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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Blumenpolypen; Blumenthal; Bluntschli-Stiftung; Blütenbestäubung

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Blumenpolypen - Blütenbestäubung

Arbeitszeit in der Regel kärglichster Lohn gezahlt wird, so ist strenge Überwachung doppelt geboten. Die Hauptschädlichkeit bei der Blumenfabrikation besteht in der Verarbeitung arsen-, kupfer- und blei-, selbst quecksilberhaltiger Farben, welche durch die kaiserliche Verordnung vom 5. Juli 1887 (s. Farbstoffe, Bd. 17) wesentlich eingeschränkt worden ist. Aber auch manche Teerfarben, z.B. viele Eosinfarben, gelbe und braune Azokörper, wirken schädlich genug. Diese Farben werden zum Teil in Staubform aus die mit Klebstoff überzogenen Gewebe etc. aufgetragen, und in gleicher Weise benutzt man Bronzefarben von sehr reizender Beschaffenheit, Bleiglaspulver etc. Die Einfühung staudichter Entstäubeapparate, gute Vetilation und große Sauberkeit würden die beste Abhilfe schaffen, deren übrigens in diesem Fall der Magen mehr bedarf als die Lunge. Auch die Arbeitskleidung bedarf der Berücksichtigung, es sind Kappen und Hüllen auf dem Kopf zu tragen, beim Verlassen der Werkstatt ist die Kleidung zu wechseln und der Körper gründlich zu waschen. Bei Blumenarbeiterinnen häufige Entzündungen und Geschwüre an den Händen sind wohl auf die unvermeidlichen kleinen Verwundungen mit Draht etc. zurückzuführen, da durch diese oft genug Infektionsstoffe in das Blut eindringen mögen. Die schlechte Beleuchtung in den kleinen Betrieben erzeugt Kurzsichtigkeit und Herabsetzung der Sehkraft. Schließlich ist auch die Feuersgefahr zu erwähnen, welche durch die massenhafte Verwendung von Kollodium entsteht. Vgl. Pappenheim, Über die Fabrikation und Konsumtion von künstlichen Blumen (1859); van den Broeck, Über die Gefahren bei der Fabrikation u. Anwendung künstlicher arsen- u. kupferhaltiger Blätter, Blumen u. Zeuge (1851); Clasen-Schmid, Künstliche Blumen aus verschiedenem Material herzustellen (Leipz 1886).

Blumenpolypen, früher s. v. w. Moostierchen, jetzt s. v. w. Korallpolypen (Anthozoa).

Blumenthal, 1) Leonhard, Graf von, ward von Kaiser Friedrich III. 15. März 1888 zum Generalfeldmarschall und zum Generalinspekteur der 4. Armeeinspektion ernannt.

2) Oskar, begründete 1888 das Lessingtheater in Berlin.

Bluntschli-Stiftung, Name einer nach dem Tod I. K. Bluntschlis 1882 gegründeten Stiftung, aus deren Zinsenertrag Preise für die Bearbeitung völkerrechtlicher Fragen verteilt werden. Den Vorstand bildeten bisher die Professoren F. v. Holtzendorff in München, Schulze in Heidelberg (beide gestorben), Rivier in Brüssel, Orelli in Zürich und ein Advokat in München, wo sich der Sitz der B. befindet.

Blütenbestäubung (blütenbiologische Statistik). Eine der wichtigsten Fragen der Blütenbiologie, inwieweit nämlich die durch den morphologischen Aufbau einer Blüte wahrscheinlich gemachte Bestäubungsart derselben durch die thatsächliche Beobachtung bewiesen werden kann, hat auf Anregung von Darwin und Delpino zuerst Hermann Müller in größerm Umfang zu lösen versucht, indem er die auf den Blumenarten Westfalens und Thüringens sowie der Alpen von ihm angetroffenen Insettenspezies numerich feststellte. Wenn auf diese Weise auch kein absolut vollständiges Verzeichnis der Blumenbestäuber eines bestimmten Gebiets zu gewinnen ist, so konnte Müller doch, gestützt auf ein etwa 10,000 Einzelfälle umfassendes Material, eine Reihe von allgemeinen Sätzen aus seinen Beobachtungen ableiten, welche die thatsächliche Grundlage der von ihm aufgestellten Blumentheorie bilden. Es ordnet zu-

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nächst die Blumenarten in eine Reihe von Anpassungsstufen, nämlich: Windblüten, Pollenblumen, Blumen mit offenem, mit teilweise verstecktem und mit völlig geborgenem Honig, Blumengesellschaften, Fliegen-, Schlupfwespen-, Bienen-, Hummel- und Falterblumen, und untersucht nun, ob jede dieser Blumenklassen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch von solchen Insekten besucht und bestäubt wird, welche nach der Bildung ihrer Mundteile und ihren sonstigen körperlichen und biologischen Eigenschaften, bei Bienen z. B. auch des Sammelapparats u. dgl., der Ausbeutung der betreffenden Blumenkategorie vorzugsweise angepaßt erscheinen; es müssen demnach auf einer Bienenblume auch thatsächlich die Bienen, auf einer Falterblume die Schmetterlinge das Hauptkontingent der Bestäuber bilden. Fälle, in welchen ein Besucher die ihm mechanisch aufgezwungene Übertragung des Pollens von Blüte zu Blüte wegen ungeeigneten Körperbaues nur unregelmäßig oder überhaupt nicht ausführt, oder in welchen er, wie dies die Hummeln an manchen Blüten thun, auf gewaltsame Weise durch Einbeißen von Löchern in den Blütendecken sich Zugang zu den versteckten Honigquellen zu verschaffen sucht (Blumeneinbrüche) oder ganze Blütenteile verzehrt, sind selbstverständlich als besondere Gruppe zu behandeln. Da in der Länge des Saugorgans eines Blumenbesuchers und in der Tiefe, in welcher vom Blüteneingang aus eine Blume den Honig birgt, ein ganz bestimmter, direkt meßbarer Grenzwert in den Dimensionen beider gegeben ist, bei dessen Überschreitung entweder dem Insekt die Ausnutzung der Honigquelle versagt wird, oder für die Blume der Bestäubungserfolg des Infektenbesuchs in Frage kommt, so erscheint es von vornherein auch ohne direkte Zählung der Besuche wahrscheinlich, daß die langrüsseligen und auch im übrigen Körperbau auf Blumenbesuch eingerichteten Insekten, wie Hummeln und Schwärmer, vorzugsweise die ihrer Rüssellänge entsprechenden und ihnen auch in anderweitigen Spezialeinrichtungen entgegenkommenden Blumen mit tiefster Honigbergung aufsuchen werden, während die kurzrüsseligen Insekten, wie die Mehrzahl der Fliegen, Grab- und Faltenwespen u. a., besonders auf Blumen mit flach liegenden Honigdrüsen am bequemsten und reichlichsten Nahrung finden dürften. Die bisweilen ausgesprochene Ansicht, daß stets gewisse Insektenarten auf bestimmte Blumenarten angewiesen und als Bestäuber derselben thätig seien, wird durch die thatsächliche Beobachtung widerlegt; es können vielmehr (wenigstens in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle) bestimmte Insekten- und Blumenarten durch verwandte Formen selbst aus verschiedenen Gattungen und Familien ersetzt werden, ohne daß der Bestäubungserfolg Einbuße erleidet, so daß demnach von einer spezifischen, d. h. Art an Art bindenden, Anpassung keine Rede sein kann. Anderseits besuchen selbst hochorganisierte Blumenbesucher, wie die Hummeln, unter Umständen auch offene Honigblumen, wie auch umgekehrt kurzrüsselige Fliegen und Hymenopteren an Blumen mit tief geborgenem Honig in oft nutzloser Weise thätig sind. Die Auswahl der Blumen durch die Insekten sowie die Anlockung letzterer durch jene geschieht zwar im gangen unter durchgreifender Gesetzmäßigkeit, aber trotzdem, wie bei allen derartigen biologischen Vorgängen, unter vollkommener Freiheit und Zwanglosigkeit im einzelnen. Dieses Verhältnis macht die Aufgabe der Blumen- und Insektenbesuchsstatistik zu einer ebenso anziehenden wie schwierigen. H. Müller