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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bildhauerkunst; Bilinski; Billeter; Bischoff; Bismarck

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Bildhauerkunst - Bismarck.

Häfen, verschickt wurden. B. und der dazu gehörige Montan- und Industriebezirk hat in den letzten zehn Jahren einen außerordentlichen Aufschwung genommen; die Bevölkerung hat sich fast verdoppelt; die Bauthätigkeit in der Stadt ist eine sehr rege; die Anlage von normal- und schmalspurigen Bahnen wird eifrig betrieben. Eine der wichtigsten im Bau befindlichen Linien ist die von Asturien und Palencia nach B. zum Zwecke des Kohlentransports aus den dortigen Bergwerksdistrikten. Die Industrie, insbesondere in Papier, Chemikalien und Waffen, ist in lebhafter Entwickelung.

Bildhauerkunst, s. Kunstausstellungen.

Bilinski, Leon, Ritter von, Nationalökonom, geb. 15. Juni 1846 zu Zaleszczyki in Galizien, studierte in Lemberg, war 1867-71 bei der galizischen Statthalterei und beim galizischen Landesschulrat beschäftigt, habilitierte sich 1868 als Privatdozent an der Universität Lemberg, wurde daselbst 1871 außerordentlicher und 1874 ordentlicher Professor. B. ist seit 1888 Mitglied des galizischen Landtags, seit 1883 des österreichischen Reichsrats und seit 1889 der gemeinsamen Delegation der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er schrieb in deutscher Sprache: »Die Luxussteuer als Korrektiv der Einkommensteuer« (Leipz. 1875); »Die Eisenbahntarife« (Wien 1875); »Die Gemeindebesteuerung und deren Reform« (Leipz. 1878); »Die Steuerentlastung der Landwirtschaft« (Wien 1880). In polnischer Sprache veröffentlichte er neben einer großen Zahl kleinerer Abhandlungen: »Studien über die Einkommensteuer« (Lemberg u. Krakau 1870, 2 Bde.); »Über den Zins« (Warschau 1872); »Grundzüge der Nationalökonomie« (Lemberg 1873); »System der Finanzwissenschaft« (das. 1876); »System der Sozialökonomie« (das. 1880-82, 2 Bde.).

Billeter, Agathon, Männergesangskomponist, geb. 21. Nov. 1834 zu Männedorf am Züricher See, war Schüler des Leipziger Konservatoriums, lebte zu Burgdorf in der Schweiz als Organist und Dirigent und starb 8. Febr. 1881 daselbst. B. veröffentlichte viele Lieder für eine Stimme und für Chorgesang; von seinen Männerchören ist vorzugsweise »Im Maien« Repertoirestück zahlreicher Männergesangvereine.

Bischoff, Hans, Pianist, geb. 17. Febr. 1852 zu Berlin, bildete sich unter Th. Kullak und Wüerst zum Klavierspieler aus, studierte 1868-72 in Berlin Philosophie und neuere Sprachen, erwarb 1873 mit der Dissertation über »Bernard von Ventadorn« (Berl. 1874) die Doktorwürde und wurde gleichzeitig als Lehrer für Klavierspiel an Kullaks Akademie angestellt, von welcher er später an das Sternsche Konservatorium überging. Er starb 12. Juni 1889 in Niederschönhausen bei Berlin. B. konzertierte sehr erfolgreich als Kammermusikspieler (so mit Hellmich in den Montagskonzerten der Berliner Singakademie) und schrieb noch: »Über die ältere französische Klavierschule«, »Über Johann Kuhnaus Biblische Geschichte« (Programm-Abhandlung), bearbeitete Ad. Kullaks »Ästhetik des Klavierspiels« in 2. Aufl. (1876, 3. Aufl. 1889) und redigierte eine große Zahl vortrefflicher Ausgaben klassischer und romantischer Werke (für Steingräbers Verlag).

Bismarck, Otto, Fürst von, nahm an den Verhandlungen der letzten Session des sogen. Kartellreichstags 1889-90 gar keinen Anteil, da er bis zum Schluß derselben von Berlin abwesend in Friedrichsruh weilte. Der Ausfall der Reichstagswahlen 20. Febr. 1890 wurde von den Siegern, Ultramontanen, Deutschfreisinnigen und Sozialdemokraten, als eine Niederlage seiner Politik angesehen; dennoch hieß es, daß B. erklärt habe, den Kampf mit dem neuen Reichstag bereitwilligst auf sich nehmen zu wollen. Um so mehr war man durch die Kunde überrascht, daß der Reichskanzler 18. März seine Entlassung erbeten und erhalten habe. In dem Schreiben, mit welchem Kaiser Wilhelm II. 20. März das Gesuch des Fürsten erfüllte, sprach er die Zuversicht aus, »daß sein Rat und seine Thatkraft, seine Treue und Hingebung auch in Zukunft ihm und dem Vaterlande nicht fehlen würden«. Er verlieh ihm die Würde eines Herzogs von Lauenburg und ernannte ihn zum Generalobersten der Kavallerie mit dem Range eines Generalfeldmarschalls. Auch Bismarcks Sohn, Graf Herbert B., erbat seine Entlassung aus dem Amt eines Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes und erhielt sie 26. März. B. verließ 29. März Berlin und zog sich nach Friedrichsruh zurück; bei seiner Abfahrt vom Lehrter Bahnhof wurden ihm von einer zahlreichen Menschenmenge großartige Ovationen dargebracht. Über die Ursachen von Bismarcks Rücktritt war in dem kaiserlichen Schreiben, das allein veröffentlicht wurde, nichts gesagt; es hieß nur: »Die von Ihnen für Ihren Entschluß angeführten Gründe überzeugen mich, daß weitere Versuche, Sie zur Zurücknahme Ihres Antrages zu bestimmen, keine Aussicht auf Erfolg haben.« Erst später ließ B. selbst in seinen Gesprächen mit Zeitungskorrespondenten, die ihn in Friedrichsruh aufsuchten, verlauten, daß ein Meinungszwiespalt zwischen dem Kaiser und ihm über die soziale Politik ihn zum Rücktritt veranlaßt habe. Dieser Zwiespalt hatte sich schon beim Schluß der Reichstagssession geltend gemacht, als es sich darum handelte, ob man das Sozialistengesetz in der vom Reichstagsausschuß beschlossenen Form (ohne Ausweisung) annehmen wolle oder nicht. Der Kaiser und die Minister waren dafür, B. dagegen. Damals fügte sich der Kaiser, berief aber dann den Freiherrn v. Berlepsch an die Spitze des Handelsministeriums an Stelle Bismarcks. Hierbei kam es zu Erörterungen über die Stellung Bismarcks als Ministerpräsidenten, wobei sich dieser auf eine Kabinettsorder Friedrich Wilhelms IV. berief, die jeden Ressortminister verpflichtete, vor dem Vortrag über einen Gegenstand beim König dem Präsidenten von demselben Mitteilung zu machen, eine Einrichtung, welche wiederholt nicht beachtet worden und bei der regelmäßigen längeren Abwesenheit Bismarcks von Berlin auch nicht immer ausführbar war. Die Erlasse des Kaisers über den Arbeiterschutz und den Verzicht auf ein Sozialistengesetz vermochte B. nicht zu billigen, da er die optimistischen Ansichten des Kaisers über die Wirkungen dieser Maßregeln nicht teilte. In seine wohlverdiente Muße fernab von den Staatsgeschäften fand er sich freilich nur schwer.

Zur Litteratur: »Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Fürsten B.« (Leipz. 1890); Köppen, Der deutsche Reichskanzler Fürst Otto v. B. und die Stätten seines Wirkens (das. 1890); Jahnke, Fürst B., sein Leben und sein Wirken (Berl. 1890); Bewer, Gedanken über B. (Dresd. 1890); v. Poschinger, Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten B. (das. 1890, Bd. 1 u. 2). Von L. Hahns Werk »Fürst B.« erschien der 5. Band: 1885-90 (fortgeführt von K. Wippermann, Berl. 1890). Von der Stuttgarter Sammlung der Reden des Fürsten erschienen bis jetzt 11 Bände (die Jahre 1848-81 umfassend); eine Auswahl in 6 Bänden (bis 1887 reichend) veranstaltete O. de Grahl; »Fürst Bismarcks gesammelte Werke, Briefe, Reden und Aktenstücke« in 4 Bänden gab Br. Walden (Berl. 1890) heraus.