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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Akka; Akklimatisation

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Akka - Akklimatisation.

Akka. Über die Bevölkerung des palästinensischen Liwa A. hat Ingenieur G. Schumacher (»Palestine Exploration Fund«, 1887) eine, wie es scheint, zuverlässige Bevölkerungsliste aufgestellt, welche auf Verzeichnissen aller zu Fronarbeiten Pflichtigen von 16-60 Jahren beruht. Danach hatte das ganze Liwa im J. 1887, abgesehen von Beamten und Soldaten, 153,740 Einw. Die größten Städte sind folgende: Akka 9800 Einw. (8000 Mohammedaner, der Rest Christen verschiedener Sekten, wenige Juden); Schefa Amr 2750 meist christl. Einwohner; Haifa 7165 Einw. (über 3000 einheimische Christen verschiedener Sekten, über 3000 Mohammedaner, 765 Ausländer, davon 330 Deutsche); Nazareth 6575 Einw. (meist Christen, 1620 Mohammedaner); Tiberias 3640 Einw. (etwa 2000 Juden, 250 Christen, der Rest Mohammedaner); Safed 24,615 Einw. (über 13,200 Juden, 10,600 Mohammedaner, 720 Katholiken).

Akklimatisation. Für die Entwickelung der Lehre von der A. bilden zwei neue Zweige der Naturwissenschaft, die vergleichende Rassenphysiologie und -Pathologie, die Grundlage. Wie aber die Pathologie in der Sorge um die Kranken der Physiologie vorauseilt, um später durch diese überholt zu werden, so hat auch die vergleichende Rassenpathologie bereits nicht unerhebliche Forschungsergebnisse aufzuweisen, während die vergleichende Rassenphysiologie noch in den allerersten Anfängen steckt. Die vergleichende Rassenpathologie hat die Aufgabe, dem Einfluß der Rasse auf das Zustandekommen, den Verlauf, den Ausgang der durch bestimmte Ursachen hervorgerufenen Krankheiten nachzuforschen, sie soll die Widerstandsfähigkeit der verschiedenen Rassen und Völker gegenüber denselben krankmachenden Einflüssen, mit Ausschluß aller andern Ungleichheiten in den Lebensbedingungen, feststellen. Das wertvollste Mittel zur Lösung dieser Aufgaben sind die Armeen der kolonialen Mächte. Diese Armeen bestehen zum Teil aus Europäern, zum Teil aus Eingebornen, durchweg aber aus kräftigen, gesunden Individuen fast desselben Alters, welche meist unter vollkommen oder nahezu gleichartigen Bedingungen leben. Gewisse Ungleichheiten ergeben sich daraus, daß der europäische Soldat durchweg unverheiratet ist und daher in der Kaserne wohnt, während der eingeborne Soldat meist verheiratet ist und mit Weib und Kind in der eignen kleinen Hütte lebt, ferner daraus, daß der Eingeborne durch religiöse Anschauungen von dem Genuß reizender Speisen und spirituöser Getränke abgehalten wird, welchem Europäer nur zu sehr ergeben sind, etc. Im allgemeinen aber gibt es für die Beurteilung der in Frage kommenden Verhältnisse doch kein besseres Material als dasjenige, welches diese Armeen liefern, und namentlich ist dasselbe geeignet zur Bemessung der Widerstandsfähigkeit des Europäers in tropischen Klimaten. Für letztere kommen namentlich zwei Faktoren in Betracht: die thermischen Verhältnisse der Tropen und die tropischen Infektionskrankheiten.

Stokvis faßt alle klimatischen Momente: Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Wasserdampfspannung, Luftströmungen, Windrichtung, Besonnung, unter dem einen Gesichtspunkt zusammen, daß sie Störungen in der Wärmeregulierung des Organismus hervorrufen. Der atmosphärische Druck kommt wenig in Betracht. Im natürlichen Laufe der Dinge hat nämlich nur die Erniedrigung des Luftdruckes als ätiologisches Moment Bedeutung, eine solche Luftdruckerniedrigung aber bedeutet in den Tropen das Aufsuchen von Höhenstationen, die nicht mehr den Charakter der Tropen besitzen. Was nun die dauernde Einwirkung tropischer Wärmeverhältnisse auf die tropischen Rassen betrifft, so lehrt die vergleichende Rassenphysiologie Folgendes: Alle Individuen tropischer Rassen haben gegenüber den Bewohnern gemäßigter Zonen höhere Respirationsfrequenz, geringere vitale Kapazität, kleinern Brustumfang, weniger ausgeprägte Bauchatmung, höhere Pulsfrequenz, geringere Spannung des Pulses, größern Blutreichtum und relativ stärkere Entwickelung der Unterleibsorgane im Verhältnis zu den Brustorganen, größere Schweißsekretion bei stark herabgesetzter Harnabscheidung, eine um 0,5-0,6° gesteigerte Körpertemperatur und ein im Verhältnis zur Körperlänge zu geringes Körpergewicht. Hinsichtlich der animalen Funktionen ergaben genaue Messungen eine deutliche Herabsetzung der Tast- und der Schmerzempfindlichkeit, einen weniger sein entwickelten Gesichts-, Farben- und Gehörssinn, mindere Muskelkraft und psychische Begabtheit, dagegen eine Überlegenheit in der geschlechtlichen Sphäre.

In diesen zweifellos festgestellten Verhältnissen braucht man nun noch nicht den Ausdruck einer angebornen Rasseneigentümlichkeit zu erblicken, vielmehr erklären sich dieselben recht gut durch die Einwirkung der tropischen Temperaturen, und sie zeigen sich fast alle als vorübergehende Erscheinungen bei den Bewohnern der gemäßigten Zonen während des Sommers. Darauf gründet sich die Jahrhunderte alte Gewohnheit, in den heißen Sommermonaten nicht zu hohe Anforderungen an die körperlichen und geistigen Funktionen zu stellen, in längern oder kürzern Arbeitspausen Ruhe und Erholung zu suchen. Für den Bewohner der gemäßigten Zone bringt dann die kühlere Jahreszeit einen neuen Reiz, welcher ihn zu vermehrter Arbeit anspornt, die Körpertemperatur herabdrückt, den Stoffwechsel belebt, die Kompensationsvorrichtungen kräftiger arbeiten läßt, ihn körperlich und geistig neu belebt. In den Tropen wird der Europäer nach einer kürzern oder längern Übergangsperiode zum permanenten Sommermenschen, und er unterscheidet sich dann scheinbar durchaus nicht von dem Eingebornen. In dem Blute von Europäern, welche 2-20 Jahre im tropischen Klima gelebt hatten, fand Marestang vollkommen normalen Hämoglobingehalt und die normale Blutkörperchenzahl, so daß er die Existenz einer tropischen Anämie als Folge der veränderten meteorologischen Verhältnisse in Abrede stellt. Dieser europäische Tropenmensch besitzt von Hause aus eine große Übung seiner Temperaturregulierungszentren, und solange er letztere nicht durch zu langen Aufenthalt in den Tropen verloren hat, leistet er thatsächlich den Erkältungsursachen bessern Widerstand als der Eingeborne. In allen kolonialen Armeen bieten die eingebornen Soldaten viel größere Erkrankungs- und Sterblichkeitsfrequenz an Affektionen der Respirationsorgane als die europäischen Soldaten. Ob umgekehrt der Eingeborne der Überhitzung besser widersteht als der Europäer, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Setzt man beide einer höhern Temperatur aus als derjenigen, an welche sie gewohnt sind, oder bringt man sie unter neue meteorologische Bedingungen, welche eine Erhöhung der Eigenwärme bewirken, so zeigt sich in der Reaktion kaum ein Unterschied zu gunsten der tropischen Rasse. Der Sonnenstich trifft freilich den Europäer etwas häufiger als den Eingebornen, allein bei seiner relativen Seltenheit kommt er wenig in Betracht, und die größere Sicherheit der Eingebornen dürfte weniger auf angeborne Rasseneigentümlichkeit als auf äußere Verhältnisse, Kleidung etc., zurückzuführen sein.

Die angeführten Folgen der Einwirkung hoher Tem-^[folgende Seite]