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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Helianthus tuberosus; Heliotropismus, tierischer; Helldorf; Hellqvist; Helten; Henke

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Helianthus tuberosus - Henke.

Zur Litteratur: Lindemann, Die Nordseeinsel H. in topographischer, geschichtlicher, sanitärer Beziehung (Berl. 1889); Dalla Torre, Die Fauna von H. (Jena 1890); B. v. Werner, Das Seegefecht bei H. am 9. Mai 1864 (in »Unsre Zeit«, 1889, Heft 5; Kritik der Schrift von Lütken).

Helianthus tuberosus (Topinambur). Die Knollen bilden nach Ausgang des Winters eine willkommene Futteraushilfe. Sie brauchen in diesem Falle erst im Frühjahr aus dem Boden genommen zu werden. Den Sommer über halten sie sich dagegen am besten durch Einsäuern, wie Schirmer in Neuhaus (Preußen) nachgewiesen hat, welcher Topinambur mit größtem Erfolg mit Rieselgras einsäuerte und so ein besonders gern gefressenes Sauerfutter erhielt. Vgl. Pott, Die landwirtschaftlichen Futtermittel (Berl. 1889).

Heliotropismus, tierischer. Wie auf die Pflanzen das Licht einen richtenden Einfluß ausübt, so haben neuere Untersuchungen auch bei Tieren eine ähnliche Einwirkung des Lichtes nachgewiesen, die demgemäß mit dem gleichen Namen wie in der Botanik bezeichnet wird. Man muß scheiden zwischen dem richtenden Einfluß auf wachsende Gebilde und der Beeinflussung ausgebildeter Organismen hinsichtlich ihrer Stellung. Erstere Erscheinung ist mit Heliotropismus im engern Sinne zu bezeichnen, für letztere kommt nach Analogie der Vorgänge bei den Pflanzen der von Straßburger angegebene Name Phototaxis zur Verwendung. Heliotropismus im engern Sinne ist besonders an Hydroidpolypenstöckchen (Gattung Sertularella) studiert; er äußert sich wie in der Botanik entweder positiv, indem die wachsenden Organe sich dem Lichte zuwenden, oder negativ, wobei sie sich von demselben abdrehen; bei einem und demselben Stocke können beide Vorgänge nacheinander Platz greifen. So zeigte sich, daß bei einem Polypenstöckchen (Sertularella polygonias), welches unter ungünstigen Ernährungsverhältnissen an Stelle normaler Personen nur Ausläufer, Stolonen, bildete, der erste Stolo von Anfang an sich dem Lichte abwandte, negativ heliotropisch war; die weitern Ausläufer dagegen, die Stolonen zweiter, dritter Ordnung etc., erwiesen sich zuerst positiv heliotropisch, indem sie an der dem Lichte zugewendeten Seite des Mutterstolo entstanden, wurden jedoch nach Erzeugung weiterer Tochterstolonen ihrerseits ebenfalls negativ heliotropisch. Auch die Phototaxis ist entweder positiv oder negativ, positiv, wenn die Tiere den oralen Pol und die ventrale Seite des Körpers der Lichtquelle zukehren (photophile Tiere), negativ, wenn sie ihr den aboralen Pol und die dorsale Seite zuwenden (photophobe Tiere). Die Einstellung des Körpers gegen die Lichtquelle erfolgt bei bilateralsymmetrischen Tieren so, daß die Medianebene in die Richtung desjenigen Lichtstrahls fällt, welcher durch den Standort des Tieres geht; über radiärsymmetrische Tiere liegen noch keine Untersuchungen dieser Art vor. Phototaktische Erscheinungen sind in zahlreichen Gruppen des Tierreichs zur Beobachtung gekommen; unter den Urtieren sind sie besonders studiert bei den Flagellaten, unter den wirbellosen Metazoen bei den Insekten; unter den Wirbeltieren bieten ein dankbares Untersuchungsobjekt besonders die Höhlentiere, die, wie der Olm, sehr photophob, d. h. negativ phototaktisch sind, indem sie die Lichtquelle fliehen. Wie besonders Untersuchungen an Urtieren ergeben haben, ist von großem Einfluß die Lichtintensität. Diese als Photometrie bezeichnete Eigentümlichkeit besteht darin, daß die betreffenden Organismen, z. B. besonders Flagellaten, bei gewissen Intensitäten des Lichtes positiv, bei andern negativ und bei manchen überhaupt nicht phototaktisch sind. Sie sind also auf eine bestimmte Lichtintensität gestimmt, und diese Lichtstimmung kann sogar bei einer und derselben Art individuell verschieden sein. Außer der Intensität der Lichtstrahlen ist ferner ihre Brechbarkeit von Bedeutung. Wie bei den Pflanzen, so läßt sich zeigen, daß auch für die Tiere wenigstens vorwiegend den stärker brechbaren Strahlen ein richtender Einfluß zukommt, während die im Sonnenlicht enthaltenen schwachen brechbaren Strahlen gar keinen oder nur einen geringen Einfluß auf die Orientierung ausüben. Die Abhängigkeit von Lichtstrahlen verschiedener Brechbarkeit ist bei den einzelnen Formen eine sehr verschiedene; im allgemeinen nimmt die phototaktische Wirksamkeit der schwächer brechbaren Strahlen in dem Tierreich mit zunehmender Differenzierung der Organe zu, ohne indessen jemals die Wirksamkeit der stärker brechbaren Strahlen ganz zu erreichen. Viele niedere Tiere reagieren nur auf einen ganz bestimmten kleinen Teil des Spektrums, während alle andern Strahlen auf sie wie Dunkel wirken. Bei sehr ausgesprochen photophilen Organismen wirkt die Dunkelheit bewegungshemmend; so verfallen bestimmte Bakterien, wenn sie dem Dunkel ausgesetzt werden, nach kürzerer oder längerer Zeit in Dunkelstarre, indem sie ihre Bewegungen völlig einstellen, und können erst durch neue Lichteinwirkung veranlaßt werden, die Bewegungen wieder aufzunehmen. Umgekehrt kann das Licht bei stark photophoben Organismen bewegungshemmend wirken; so zieht der Wurzelfüßler Pelomyxa palustris bei Einwirkung des Lichtes die Pseudopodien ein, und es tritt Neigung ein, Kugelgestalt anzunehmen. Vgl. Driesch, Heliotropismus bei Hydroidpolypen (»Zoologische Jahrbücher«, Bd. 5, 1890); Verworn, Psycho-physiologische Protistenstudien (Jena 1889); Loeb, Der Heliotropismus der Tiere (Würzb. 1890).

Helldorf, Otto Heinrich von H.-Bedra, deutscher Politiker, wurde im Juni 1890 zum Mitglied des Herrenhauses ernannt und bei einer Nachwahl Ende 1890 auch wieder in den Reichstag gewählt.

Hellqvist, Karl Gustav, Maler, starb 20. Nov. 1890 geisteskrank in München, nachdem er schon im J. 1888 seine Lehrstelle in Berlin aufgegeben hatte.

Helten, Willem Lodewyk van, niederländ. Sprachforscher, geb. 30. Aug. 1849 zu Hedel, seit 1882 Professor an der Universität Groningen; schrieb: »Über die Wurzel lu im Germanischen« (1873); »Fünfzig Bemerkungen zum Grimm'schen Wörterbuche« (1874); »De Klinkers en Medeklinkers in de Nederlandsche Taal« (Rotterd. 1875); »Het Werkwoord« (das. 1877); »Vondel's Taal« (1881); »Over Middelnederlandschen Versbouw« (1884); »Middelnederlandsche Spraakkunst« (1886) u. a.

Henke, Wilhelm, Anatom, geb. 19. Juni 1834 zu Jena als Sohn des Kirchenhistorikers Ernst Ludw. Theodor H., studierte in Marburg, Göttingen, Berlin und Utrecht, wurde 1865 Professor der Anatomie in Rostock, 1872 in Prag und 1875 in Tübingen. Er schrieb: »Die Gruppe des Laokoon« (Leipz. 1872); »Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke« (das. 1863); »Das Auge und der Blick« (Rostock 1871); »Die Menschen des Michelangelo im Vergleich mit der Antike« (das. 1871); »Topographische Anatomie des Menschen in Abbildung und Beschreibung« (Berl. 1879-83, 2 Bde.); »Handatlas und Anleitung zum Studium der Anatomie im Präpariersaal« (das. 1888-89).