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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kunststein; Kunstunterricht und Kunstpflege

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Kunststein - Kunstunterricht etc.

Mittelalters und der Renaissance« (Berl. 1885); H. Kolb, »Glasmalereien des Mittelalters und der Renaissance« (Stuttg. 1884, 60 Taf.); »Meisterwerke schweizerischer Glasmalerei«, herausgegeben vom historisch-antiquarischen Verein in Winterthur (Berl., 60 Taf., Lichtdruck). Ein brauchbares Handbuch ist die »Anleitung zur Kabinettglasmalerei« von H. Lehnert (Berl. 1887). Der von B. Bucher verfaßte Katalog der Glassammlung des österreichischen Museums enthält 12 Tafeln in Heliogravüre (Wien 1888).

Sehr reich ist auch für die Textilkunst gesorgt worden. Die Gobelins sind wieder von französischer Seite behandelt in der »Histoire de la tapisserie depuis le moyen-âge jusqu'à nos jours« (Tours 1886) von J. ^[Jules] Guiffrey, die Stickerei von Lady M. Alford in »Needle work as art« (Lond. 1886). Eine Auswahl schöner Spitzen aus Privatbesitz ist reproduziert in »Alte kunstvolle Spitzen auf der Ausstellung zu Brüssel 1884« (Berl.). Webereien hat E. Kumsch in den »Stoffmustern des 17. und 18. Jahrhunderts« aus dem Dresdener Museum herausgegeben (Dresd. 1888, 50 Taf., Lichtdruck). In Lieferungen erscheint »Die dekorative Kunststickerei«, Vorlagen, zum Teil nach alten Mustern gesammelt von Fr. Lipperheide (Berl. 1888). Alten Gemälden hat S. Sacher ^[richtig: Vacher (= Sydney Vacher, 1854-1934)] Flachornamente entnommen: »Fifteenth century Italian ornaments chiefly taken from brocades and stuffs found in pictures in the national-gallery« (Lond. 1886, 30 Taf.). Brauchbare Werke sind auch von E. Drahan: »Ornamentale Entwürfe für die Textilindustrie« und »Geometrische Ornamente für die Textilindustrie« (Reichenberg 1883).

Das Gebiet der Buchbinderei behandelt O. Uzanne in »La reliure moderne artistique et fantaisiste« (Par. 1887). Hier sind auch zu nennen die Vorbilder für die innere Buchausstattung: K. Lamprecht, »Initial-Ornamentik des 8. bis 13. Jahrhunderts« (Leipz. 1882, 42 Tafeln), C. Hrachowina, »Initialen, Alphabete und Randleisten verschiedener Kunstepochen« (Wien 1883), und Derselbe, »Wappenbüchlein für den Kunsthandwerker« (Wien 1883).

An der Litteratur über Japan hat sich jetzt auch Deutschland beteiligt. Von dem Werke von J. ^[Justus] Brinckmann: »Kunst und Handwerk in Japan« (Berl. 1889) ist erst der erste Band erschienen, der von einzelnen Zweigen des Kunstgewerbes nur Malerei und Holzschnitt enthält. Mehrfach liegen aber bereits Vorbilder vor. So von Dolmetsch, »Japanische Vorbilder« (Stuttg., 50 Taf.), die verschiedene kunstgewerbliche Gegenstände abbilden, ferner der »Japanische Formenschatz«, eine internationale Publikation von Bing (Leipz. 1889 ff.), dessen Lieferungen ebenfalls gemischt Holzschnitte, Malereien und Geräte farbig abbilden, dann von E. Kumsch: »Japan-Album. Dekorative japanische Handzeichnungen aus dem königlichen Kunstgewerbemuseum in Dresden« (Dresd. 1885). Die wichtigsten Werke für die Kenntnis der japanischen Kunst sind: »L'art japonais« (Par. 1883) von L. Gonse und »The pictorial arts of Japan« von Will. Anderson (Lond. 1886). Eine neue Geschichte der Keramik mit einem Katalog seiner Sammlung hat Bowes: »Japanese pottery« (Lond. 1890), herausgegeben. Ein sehr brauchbares Nachschlagebuch für die Namen japanischer Regenten, Künstler, für die Geschichte, Mythologie und Marken ist »Ancien Japon« von G. Appert, Professor in Tokio (Tokio 1888).

Schließlich führen wir von neu erschienenen Zeitschriften als die wichtigste das seit 1885 in Verbindung mit der »Zeitschrift für bildende Kunst« erscheinende »Kunstgewerbeblatt«, redigiert von A. Pabst (Leipz.), an, das gleicherweise der Wissenschaft wie der Praxis dient. Nur für letztere bestimmt ist das »Fachblatt für Innendekoration« (Stuttg.).

Kunststein, in weitester Bedeutung jeder künstlich hergestellte Stein im Gegensatz zu den natürlichen, »gewachsenen« Steinen. In diesem Sinne sind Kunststeine alle gebrannten Steine (Ziegel, Terrakotten etc.) sowie die große Zahl der verschiedensten auf nassem Wege angefertigten, steinartigen Erzeugnisse, sei es, daß dieselben zur Herstellung von Mauerkörpern dienen, sei es, daß sie als Dacheindeckungen, Fußbodenbeläge, Wandbekleidungen etc. Verwendung finden. Im engern Sinne bezeichnete man als Kunststeine während der 60er Jahre dieses Jahrhunderts die damals wieder in Aufnahme gekommenen sogen. Pisésteine, das sind gepreßte, aus Kalk oder Zement und Sand bestehende Bausteine in Ziegel- oder etwas größerm Format. Mit den 70er Jahren ist die Bezeichnung K. allgemein und fast ausschließlich gebräuchlich geworden für ein Fabrikat, welches den Werkstein, besonders Sandstein, nachahmen und ersetzen soll. Dieser Kunstsandstein wird gefertigt aus bestem, vor der Verarbeitung durch feine, seidene Siebe gegangenem Zement, an der Luft zerfallenem und ebenfalls fein gesiebtem, gebranntem Kalk und einer Mischung von scharfem Kies und ganz feinem Sand, welche beide vor der Verarbeitung so rein gewaschen werden, daß nur reiner Quarz, Grauwacke etc. zur Vermischung gelangen. Das Mischungsverhältnis ist verschieden und wird von den einzelnen Fabriken geheim gehalten. Der fertigen Mischung wird eine trockne Metallfarbe beigegeben, sodann wird sie mit Wasser derart angefeuchtet, daß sie, auf Platten mit der Stampfe bearbeitet, beim Kneten in der Hand plastische Form annimmt. Die Masse kommt dann in Formen von Eisen, Holz oder armiertem Gips, wird in dieselben durch Stampfen und Hämmern fest eingedrückt, unmittelbar darauf herausgenommen und im Schatten, mit Tüchern bedeckt, vier Wochen feucht erhalten. Nach dieser Zeit ist der Stein druckfest und wetterbeständig und kann zur Verwendung gelangen. Man benutzt ihn zu allen den Bauzwecken, denen der natürliche Sandstein dient. Für Nutzzwecke geschieht dies vielfach mit Vorteil, namentlich da, wo es sich um feuersichere Herstellungen, auf die in der Neuzeit so großes Gewicht gelegt wird, wie z. B. freitragende Treppen u. dgl., handelt. Für sie hat sich das Material gut bewährt. Weniger erfolgreich sind die Bestrebungen, es als Ersatz des gewachsenen Steines da einzuführen, wo dieser künstlerischen Zwecken dient.

Kunstunterricht und Kunstpflege. Die Weltausstellungen von 1851, 1855 und 1867, welche die erste Gelegenheit zu einem Vergleich der künstlerischen und kunstgewerblichen Leistungen aller Nationen geboten, haben auch den Anstoß zu einer Reform, bez. zu einer systematischen Regelung des Kunstunterrichts im weitesten Sinne und im besondern mit Bezug auf das künstlerisch zu veredelnde Gewerbe gegeben. England hat zuerst erkannt, daß eine rationelle Förderung des Kunstgewerbes eine Quelle des öffentlichen Wohlstandes werden könne. Österreich war das nächste Land, welches sich dieser Erkenntnis anschloß und die an eine Staatsregierung nach dieser Richtung herantretenden Aufgaben mit richtigem Verständnis löste. Deutschland trat zuletzt in diese Bewegung ein, weil die großen politischen Ereignisse der Epoche von 1864 bis 1871 seine vollen Kräfte auf andern Gebieten in Anspruch genommen hatten. Seit der Konsolidierung der politischen Verhältnisse hat es jedoch seine vor-^[folgende Seite]