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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Desmoulins - Deutsche Litteratur.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Desmidiaceen'

schieben sich zwischen die Schalenstücke noch zwei Gürtelbänder ein, so daß die Membran aus vier Stücken sich zusammensetzt. Die Haut der D. wird von feinen Porenkanälen durchsetzt, welche durch zart plasmatische Fäden mit dem übrigen Plasmainhalt der Zelle in Verbindung stehen. Von außen sitzt jeder Pore eine prismen- oder kappenförmige Gallertmasse auf, welche mit benachbarten Körpern gleicher Art verschmilzt, so daß auf diese Weise eine zusammenhängende äußere Gallertschicht der gesamten Zelle zu stande kommt. Auch die Teilung der D. zeigt mehrfache Analogien mit der der Diatomeen, so daß aus dem Gesamtverhalten dieser beiden Algengruppen eine engere Verwandtschaft derselben hervorgeht, als bisher in der Regel angenommen wurde. Die Bewegungen der D. bestehen teils im Vorwärtsgleiten auf einer Fläche, teils in einem Erheben über die Unterlage, wobei das eine Ende der Zelle den Boden berührt, während das andre hin-und herpendelt oder auch beide Enden abwechselnd unter verschiedenartigen Bewegungen sich heben und senken können. Der Ortswechsel wird nach Klebs durch Absonderung eines Schleimfadens aus dem Zellplasma bewirkt, der als Fortbewegungsorgan funktioniert, während ein freies Schwimmen nicht möglich erscheint. Das Emporsteigen geschieht z.B. dadurch, daß die Alge sich in dem Maß in die Höhe hebt, als sich der Schleimfaden durch fortgesetzte Ausscheidung verlängert, wobei er gleichzeitig als Träger oder Fuß für die ihm aufsitzende Zelle dient. Beim Gleiten hat er nicht die Eigenschaften einer Stütze, sondern klebt am Boden fest, und die Ausstoßung von Schleim bedingt einen Rückstoß, welcher die Zelle vorwärts treibt.

Desmoulins, Camille. Seine Biographie schrieb Godart (Par. 1889).

*Despretz (spr. däprä), César Masuète, Physiker, geb. 10. Mai 1792 zu Lessines in Belgien, war Professor der Physik in Paris am Collège Henri IV, an der polytechnischen Schule, zuletzt an der Sorbonne und starb 15. März 1863. Er arbeitete über die Ursachen der tierischen Wärme, das Mariottesche Gesetz, die Grenzen der Hörbarkeit, Wärmeleitung, Änderung des Aggregatzustandes, das elektrische Licht, den Chemismus der galvanischen Batterien etc. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Recherches expérimentales sur les causes de la chaleur animale« (Par. 1824); »Eléments de chimie théorique et pratique« (das. 1828 - 30, 2 Bde.); »Traité élémentaire de physique« (4. Aufl., das. 1836).

Dessau, (1885) 27,766 Einw.

Desvres, (1886) 4381 Einw.

Detmold, (1885) 8916 Einw.

Dettelbach, (1885) 2189 Einw.

Dettingen, Württemberg, (1885) 3233 Einw.

*Detzel, Teil des Dorfs Satuelle im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Neuhaldensleben, hat eine Idiotenanstalt.

Deuben, (1885) 6496 Einw.

*Deucher, Adolf, schweizer. Bundesrat, geboren im Februar 1831 zu Steckborn im Kanton Thurgau, studierte zu Heidelberg, Zürich, Prag und Wien Medizin und ließ sich als Arzt in seinem Heimatsort nieder, von wo er 1862 nach Frauenfeld übersiedelte. Seit 1855 Mitglied des thurgauischen Kantonsrats, nahm er 1868 als Mitglied des Verfassungsrats hervorragenden Anteil an der Schöpfung der neuen demokratischen Verfassung des Thurgaues und wurde 1879 in die Regierung desselben gewählt. Nachdem er schon 1869 - 73 Mitglied des schweizerischen Nationalrats gewesen, dann eine Wiederwahl abgelehnt ↔ hatte, wurde er 1879 nach seinem Eintritt in die Regierung neuerdings in den Nationalrat gewählt, der ihn 1882 zu seinem Präsidenten erhob. 1883 wählte ihn die Bundesversammlung an Stelle Baviers in den Bundesrat, in welchem er gegenwärtig dem Departement für Industrie und Landwirtschaft vorsteht. 1886 bekleidete er die Würde eines schweizerischen Bundespräsidenten.

Deutsche freisinnige Partei verlor nach der Auflösung des Reichstags 14. Jan. 1887, in welchem sie für den Tadelsantrag gegen die polnischen Ausweisungen und gegen das Septennat gestimmt hatte, bei den Neuwahlen 21. Febr. 1887 eine Menge Wahlkreise, besonders an die Nationalliberalen; bei der ersten Wahl wurden bloß 11 Deutschfreisinnige gewählt, und erst bei den Stichwahlen stieg ihre Zahl durch die Unterstützung der Ultramontanen und Sozialdemokraten auf 32. Sie stimmte auch im neuen Reichstag gegen das Septennat, das Branntweinsteuergesetz und die Alters- und Invalidenversicherung, genehmigte aber 1888 die Gesetzvorlage über die Erhöhung der Wehrkraft. Bei den Landtagswahlen 6. Nov. 1888 behauptete sie bloß 30 Sitze im Abgeordnetenhaus.

Deutsche Litteratur (1885 - 90). Die in der Entwickelung der deutschen Litteratur schon mehrmals erlebte Thatsache, daß irgend ein Programm lärmend als das Evangelium der Zukunft verkündet ward, während die eigentliche poetische Schöpferkraft seitab von oder im geraden Gegensatz zu diesem Programm sich bethätigt, scheint sich nach gewissen Erfahrungen der letzten fünf Jahre wieder einmal erneuern zu wollen. Wie am Eingang dieses Jahrhunderts die anspruchsvolle Kritik der jungen Romantik jede nicht romantische Produktion für unzulässig und veraltet erklärte (während doch Schillers Hauptdramen, Jean Pauls bedeutendste Romane, Hebels alemannische Lieder und Erzählungen erst geschaffen wurden), wie um 1830 die jungdeutsche Schule die Ablösung der Dichtung durch den »Kultus der Prosa«, die ausschließliche Geltung der tendenziösen Halbpublizistik oder doch der Heineschen Negation verkündete (während die eigentlich schöpferischen Talente sich der künstlerischen Formen für die Darstellung des Lebens nach wie vor bedienten und schließlich selbst die Jungdeutschen zwangen, in den Weg der angeblich überwundenen einzulenken), wie nach 1840 das Alleinrecht der politischen Lyrik behauptet, jede nicht politisch gefärbte Schöpfung als totgeboren bezeichnet wurde (während man wenige Jahre später zugeben mußte, daß die wenigen bleibenden Schöpfungen des Jahrzehnts der politischen Lyrik eben nicht angehört hatten): so entfaltet sich auch in der unmittelbaren Gegenwart die deutsche schöne Litteratur und ihr Publikum, wenig berührt von der mit so großem Geräusch in Szene gesetzten Bewegung, welche die Zukunft der Litteratur dem sogen. Naturalismus zuspricht. Mußte schon die Wiederholung des Vorganges, daß eine kleine Gruppe von Schriftstellern sich im ausschließlichen Besitz der lebens- und gestaltungskräftigen Anschauung wähnt, während das Leben selbst mit der Unerschöpflichkeit, der Fülle und Vielseitigkeit seiner Erscheinungen ihrer tendenziös engen Begriffe spottet, Mißtrauen erregen, richtete die Polemik, die von der angeblich naturalistischen Schule gegen alle Dichter andrer Richtung geführt ward und wird, durch ihre Maßlosigkeit und Einseitigkeit sich selbst, so gelang es auch den Talenten der »naturalistischen Schule« selbst nur in beschränktem Maß, durch ihre Lebensauffassung und Darstellung

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 225.