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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Witte

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Witte.

van Putten, der, eines Mordanschlags gegen den Prinzen von Oranien fälschlich beschuldigt, in das Gefängnis geworfen worden war, in diesem besuchte, entstand ein Volksauflauf, der Pöbel erbrach das Gefängnis und brachte beide Brüder auf grausame Weise (sie wurden buchstäblich in Stücke gerissen) ums Leben. Die Generalstaaten forderten vom Statthalter Untersuchung und Bestrafung der Mörder, die aber nie erfolgte. Die »Mémoires de Jean de W.« (Regensb. 1709) sind nur eine französische Bearbeitung von de la Courts »Aanwysing der heilsame politike gronden en maximen van de Republike van Holland« (Leid. 1671), von der W. bloß einige Kapitel geschrieben hat. Vgl. »Brieven van J. de W.« (Haag 1723-25, 6 Bde.); Simons, Johan de W. en zijn tijd (Amsterd. 1832-36, 3 Bde.); Knottenbelt, Geschiedenis der staatkunde van J. de W. (das. 1862); Geddes, History of the administration of John de W. (Lond. 1879, Bd. 1); Lefèvre-Pontalis, Jean de W., grand-pensionnaire de Hollande (Par. 1884, 2 Bde.).

2) Franz Xaver, um die katholische Kirchenmusik verdienter Geistlicher, geb. 9. Febr. 1834 zu Walderbach in der Oberpfalz, wurde 1856 zum Priester geweiht, darauf als Lehrer des Chorgesangs in das Klerikalseminar zu Regensburg berufen, 1865 Präses der Marianischen Kongregation, 1867 Inspektor des Studienseminars und Chordirektor zu St. Emmeran, 1873 Pfarrer in Schatzhofen bei Landshut und starb 2. Dez. 1888. Er hat sich durch erfolgreiches Wirken, besonders aber durch die Begründung des Allgemeinen deutschen Cäcilienvereins (s. Cäcilienvereine), dessen Generalpräses er war, und die Herausgabe mehrerer diesem Zweck gewidmeter Zeitschriften (»Fliegende Blätter für katholische Kirchenmusik«, Regensb. 1866 ff.; »Musica sacra«, 1868 ff.) um die Reorganisation des katholischen Kirchengesangs hohe Verdienste erworben und war auch selbst als Komponist von Messen und Motetten thätig. Vgl. Kistler, Dr. Franz W. (2. Aufl., Kissing. 1889); Walter, Dr. F. W. (Regensb. 1889).

Witte, 1) Pieter de, genannt Candido, niederländ. Maler und Bildhauer, geboren um 1548 zu Brügge, kam frühzeitig mit seinen Eltern nach Florenz, soll dort bei Vasari gelernt haben, dessen Mitarbeiter er bei verschiedenen dekorativen Malereien in Rom und Florenz war, und nahm den Namen Candido (Weiß) an, den er fortan beibehielt. 1586 wurde er von dem Herzog Wilhelm V. von Bayern nach München berufen, wo er eine reiche Thätigkeit als Maler, Zeichner, Dekorateur und Bildhauer entfaltete. 1602 wurde er Hofmaler des Herzogs Maximilian. Er starb 1628 in München. Seine Thätigkeit als Bildhauer erstreckte sich zumeist auf die Anfertigung von Entwürfen zu Denkmälern und dekorativen Arbeiten, die von Hans Krumper in Erz gegossen wurden. Die hervorragendsten sind: zwei Portale und eine Madonna an der Vorderseite der alten Residenz, der Brunnen mit der Statue Ottos von Wittelsbach im vordern Hof daselbst, das Grabdenkmal Kaiser Ludwigs in der Frauenkirche und die Madonna auf der Mariensäule zu München. W. hat ferner zahlreiche Wand- und Deckengemälde in der Münchener Residenz und im Schloß zu Schleißheim sowie eine Reihe von Altarbildern für Kirchen in München, Freising, Augsburg u. a. O. gemalt, unter denen die Himmelfahrt Mariä in der Frauenkirche zu München das bedeutendste ist. Vgl. Rée, Peter Candid (Leipz. 1885).

2) Emanuel de, niederländ. Maler, geb. 1607 (oder 1617) zu Alkmar, trat 1636 in die dortige Malergilde, war von 1642 bis 1649 in Delft thätig und nahm dann seinen Wohnsitz in Amsterdam, wo er 1692 starb. Er war ein ausgezeichneter Architekturmaler, der hauptsächlich das Innere von reformierten und katholischen Kirchen Hollands, seltener Ansichten von Straßen und Plätzen malte. Bilder von ihm, deren Hauptreiz in der feinen Lichtwirkung liegt, befinden sich in den Museen von Amsterdam, Brüssel, Berlin (die Synagoge von Amsterdam), Braunschweig, Hamburg, Rotterdam (der Amsterdamer Fischmarkt) und Weimar.

3) Karl, Rechtsgelehrter u. ausgezeichneter Danteforscher, geb. 1. Juli 1800 zu Lochau bei Halle, machte schon in früher Jugend, namentlich in den Sprachen, so aufsehenerregende Fortschritte (vgl. die pädagogisch wichtige Schrift seines Vaters: »Karl W. der jüngere, oder Erziehungs- und Bildungsgeschichte desselben« Leipz. 1819, 2 Bde.), daß er den Namen »Wunderkind« erhielt. Bereits im Januar 1810 als Student der Universität Leipzig immatrikuliert, bezog er auf Wunsch des Königs Hieronymus von Westfalen die Universität Göttingen und schrieb hier im zwölften Jahr eine lateinische Schrift über die Konchoide des Nikomedes, eine Kurve des vierten Grades, wodurch er sich im April 1814 zu Gießen die philosophische Doktorwürde erwarb. Außerdem studierte er alte und neue Sprachen, Geschichte, Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie, sodann als Pensionär des Königs von Preußen zu Heidelberg die Rechte, Diplomatik und Kameralwissenschaften. Nach seiner Rückkehr (1816) wollte er sich an der Universität zu Berlin habilitieren; doch machte ihm die Juristenfakultät wegen seiner Jugend Schwierigkeiten, und das Ministerium bewilligte ihm daher eine Unterstützung zu einer litterarischen Reise. W. widmete sich während eines mehr als zweijährigen Aufenthalts in Italien zum Teil juristischen Forschungen, vorzugsweise aber dem Studium der Kunstgeschichte und italienischen Litteratur. 1823 wurde er außerordentlicher, 1829 ordentlicher Professor der Rechte zu Breslau und später nach Halle versetzt, wo er 1855 zum Ordinarius der Juristenfakultät aufrückte und zum Geheimen Justizrat ernannt ward. Er starb 6. März 1883 daselbst. Von seinen juristischen Arbeiten ist »Das preußische Intestaterbrecht« (Leipz. 1838) hervorzuheben. Seine italienischen Studien, besonders über Dante, sind auch jenseit der Alpen geschätzt. Er übersetzte unter anderm das »Decamerone« des Boccaccio (3. Aufl. Leipz. 1859, 3 Tle.) und mit Kannegießer Dantes »Lyrische Gedichte« (2. Aufl., das. 1842, 2 Bde.) und veranstaltete eine vorzügliche kritische Ausgabe von Dantes »Divina Commedia« (Berl. 1862), der er eine metrische, reimlose Übersetzung dieses Gedichts mit Kommentar (das. 1865; 3. Aufl. 1876, 2 Bde.) sowie Ausgaben von Dantes »De monarchia« (2. Aufl., Wien 1874) und der »Vita nuova« (Leipz. 1876) folgen ließ. Auch bearbeitete er die 5. Auflage von Kannegießers Übersetzung der »Göttlichen Komödie« (Leipz. 1873, 3 Tle.). Außerdem nennen wir von ihm: »Alpinisches und Transalpinisches« (Berl. 1858) und »Dante-Forschungen« (2 Bde., Halle 1869 u. Heilbr. 1879). Die unter dem Protektorat des Königs von Sachsen gegründete deutsche Dante-Gesellschaft hat W. zum eigentlichen Urheber. - Sein Sohn Hermann W., geb. 12. Nov. 1833 zu Breslau, Professor der Rechte in Greifswald, wo er 26. Jan. 1876 starb, schrieb: »Die Bereicherungsklagen des gemeinen Rechts« (Halle 1859) und »Das Interdictum uti possidetis« (Leipz. 1863).

4) Johann de, Architekt, s. De Witte.