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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eggenfelden; Egger; *Eggert; *Eglisau; *Egrette; Ehe

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Eggenfelden - Ehe

Eggenfelden, (1885) 2202 Einw.

Egger, Emile, Hellenist. Von seinen Schriften ist noch zu erwähnen: »Observations et réflexions sur le développement de l’intelligence et du langage chez les enfants« (5. Aufl. 1886). Sein Leben beschrieb Bailly (Par. 1886).

*Eggert, 2) Hermann, Architekt, geb. 1844 zu Burg bei Magdeburg, bildete sich auf der Bauakademie zu Berlin und trug in mehreren Konkurrenzen (Berliner Dombau, Niederwalddenkmal und Zentralbahnhof in Frankfurt a. M.) erste Preise davon. 1874 unternahm er im Auftrag der königlichen Museen zu Berlin mit Hirschfeld eine wissenschaftliche Reise nach Kleinasien, und 1875 siedelte er nach Straßburg i. E. über, wo ihm der Entwurf und die Leitung der umfangreichen Universitätsbauten übertragen wurde, von denen er bis 1883 die chirurgische Klinik, das astronomische Institut mit Sternwarte, das chemische, physikalische und botanische Institut mit Gewächshäusern ausführte. Dann wurde er mit der Erbauung des Kaiserpalastes daselbst betraut, welchen er 1888 im Stil der italienischen Renaissance vollendete. Er ist königlicher Baurat und lebt gegenwärtig in Berlin.

*Eglisau, kleine Stadt im schweizer. Kanton Zürich, Bezirk Bülach, rechts am Rhein und an der Eisenbahn Winterthur-Bülach-Koblenz, hat eine Kirche, eine Sekundärschule und (1886) 1330 Einw., welche Weinbau und Schiffahrt treiben.

*Egrette, s. v. w. Aigrette (Bd. 1).

Ehe, gesetzmäßig geschlossener Vertrag zwischen zwei mannbaren Personen verschiedenen Geschlechts zur dauernden, innigsten Lebensgemeinschaft und zur gemeinsamen Erziehung der aus diesem Zusammenleben hervorgehenden Kinder. Der E. ist eine hohe Bedeutung für das physische und moralische Wohl der Bevölkerung beizumessen, und die durchschnittliche Heiratsziffer ist ein Maßstab für das Wohlbefinden des Volkes. Die Heiratsziffer ist das Verhältnis der jährlich in die E. tretenden Personen zur mittlern Einwohnerzahl des Jahrs; sie wird aber nur als ein dem gegenwärtigen Stande der internationalen Statistik entsprechender Notbehelf betrachtet, denn einen korrektern Maßstab gewinnt man, sobald man die Zahl der Heiratenden mit der Zahl der heiratsfähigen Bewohner vergleicht. Legt man die Grenze der Heiratsfähigkeit für Deutschland bei Männern in das 21., bei Frauen in das 16. Lebensjahr, so ergibt sich, daß im Deutschen Reich 1886 von je 1000 heiratsfähigen Männern 82,3, von je 1000 heiratsfähigen Frauen nur 48,3 heirateten. (Berechnet man dagegen die Ziffern auf die Gesamtbevölkerung, so heirateten von 1000 männlichen Personen 16,2, von 1000 weiblichen 15,6.) Hiernach treten jährlich von der heiratsfähigen Bevölkerung fast doppelt so viele Männer als Frauen in die E. ein, und man kann nicht sagen, daß für unsre monogamischen Einrichtungen sich aus dem numerischen Verhältnis der Geschlechter ein zwingender Grund ableiten läßt. Nimmt man (ganz willkürlich) an, daß das heiratsfähige Alter im physiologischen Sinn bei den Männern durchschnittlich mit dem 50., bei den Frauen mit dem 45. Lebensjahr endigt, so entfallen im Deutschen Reich immer noch auf 3 männliche mehr als 4 weibliche Personen. Die Zahl der jährlich geschlossenen Ehen ist bei den verschiedenen Nationen ungleich groß und unterliegt starken Schwankungen. Dies hängt weniger von klimatischen als von sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie auch von Volkssitte und Gesetzgebung ab. Im Durchschnitt der 19 Jahre von 1865 bis 1883 kamen auf je 1000 Einwohner Eheschließungen in

Preußen 8,61

Bayern 8,42

Sachsen 9,23

Österreich 8,52

Ungarn 10,30

Schweiz 7,11

England 8,08

Frankreich 7,79

Italien 7,71

Belgien 7,15

Schweden 6,52

Irland 4,77

Je früher in einem Land nach Volkssitte, Klima, Lebensweise und sozialer Gesetzgebung Ehen geschlossen werden, um so größer ist die Zahl der bestehenden Ehen, denn den in der Jugend versäumten Ehebund holen nur wenige im spätern Alter nach. Von je 100 heiratenden Personen standen im Alter von

Männer bis 25 Jahre 25-30 Jahre über 30 Jahre Frauen bis 20 Jahre 20-30 Jahre über 30 Jahre

Preußen 67,74 32,26 10,30 69,74 19,96

Bayern 18,94 36,74 44,32 6,44 64,81 28,77

Sachsen 34,70 38,23 27,07 10,73 70,88 78,39

Österreich 62,56 37,44 18,07 57,92 24,61

Ungarn 77,44 22,56 36,04 50,26 13,70

Schweiz 57,84 42,16 8,79 63,74 27,47

England 51,34 25,38 23,28 14,41 68,77 16,82

Frankreich 27,05 37,57 35,38 21,16 59,59 19,25

Italien 25,98 36,99 37,03 16,92 65,79 17,29

Belgien 57,22 42,78 6,40 63,43 30,17

Schweden 23,31 35,69 41,00 5,55 65,02 29,43

Die Tabelle zeigt, daß im Süden, obwohl dort die körperliche Reife früher eintritt und die notwendigen Lebensbedürfnisse leichter zu befriedigen sind, die Ehen doch nicht früher geschlossen werden. Dagegen werden in England 51 Proz. aller Ehen seitens der Männer vor dem 25. Lebensjahr geschlossen (in Rußland angeblich 68 Proz.), was vielleicht dem Nationalreichtum und dem Fehlen der allgemeinen Wehrpflicht zuzuschreiben ist; es ist aber auch möglich, daß das frühe Heiraten zur Förderung des Nationalreichtums beigetragen hat. In Bayern soll die ehemalige Gesetzgebung, welche das Heiraten ungemein erschwerte, noch jetzt nachwirken, so daß dort zum Teil später geheiratet wird als bei den durch späte körperliche Entwickelung ausgezeichneten Schweden. Die Sitte des späten Heiratens erhöht, wie es scheint, die Zahl der unehelichen Geburten, und da die Lebensfähigkeit der unehelichen Kinder geringer ist als die der ehelichen, so erhöht spätes Heiraten auch die allgemeine Sterblichkeit. Das Heiratsalter der Frauen entspricht nicht immer demjenigen der Männer. Dies zeigt sich besonders deutlich in England, wo vielleicht die spätere physische Entwickelung des Weibes das frühe Heiraten verbietet. Auf je 100 Frauen im gebärfähigen Alter (vom vollendeten 17. bis vollendeten 50. Lebensjahr) kamen Geburten vor:

1872-75 durchschnittlich 1886

im Deutschen Reich 30,3 27,4

in Preußen 30,4 28,1

Bayern 32,0 27,4

Sachsen 29,2 27,5

Württemberg 35,0 27,4

Baden 32,1 25,7

Hessen 29,2 24,0

Mecklenburg-Schwerin 23,3 21,0

Berlin 28,0 21,1

Posen 33,1 32,2

der Rheinprovinz 35,4 31,6

Die eheliche Fruchtbarkeit hat hiernach in allen genannten Staaten und Landesteilen abgenommen, am stärksten in Süddeutschland und Berlin. Beach-