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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wilhelm

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Wilhelm (England, Hessen).

Niederlanden. Mit Rüstungen zum Kriege gegen Frankreich beschäftigt, starb er 19. März 1702 an den Folgen eines Sturzes mit dem Pferd. Mit ihm erlosch die ältere berühmte Linie des Hauses Oranien, deren Besitzungen Preußen erbte. In England folgte ihm seine Schwägerin Anna. Die Begründung des modernen parlamentarischen Regierungssystems in England und die Beseitigung des französischen Übergewichts in Europa sind zum großen Teil das Ergebnis der Regierung und das persönliche Verdienst Wilhelms III. Vgl. Belsham, Memoirs of the reign of king William III. and queen Anne (Lond. 1803, 2 Bde.); Trevor (Lord Dungannon), Life and times of William III. (das. 1835-36, 2 Bde.); Vernon, Court and times of William III. (das. 1841, 3 Bde.); Traill, William the third (das. 1888).

11) W. IV. Heinrich, König von England, dritter Sohn Georgs III., geb. 21. Aug. 1765, trat 1778 als Seekadett in die britische Marine, nahm 1780 und 1781 an verschiedenen Seegefechten gegen spanische und französische Schiffe teil, ward 1785 zum Schiffsleutnant und 1786 zum Kommandeur der Fregatte Pegasus befördert. Bei der Rückkehr nach England erhielt er 1788 den Titel eines Herzogs von Clarence und St. Andrews sowie eines Grafen von Munster. Als 1789 ein Krieg mit Spanien drohte, wurde er Befehlshaber eines Schiffs von 74 Kanonen und 3. Dez. zum Konteradmiral ernannt. Wiewohl er von Stufe zu Stufe stieg, durfte er sich doch seitdem nicht mehr an kriegerischen Unternehmungen beteiligen. Um 1790 trat er in ein Verhältnis zu der irischen Schauspielerin Dora Jordans, die ihm zehn Kinder gebar, 1811 aber von ihm verlassen wurde. Der Herzog verheiratete sich hierauf 11. Juli 1818 mit Adelheid, Prinzessin von Sachsen-Meiningen, und lebte meist zurückgezogen auf seinem Landsitz Bushy Park bei London. 1827 wurde er zum Großadmiral des Reichs ernannt, nahm aber, wegen seiner liberalen Haltung mit dem Ministerium Wellington in Zwiespalt geraten, im August 1828 seine Entlassung. 1829 erklärte er sich im Oberhaus für die Katholikenemanzipation. Durch den Tod seines Bruders Georg IV. 26. Juni 1830 auf den Thron berufen, vertraute er nach kurzem Schwanken im November das Staatsruder den Händen der Whigs an, die nach langen Kämpfen im Juni 1832 die Parlamentsreform durchsetzten. Diese Maßregel, sodann die Reform der englischen Städteordnung, die heftigen Kämpfe um die irische Kirchenzehnten- und Städtebill machten Wilhelms Regierung zu einer ebenso bedeutungsvollen wie bewegten. W. starb an der Brustwassersucht in der Nacht vom 19. zum 20. Juni 1837. Da seine einzige legitime Tochter bald nach der Geburt wieder gestorben war, folgte ihm seine Nichte Viktoria auf dem Thron, in Hannover aber, welchem Land er 1831 eine den Zeitbedürfnissen angemessene Verfassung und Landesverwaltung gegeben hatte, sein Bruder Ernst August. Für seine ihm von der Jordans gebornen Kinder hatte er nach seiner Thronbesteigung gut gesorgt. Der älteste, George Fitzclarence (geb. 29. Jan. 1799, gest. 20. März 1842), erhielt 1831 den Titel eines Grafen von Munster, und dessen ältester Sohn, William George Fitzclarence, geb. 19. Mai 1824, ist der gegenwärtige Graf von Munster; der zweite Sohn Wilhelms, Lord Frederick Fitzclarence, geb. 1799, starb als Oberbefehlshaber in Bombay 30. Okt. 1854; der dritte, Lord Augustus Fitzclarence, trat in den geistlichen Stand und starb 14. Juni 1854. Vgl. Huish, Reign and life of William IV. (Lond. 1837); Wright u. Watkin, Life and reign of W. IV. (das. 1844); Fitzgerald, Life and times of W. IV. (das. 1884, 2 Bde.).

[Hessen.] 12) W. IV., der Weise, Landgraf von Hessen-Kassel, Sohn Philipps des Großmütigen, geb. 14. Juni 1532, widmete sich von Jugend auf mit Vorliebe mathematischen Studien, später astronomischen Beobachtungen, für die er 1561 auf einem Thor Kassels einen besondern Turm errichtete. Er folgte seinem Vater 1567 in Kassel und ward Stifter der Kasseler Linie. Er starb 25. Aug. 1592. Einen Teil der Beobachtungen Wilhelms gab Snellius unter dem Titel: »Coeli et siderum observationes Hassiae J. P. Wilhelmi« ^[richtig: »Coeli et siderum in eo errantium Observationes Hassiacae, Ill. Principis Wilhelmi Hassiae Lantgravii auspicijs quondam institutae«] (Leid. 1618) heraus; die meisten aber finden sich ungedruckt in der Bibliothek zu Kassel.

13) W. V., Landgraf von Hessen-Kassel, geb. 14. Febr. 1602, Sohn des Landgrafen Moritz, folgte nach dessen Abdankung 1627 in der Regierung. Er war ein eifriger Anhänger des Protestantismus und begab sich 1631 zu Gustav Adolf in das Feldlager zu Werben, wo er mit demselben ein Bündnis abschloß zur Verteidigung des Glaubens. Er stellte darauf ein nach schwedischem Muster geschultes treffliches Heer auf, mit dem er für die evangelische Sache an der Seite der Schweden tapfer focht. Nach Gustav Adolfs Tod und der Niederlage der Schweden bei Nördlingen, ward er aber von der Übermacht der Kaiserlichen aus seinem Land vertrieben und starb schon 21. Sept. 1637 in Leer in Ostfriesland. Ihm folgte in der Regierung seine Witwe Amalie Elisabeth.

14) W. I., erster Kurfürst von Hessen, Sohn des Landgrafen Friedrich II. und der Maria, Tochter Georgs II. von England, geb. 3. Juni 1743 zu Kassel, erhielt, da sein Vater 1749 zur katholischen Kirche übergetreten war, beim Tod seines Großvaters W. VIII. 1760, bis 1764 unter Vormundschaft seiner Mutter, die Grafschaft Hanau, studierte in Göttingen und lebte während des Siebenjährigen Kriegs am Hof seines Oheims, des Königs Friedrich V. von Dänemark, mit dessen Tochter Wilhelmine Karoline er sich 1764 vermählte. 1776 verkaufte er an England seine Truppen zur Bekämpfung der im Aufstand begriffenen nordamerikanischen Kolonien. 1778 nahm er als preußischer Generalmajor an dem bayrischen Erbfolgekrieg teil und folgte 1785 seinem Vater als Landgraf W. IX. in der Regierung von Hessen-Kassel. Er verwaltete das Land mit Eifer und Sparsamkeit, beseitigte viele Mißbräuche, führte schöne Bauten auf und that viel für Verbesserung des Kirchen- und Schulwesens, drückte aber das Land auch vielfach, namentlich seit der französischen Revolution, durch Härte, Geiz und seine Vorliebe für das Militär, welches er zum großen Teil an England vermietete. Am französischen Revolutionskrieg beteiligte er sich auf der Seite Preußens, eroberte 22. Dez. 1792 Frankfurt a. M. wieder und ließ 1793 seine Truppen, 12,000 Mann stark und im englischen Sold, in Flandern aufs neue gegen die Franzosen kämpfen. Für das geringe Gebiet auf dem linken Rheinufer, das er 1795 verlor, wurde er 1803 nebst der Kurwürde, die er unter dem Namen W. I. 15. Mai annahm, durch mehrere kurmainzische Ämter und die Reichsstadt Gelnhausen entschädigt. Da er sich, 1806 an Preußen anschloß, ohne jedoch seine Truppen mit der preußischen Armee zu vereinigen, besetzten nach der Schlacht bei Jena die Franzosen sein Land, worauf er 1. Nov. nach Holstein floh. Als nach dem Frieden zu Tilsit seine Länder mit dem Königreich Westfalen vereinigt wurden, wendete er sich nach Prag und machte 1809 einen vergeblichen Versuch, sein Land wiederzuerobern. Erst 21. Nov. 1813 zog er, von