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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wilsdruff; Wilsnack; Wilson

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Wilsdruff - Wilson.

königin Jadwiga 1386 mit Polen vereinigt und in der zweiten Teilung Polens von Rußland erworben wurde.

Die gleichnamige Hauptstadt, am Einfluß der Wileika in die Wilija, Knotenpunkt der Eisenbahnen St. Petersburg-Warschau und W.-Rowno, hat zwei große Vorstädte (Antokolla und Rudaischka), enge und unregelmäßige Straßen, 18 Plätze, 35 kath. Kirchen (darunter die 1387 erbaute Kathedrale mit dem Grab des heil. Kasimir, die große Johanniskirche und die prächtige Peterskirche), 3 griechisch-russische, 2 protest. Kirchen, 2 Synagogen, eine Moschee, mehrere katholische und 2 russische Klöster, ein verfallenes Schloß, ein kaiserliches Palais, das Oginskische Palais (Sitz der Gouvernementsbehörden), ein Theater und (1885) 102,845 Einw. (darunter viele Juden). Unter den zahlreichen Unterrichtsanstalten sind zu nennen: die theologische römisch-katholische Akademie mit Bibliothek, die litauisch-orthodoxe geistliche Akademie, die Rabbinerschule, 2 klassische Gymnasien, ein Progymnasium, eine Realschule, ein Lehrerinstitut, 2 Mädchengymnasien, ein Priesterseminar und 3 hebräische Schulen. Die 1576 gestiftete und vom Kaiser Alexander I. erneuerte Universität wurde nach dem polnischen Aufstand 1832 aufgehoben und das meiste von der Bibliothek, Sternwarte, dem anatomischen Kabinett und sonstigen Sammlungen nach St. Petersburg und Kiew gebracht. W. besitzt ein Museum für Altertümer, ein Taubstummeninstitut, Findelhaus, 5 Tabaksfabriken mit einer Jahresproduktion von ¼ Mill. Rub., Gerberei, Branntweinbrennereien und lebhaften Handel. Es ist der Sitz des Generalgouverneurs, des 2 Armeekorpskommandos, eines Zivilgouverneurs, eines katholischen Bischofs, eines lutherischen Konsistoriums und eines Lehrbezirks. - W. (deutsch früher Zur Wilden oder Wildau genannt) ist sehr alt, war in heidnischer Zeit ein heiliger Ort und wurde 1322 vom Großfürsten Gedimin von Litauen zur Residenz erhoben. 1387 ließ Jagello hier das Christentum einführen und an der Stelle des heidnischen Haupttempels die Kathedrale errichten. Denkwürdig ist die Belagerung Wilnas 1399 durch den Großmeister des Deutschen Ordens, Konrad von Wallenrod. Seit 1569 fanden sich hier Jesuiten ein, welche ein Kollegium gründeten, das Stephan Báthori 1578 in eine Akademie verwandelte. 1795 kam W. mit ganz Litauen an Rußland. Beim Beginn des Kriegs von 1812 besetzte Napoleon I. die Stadt und organisierte von hier aus den litauischen Aufstand. Im Juni 1831 fanden hier zwei Treffen zwischen den Russen und Polen statt. Während der polnischen Insurrektion 1863/64 leitete Murawjew von W. aus mit großer Strenge die Unterdrückung derselben.

Wilsdruff, Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, Amtshauptmannschaft Meißen, an der Linie Potschappel-W. der Sächsischen Staatsbahn, hat 2 Kirchen, ein altes Schloß, ein Amtsgericht, Holzstricknadel-, Möbel-, Leim- und Stockfabrikation, Ziegeleien und (1885) 2747 fast nur evang. Einw.

Wilsnack, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Westpriegnitz, an der Linie Berlin-Buchholz der Preußischen Staatsbahn, 31 m ü. M., hat eine evang. Kirche, Pferdemärkte u. (1885) 2179 Einw. W., zuerst 1300 erwähnt, gewann durch das sogen. Wunderblut (aus 3 Hostien, welche nach dem Brand von 1383 unversehrt aufgefunden wurden) große Berühmtheit und war trotz der Anfechtung durch Joh. Huß lange ein sehr besuchter Wallfahrtsort. 1471 erhielt W. Stadtrecht. 1552 verbrannte der evangelische Prediger Ellefeld die angeblich blutigen Hostien.

Wilson, 1) Alexander, Ornitholog, geb. 6. Juli 1766 zu Paisley in Schottland, erlernte die Weberei, suchte sich aber nebenbei geistig auszubilden und versuchte sich als Dichter. Sein Gedicht »Watty and Meg« (1792) gehört zu den besten Erzeugnissen der schottischen Muse. Als Mitglied der Gesellschaft der Volksfreunde der Polizei verdächtig geworden, wanderte er um 1794 nach Amerika aus, wo er später als Schullehrer in verschiedenen Orten Pennsylvaniens wirkte. Der Naturforscher Bertram und der Kupferstecher Lawson weckten sein Talent für Naturforschung. Nachdem er mehrere Wanderungen gemacht, begann er 1806 die Vorarbeiten zu seiner vortrefflichen »American ornithology«, deren 1. Band 1808 zu Philadelphia erschien, und die er bis zum 7. Band fortgesetzt hatte, als er 23. Aug. 1813 in Philadelphia starb. Das Werk wurde nach Wilsons Tod aus seinen Sammlungen von Ord fortgeführt (Bd. 8 u. 9, 1814) und von Lucian Bonaparte durch 4 Supplementbände (1825-33) ergänzt (neue Ausg. 1876, 3 Bde.). Eine Sammlung seiner Dichtungen und kleinern Schriften gab Grosart heraus (Lond. 1876, 2 Bde.). 1874 wurde ihm zu Paisley eine Statue errichtet. Sein Leben beschrieben Peabody (in Sparks »American biography«), Brightwell (Lond. 1860), Paton (das. 1863) u. a.

2) Sir Robert Thomas, brit. General, geb. 17. Aug. 1777 zu London, trat im März 1793 als Kornett in die britische Armee und zeichnete sich im Feldzug von 1794 in Flandern mehrfach aus; namentlich rettete er in dem Treffen bei Cambrai (24. April) den Kaiser Franz II. vor der Gefahr, gefangen genommen zu werden. Bald darauf zum Hauptmann ernannt, diente er 1795 in Irland, begleitete 1799 den Herzog von York auf seiner zweiten Expedition nach Holland, folgte 1801 als Major dem General Abercromby nach Ägypten (vgl. »Historical account of the British expedition to Egypt«, 4. Aufl., Lond. 1802, 2 Bde.), ging 1805 nach Brasilien und nahm im Januar 1806 an der Eroberung des Kaps der Guten Hoffnung teil. Im November 1806 begleitete er den General Hutchinson nach Petersburg, trat als Volontär in die russische Armee und wohnte den meisten Gefechten im Kriege gegen Frankreich bei (vgl. »Account of the campaigns in Poland in 1806 and 1807, with remarks on the character and composition of the Russian army«, Lond. 1811). Beim Ausbruch des Kriegs in Spanien (1808) organisierte er die lusitanische Legion, welche unter seiner Führung der englischen Armee wesentliche Dienste leistete. 1810 ward er zum Obersten befördert. Im Feldzug von 1812 befand er sich als militärischer Berichterstatter seiner Regierung im russischen, im Feldzug von 1813 in gleicher Stellung meist im österreichischen Hauptquartier. Seine Mitwirkung zur Rettung des nach der zweiten Restauration der Bourbonen zum Tod verurteilten französischen Generals Lavalette zog ihm (1816) eine dreimonatliche Haft zu. Im Juli 1816 nach London zurückgekehrt, ward er vom Volk mit Enthusiasmus empfangen, obschon ein Tagesbefehl des Prinz-Regenten vom 10. Mai sein Benehmen wegen Mißbrauchs der englischen Uniform getadelt hatte. W. widmete sich nun wieder schriftstellerischen Arbeiten und schrieb unter anderm: »A sketch of the military and political power of Russia in the year 1817« (Lond. 1817). 1818 ging er nach Südamerika, geriet aber mit Bolivar bald in Konflikt, kehrte zurück und trat 1819 für Southwark ins Unterhaus, wo er, im liberalen Sinn wirkend, ausgezeichnetes Rednertalent bekundete. Sein Eintreten