichtet), oder Kletterfüße (zwei Zehen nach vorn, zwei nach hinten), oder Wandel-, Schreit-, Sitz- und Spalt-^[folgende Seite]