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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wolframblau - Wolfsberg.

tisch herausgegeben in Lachmanns Ausgabe Wolframs; San Marte übersetzte sie in »Leben und Dichten Wolframs von Eschenbach« (2. Bd., 1. Buch). In allen sprechen sich lebhaftes und starkes Gefühl und ehrenfeste Gesinnung aus. Von seinen größern Werken ist vor allen »Parzival« (vollendet um 1210) zu nennen. Wolframs Quelle war nach seiner eignen Aussage eine doppelte: er kannte das uns erhaltene Gedicht des Chrétien de Troyes: »Le conte del graal«, außerdem aber ein andres, noch nicht wieder aufgefundenes Werk eines Provençalen, Kyot. W. bezeichnet ausdrücklich Kyots Darstellung als die richtigere. Man hat behauptet, allerdings ohne zwingenden Grund, daß dieser Kyot nur von Wolfram erdichtet sei, um damit seine Abweichungen von Chrétien zu rechtfertigen. Seine Dichtung enthält in den zwei ersten Büchern die Vorgeschichte des Helden, die Geschichte von Parzivals Vater Gahmuret, der, ein jüngerer Sohn des Hauses Anjou, in heidnischen Landen eine Königin, Belakane, erwirbt. Sie gebiert ihm einen Sohn, Feirefiz; er aber, vom Drang nach Abenteuern getrieben, verläßt sie und kehrt nach Frankreich zurück, wo er in Herzeloide eine zweite Gattin findet. Auch von dieser scheidet er und zieht aufs neue gegen die Heiden, um im Kampf mit ihnen zu fallen. Herzeloide gebiert einen Sohn, Parzival, den sie, um ihn vor gleicher Gefahr zu schützen, in der Einöde erzieht. Allein der in ihm schlummernde ritterliche Sinn treibt ihn in die Welt; er kommt an Artus' Hof, erwirbt die schöne Kondwiramur zur Gemahlin, verläßt sie aber, um seine Mutter aufzusuchen. Er gelangt in die Burg des Gral, unterläßt jedoch die den verwundeten Gralkönig Amfortas erlösende Frage. In Artus' Tafelrunde feierlich aufgenommen, erfährt er durch eine Gralbotin seine Schuld und zieht nun aufs neue aus, den Gral zu suchen. Durch den Einsiedler Trevrizent von seinem Zweifel an Gott bekehrt, ist er nach vielen Kämpfen, zuletzt mit seinem Freund Gawan und seinem Halbbruder Feirefiz, endlich würdig, das Gralkönigtum zu erlangen. Einen nicht unbeträchtlichen Teil des Gedichts nehmen die Abenteuer Gawans ein, welcher, der Typus eines höfischen Ritters, einen Gegensatz zu dem innerlich tiefern Parzival bildet. Die auf die höchsten Fragen des Daseins, das Verhältnis des Menschen zu Gott, gerichtete Idee des Gedichts macht dasselbe zu einem psychologischen Roman von hohem Interesse. Ein zweites Gedicht Wolframs ist der unvollendete »Willehalm«, eine Episode aus dem Leben Wilhelms des Heiligen von Orange. Seine Quelle war das altfranzösische Heldengedicht »La bataille d'Aliscans«, welches nur einen Teil des großen Sagencyklus von »Guillaume au court nez« umfaßt. Ulrich von dem Türlin (1253-78) glaubte den »Willehalm« Wolframs von vornherein ergänzen zu müssen, und Ulrich von Türheim (um 1250) dichtete die letzten Thaten, die Mönchwerdung und den Tod Wilhelms hinzu, beides unbedeutende Machwerke. »Willehalm« steht hinter dem »Parzival« weit zurück, obgleich Sprache und Verskunst vorgeschritten erscheinen. Ungleich höher steht wieder der nur in wenigen Bruchstücken vorliegende, von Wolfram selber nicht vollendete »Titurel«, der nicht mit dem »Jüngern Titurel« verwechselt werden darf, als dessen Verfasser W. früher ebenfalls galt. Den eigentlichen Inhalt des ganzen Gedichts sollte wohl die Geschichte der Liebe Schionatulanders und Sigunes bilden, die schon im »Parzival« als eine liebliche Episode hervortritt. Ob der »Titurel« vor oder nach dem »Parzival« falle, ist streitig. Bedeutend ist der Einfluß Wolframs auf spätere Dichter; auch schon bei Wirnt von Grafenberg macht er sich geltend. Ja, W. ward endlich selbst mythische Person, ein Held der deutschen Sage im »Wartburgkrieg«. Einen neuen Aufschwung gewann aber sein Ruhm durch Albrecht von Scharfenberg (s. d.), den Dichter des sogen. »Jüngern Titurel«, der die Fragmente des »Titurel« zu einem großen Gedicht vervollständigte, das unter Wolframs Namen ging. Noch im 15. Jahrh. waren »Parzival« und »Titurel« gelesen und wurden bereits 1477 gedruckt. Dann für Jahrhunderte verschollen, wurden erst in der Mitte des 18. Jahrh., namentlich durch Bodmer und Breitinger, Wolframs Dichtungen wieder bekannt; doch sagte weder des erstern moderne Bearbeitung des »Parzival« (Zür. 1753) noch die des »Wilhelm von Orange« in Hexametern dem Geschmack des größern Publikums zu. Erst die neueste Zeit erhob W. wieder zu der ihm gebührenden Ehrenstelle. Büschings Abhandlung »W., sein Leben und seine Werke«, im »Altdeutschen Museum« von v. d. Hagen und Büsching (Berl. 1809, Bd. 1), enthält neben schätzbarem Material viel Irrtümliches, da sie den »Jüngern Titurel« noch als ein Werk Wolframs ansieht. Ein richtigeres und tiefer greifendes Verständnis des »Parzival« eröffnete Lachmann in seiner »Auswahl aus den hochdeutschen Dichtern des 13. Jahrhunderts« (Berl. 1820). Auch die erste kritische Ausgabe von Wolframs Werken gab Lachmann (Berl. 1833, 4. Ausg. 1879), eine Ausgabe des »Parzival« allein mit erklärenden Anmerkungen Bartsch (2. Aufl., Leipz. 1875-77, 3 Bde.). Neuhochdeutsche Übersetzungen besorgten San Marte (in »Leben und Dichten Wolfram von Eschenbachs«, Magdeb. 1836-41, 2 Bde.; 3. Aufl., Halle 1886, 2 Bde., und »Wilhelm von Orange«, das. 1873) und Simrock (»Parzival und Titurel«, Stuttg. 1842, 2 Bde.; 6. Aufl. 1883). Vgl. Bötticher, Die Wolfram-Litteratur seit Lachmann (Berl. 1880).

Wolframblau (Mineralblau), s. Wolfram.

Wolframbleierz (Scheelbleierz, Stolzit), Mineral aus der Ordnung der Wolframiate, kristallisiert tetragonal, isomorph mit Gelbbleierz und Scheelit, ist grau, braun, grün, rot, fettglänzend, Härte 3, spez. Gew. 7,9-8,1, besteht aus wolframsaurem Bleioxyd PbWO4 ^[PbWO_{4}] und findet sich bei Zinnwald in Sachsen, Coquimbo in Chile, Southampton in Massachusetts.

Wolframgelb (Mineralgelb), s. Wolfram.

Wolframit, s. v. w. Wolfram (Mineral).

Wolframsäure, s. Wolfram (Metall).

Wolfratshausen, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt München II, an der Lotsach ^[richtig: Loisach], 563 m ü. M., hat 4 Kirchen, ein Amtsgericht, ein Forstamt, eine Glasfabrik, Bierbrauerei, eine Dampfsägemühle, Holzflößerei und (1885) 1586 fast nur kath. Einwohner.

Wolfsanger, Dorf im preuß. Regierungsbezirk und Landkreis Kassel, 4 km nordöstlich von Kassel, in schöner Lage an der Fulda, hat eine evang. Kirche, hübsche Anlagen, eine Kaltwasserheilanstalt, Pferdezucht und (1885) 1454 Einw.

Wolfsauge, s. Adular.

Wolfsbeere, s. Paris.

Wolfsberg, Stadt in Kärnten, Hauptort des Lavantthals, am Fuß der Koralpe, an der Eisenbahn Unterdrauburg-W. gelegen, besuchter Sommerfrischort, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein Schloß des Grafen Henckel von Donnersmark mit Park und Mausoleum, ein Kapuzinerkloster, eine Fachschule für Tischlerei, Braunkohlengruben, Fabrikation von Sensen, Bleiweiß,