Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Währung

334

Währung (Gold-, Silber-, Doppel-W., gemischte W. etc.).

berpreis durch den Bimetallismus wieder gehoben werden, so würden die Länder, welche verhältnismäßig große Mengen an Silber besitzen und erzeugen, zunächst gewinnen, so insbesondere Frankreich und Nordamerika, in welch letzterm Lande die Bewegung zu gunsten des Bimetallismus die mächtigste Stütze findet. Anders liegt die Sache in mehreren Ländern der Goldwährung, insbesondere in England, auf dessen Beitritt nicht zu hoffen ist. Wollte ein einzelnes Land zur Doppelwährung übergehen, so würde dies zur Folge haben, daß dasselbe sofort von den billigern Metallen überschwemmt würde. Denn es ist als eine wesentliche Forderung für Doppelwährung und Bimetallismus aufgestellt worden, daß Privaten edles Metall in unbeschränkter Menge in Münzen umgeprägt würde. Ein derartiges freies Prägungsrecht besteht zur Zeit nirgends für beide Metalle zugleich. Frankreich sah sich veranlaßt, die Silberprägung wegen der Preiserniedrigung des Silbers zu suspendieren. Man hat deshalb dort die sogen. hinkende W. (étalon boiteux), d. h. eine W., bei welcher beide Metalle Zahlmittel in unbegrenzter Menge sind, während von dem einen nur eine beschränkte Menge vorhanden ist. Eine solche hinkende W. besteht auch heute in Holland, in Nordamerika infolge der Blandbill (s. d.), dann in Deutschland. Die in Deutschland noch vorhandenen Thaler (etwa für 450 Mill. Mk.), welche im Verhältnis von 1:15,5 ausgeprägt sind, sind gesetzliches Zahlmittel ebenso wie die Goldmünzen.

Ein weitere Schwierigkeit besteht in der Bestimmung des Preisverhältnisses, in welchem Gold und Silber ausgeprägt werden sollen. Dasjenige des lateinischen Münzbundes (1:15,5) würde nicht mehr anzunehmen sein, weil der Silberpreis in den letzten 15 Jahren erheblich gesunken ist. Derselbe war im Durchschnitt:

Pence für 1 Unze Standard oder 1 kg Gold = kg Silber

1851-60 61,25 15,40

1871-75 59,02 15,98

1876-80 52,45 17,98

1882 51,81 18,20

1884 50,68 18,61

1886 45,67 20,65

1888 42,88 21,99

Ursachen dieser Preisminderung sind: 1) Die Zunahme der Silbergewinnung, insbesondere im Westen von Nordamerika. Nevada produzierte Mitte der 60er Jahre 450,000 Pfd., 1870: 750,000, 1875: 2,700,000, 1886 noch über 2 Mill. Pfd. 2) Minderung der Goldgewinnung, welche seit Ende der 50er Jahre bis Mitte der 80er Jahre ziemlich stetig zurückgegangen ist (vgl. Edelmetalle, S. 308). 3) Zunahme der Nachfrage nach Gold bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Silber für Münzzwecke unter Angebot entbehrlich gewordenem Silbers durch die Länder, welche ihre W. änderten. Nach Ostasien wurden abgesetzt im Durchschnitt jährlich 1857-60: 2,9 Mill. Pfd. Silber, 1866-75 nur 1,1 Mill. Pfd. Deutschland, Skandinavien und Holland suchten ihr seitheriges Währungssilber zu verkaufen, Nordamerika und der lateinische Münzbund minderten die Ausprägung von Silber.

Gesetzlich ist die Goldwährung eingeführt in England seit 1816, nachdem dieselbe infolge zu hoher Tarifierung des Goldes bei der Ausmünzung und dadurch veranlaßter Silberausfuhr sich thatsächlich schon früher ausgebildet hatte. Dann besteht sie in Australien, Malta, Kapland, Natal, Kanada, Portugal, Chile, Brasilien, Persien. Sie wurde eingeführt an Stelle der Silberwährung im Deutschen Reich durch Gesetze von 1871, bez. 1873, in Skandinavien auf Grund von 1872, 1873 und 1875 abgeschlossenen Verträgen. In den Niederlanden und in den niederländischen Kolonien bestand seit 1816 die Doppelwährung, 1847 wurden die Goldmünzen eingezogen und demonetisiert, so daß infolgedessen sich eine reine Silberwährung ausbildete, während seit 1874 wieder die Silberausprägung eingestellt wurde. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika führten 1792 gesetzlich die Doppelwährung ein mit einem Preisverhältnis von 1:15, welches 1834 und 1857 zwar abgeändert wurde, ohne daß jedoch dem Verschwinden des Silbers vorgebeugt werden konnte. 1866 wurde die Annahme der Goldwährung beschlossen, 1873 der Golddollar zur Münzeinheit erklärt; die Silberprägung sollte nur für Scheidemünzen stattfinden, während sonst den Privaten die Ausprägung der Tradedollar (Handelsmünze für den Verkehr mit Ostasien) gestattet wurde. Infolge der Agitation der Silberpartei wurde 1878 die Bland- (Allison-) Bill erlassen. Die Silberdollars, von welchen monatlich 2-4 Mill. geprägt werden durften, wurden wieder zum unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Bis 1887 wurden bereits 250 Mill. Doll. Silberkurant ausgeprägt. Die Silberwährung besteht zur Zeit in Österreich-Ungarn und Rußland (allerdings wesentlich beeinflußt durch die Papiergeldwirtschaft), dann in Mexiko, Zentralamerika, Ceylon, Mauritius, Ostindien, China. Die Doppelwährung ist eingeführt in Spanien, Peru, Ecuador, Neugranada, dann besteht sie als hinkende W. in den Ländern des lateinischen Münzbundes: Frankreich, Belgien, Italien, Schweiz, Griechenland und Rumänien.

Als gemischte W. bezeichnet man diejenige, bei welcher ein Metall Währungsmetall ist, während die aus dem andern Metall geprägten Münzen zu einem festen oder von Zeit zu Zeit festgesetzten Kurs, dem Kassenkurs, an öffentlichen Kassen an Zahlungs Statt angenommen werden, so daß sie infolgedessen thatsächlich auch im allgemeinen Verkehr als Zahlmittel verwandt werden. Parallel- oder Simultanwährung wird derjenige Zustand des Münzwesens genannt, bei welchem Kurantmünzen aus beiden Metallen geprägt werden, während die Bestimmung des Preisverhältnisses zwischen beiden dem Verkehr überlassen wird. Im Nordwesten von Deutschland bestand früher die Sitte, gewisse Arten von Verträgen in Gold abzuschließen, wobei der Thaler Gold höher als der Thaler Silber gerechnet wurde. Eine Barrenwährung bestand früher in Hamburg, indem an der dortigen Girobank nach Mark Banko, einem bestimmten Silbergewicht, gerechnet und Silbermünzen nach ihrem wirklichen Metallgehalt auf solche Mark Banko umgerechnet wurden. Eine Papierwährung entsteht dann, wenn Papiergeld mit der Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlmittels in zu großer Menge ausgegeben wird, so daß der Kurs unter Pari sinkt. Im Verkehr wird dann immer nach Papiergeld gerechnet. Auch die Scheidemünzen gelten für dasselbe, während metallisches Kurantgeld, soweit es sich noch im Land erhält, ein Agio erlangt (vgl. Papiergeld und Agio).

Aus der reichhaltigen Litteratur vgl. Soetbeer, Die hauptsächlichsten Probleme der Währungsfrage (Jena 1880); Derselbe, Zur Statistik der Edelmetalle (das. 1881, 3 Tle.); Derselbe, Materialien zur Erläuterung und Beurteilung der Edelmetallverhältnisse und der Währungsfrage (Berl. 1885); »Die Währungsfrage im deutschen Handelstag« (das. 1881); Burchard, Report of the Director of the Mint