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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wall; Wallace

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Wall - Wallace.

Schwäne verwandeln zu können (s. Schwanjungfrauen). Oft wählen sie sich edle Helden zu Geliebten. So ist Brunhilde im nordischen Heldenlied eine Walküre. Häufig werden die W. mit den Nornen verwechselt, wozu der Umstand Anlaß gab, daß sie auf den Sieg Einfluß haben, also gewissermaßen auch Schicksalsgöttinnen sind. Die meisten Namen der W. beziehen sich auf Krieg und Schlacht. Vgl. Golther, Studien zur germanischen Sagengeschichte I: Der Valkyrjenmythus (Münch. 1889).

Wall (Wahl), eine Zahl von 80 Stück (z. B. Heringe).

Wall (lat. vallum), Erdanschüttung, welche den Hauptteil eines Festungswerkes bildet. Die obere Fläche trägt nach dem Feind zu die Brustwehr, hinter ihr den Wallgang zur Aufstellung von Geschützen und zum Verkehr. Vgl. Hauptwall und Festung.

Wallace (spr. uóllis), 1) Sir William, schott. Freiheitsheld, geb. 1276 aus anglonormännischem Geschlecht, war der Sohn des Ritters Sir Malcolm W. von Elderslie, unfern vom Clyde. Als 19jähriger Jüngling erschlug er einen englischen Beamten, der ihn beleidigt hatte, floh in die Wildnis, sammelte die herumirrenden Gearteten und überfiel die englischen Besatzungen in Städten und Schlössern. Mit der Zahl seiner Kampfgenossen wuchs sein Mut. Überall, wo er erschien, erhob sich das Volk gegen die englische Gewaltherrschaft; auch viele Große schlossen sich ihm an. Nachdem er ein von Eduard I. nach Schottland gesandtes Heer 11. Sept. 1297 in der Nähe von Stirling am Forthfluß aufs Haupt geschlagen hatte, nahm er Dundee und Edinburg und ließ sich vom schottischen Parlament als Statthalter König Baliols anerkennen; im Oktober fiel er sogar in die nördlichen Provinzen Englands ein und kehrte mit ansehnlicher Beute zurück. Als aber König Eduard mit einem starken Heer in Schottland eindrang, konnten die Schotten keinen Widerstand leisten, zumal W. als der Sohn eines einfachen Edelmanns von den schottischen Großen doch auf die Dauer keine ausreichende Unterstützung erhielt. Sein Heer wurde 22. Juli 1298 bei Falkirk von Eduard trotz tapferster Gegenwehr unter großen Verlusten völlig auseinander gesprengt; W. begab sich nach Frankreich. Nach dem Frieden von Chartres kehrte er 1303 wieder nach Schottland zurück und beteiligte sich aufs neue an dem Kampf gegen England. Von dem Vergleich, den die Großen 1304 mit Eduard schlossen, wurde W. ausgeschlossen; er wurde geächtet und fiel im Sommer 1305, nachdem er lange allen Verfolgungen entgangen war, durch Verrat den Engländern in die Hände. Als Hochverräter zum Tod verurteilt, wurde er 23. Aug. 1305 auf Tower Hill martervoll hingerichtet. Sein Ruhm lebte in den Liedern seines Volkes fort; eins der berühmtesten dieser Lieder, das des Barden Blind Harry aus der Mitte des 16. Jahrh., erschien 1790 zu Perth. Vgl. Watson, W., the Scottish hero (Lond. 1861); Paterson, The hero of Scotland (neue Ausg. 1864).

2) Alfred Russell, Naturforscher, geb. 8. Jan. 1822 zu Ush in Monmouthshire, bildete sich bei seinem Bruder zum Landvermesser und Ingenieur, ward 1844 Schullehrer in Leicester und 1846 in Wales, ging 1848 mit Bates nach Para, verlebte vier Jahre im Thal des Amazonas und kehrte 1852 nach England zurück, verlor aber unterwegs durch eine Feuersbrunst auf dem Schiff seine Sammlungen und Manuskripte. 1854 ging W. nach dem Malaiischen Archipel, durchforschte denselben acht Jahr lang von Malakka bis Neuguinea und kehrte mit einer Sammlung von mehr als 125,000 naturwissenschaftlichen Gegenständen nach London zurück, wo er seitdem, mit der Verwertung seiner Erfahrungen und Beobachtungen beschäftigt, lebt. Wallaces Reisen und besonders die asiatischen sind für fast alle Gebiete der Naturwissenschaft, für Ethnologie und Geographie höchst bedeutend gewesen; er zeigte, daß der Malaiische Archipel in geologischer, botanischer und zoologischer Hinsicht in zwei äußerst scharf voneinander getrennte Hälften, in einen asiatischen und australischen Teil, zerfällt, legte die ethnologischen Verhältnisse der Inselwelt klar, sammelte Vokabularien von 75 Dialekten und machte zahlreiche Schädelmessungen. Nicht minder reich waren die zoologischen Ergebnisse, welche z. B. über die Paradiesvögel und den Orang-Utan wichtige Aufklärungen ergaben, besonders aber auch für die Biologie alsbald sehr belangreich wurden. Die Beobachtungen in der Tropenwelt führten ihn nämlich auf Untersuchungen über die Entstehung der Arten, und schon 1855 verfaßte er auf Borneo eine Arbeit, welche mit diesem Thema sich beschäftigt. 1858 entwickelte er in einer zweiten Abhandlung seine Ideen über die Naturzüchtung und sandte dieselbe an Lyell zur Veröffentlichung. Diese Arbeit (»Über die Tendenz der Varietäten, unbegrenzt von dem Originaltypus abzuweichen«) gab Darwin den Anstoß zur Veröffentlichung seiner Theorie, deren ersten Entwurf er bereits 1844 niedergeschrieben hatte. W. weicht in mancher Hinsicht nicht unerheblich von Darwin ab, aber er ist einer der genialsten Mitbegründer der Selektionstheorie und hat dieselbe durch zahlreiche Untersuchungen wesentlich gefördert. Später wandte er sich auch der geographischen Verbreitung der Tiere zu und suchte die Thatsachen durch begründete Gesetze der physischen und organischen Veränderung zu erklären. Er schrieb: »Travels on the Amazon and Rio Negro« (Lond. 1853, neue Aufl. 1870); »Palm Trees of the Amazon« (das. 1853); »Malay Archipelago« (1869, 4. Aufl. 1880, 2 Bde.; deutsch, Braunschw. 1869); »Contributions to the theory of the natural selection« (2. Aufl. 1872; deutsch, Erlang. 1870); »Geographical distributions of animals« (1876, 2 Bde.; deutsch von A. B. Meyer, Dresd. 1876); »Tropical nature, and other essays« (1878; deutsch, Braunschw. 1879); »Australasia« (1879, 5. Aufl. 1888); »Island life« (1880); »Darwinism, an exposition of the theory of natural selection« (1889). Mit Crookes und einigen andern englischen Naturforschern ist W. in mehreren Schriften (deren neueste: »Miracles and modern spiritualism«, 2. Aufl. 1881) auch für den Spiritismus eingetreten. In dem Werk »Land nationalization, its necessity and its Aims« (1882 u. öfter) empfahl er eine Umgestaltung der grundbesitzlichen Verhältnisse durch Staatshilfe, für welche Idee die neugegründete Land Nationalization Society, deren Präsident W. ist, eintrat. Vgl. A. B. Meyer, Charles Darwin und W. (Erlang. 1870).

3) Sir Donald Mackenzie, engl. Schriftsteller, geb. 11. Nov. 1841 zu Paisley in Schottland, studierte zu Glasgow und Edinburg, widmete sich in Edinburg, Paris, Berlin und Heidelberg dem Studium der Rechte und erlangte an der letztern Universität den Doktorgrad. Im Dezember 1869 kehrte er in seine Heimat zurück und ging 1870 nach St. Petersburg. Abwechselnd in der Hauptstadt, in Moskau, in Jaroslaw lebend und vielfache Reisen unternehmend, widmete sich W. nahezu sechs Jahre hindurch dem Studium der sozialen und politischen Ver-^[folgende Seite]