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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Phosphoreszenz

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Phosphoreszenz (Leuchtsteine, Meeresleuchten).

leuchtet P. nur beim Erwärmen, leitet man aber bei niederer Temperatur Ozon ein, so wird der P. sofort leuchtend unter Absorption von Sauerstoff und Bildung der charakteristischen Oxydwolke. Nun hat Sage ein Oxyd des Phosphors P4O6 ^[P_{4}O_{6}] entdeckt, welches von Thorpe näher untersucht worden ist. Es bildet sich neben Phosphorpentoxyd P2O5 ^[P_{2}O_{5}] bei langsamer Verbrennung des Phosphors an der Luft, erstarrt beim Abkühlen zu weißen Kristallen, schmilzt bei 23°, siedet bei 173°, hält sich in verschlossenen Röhren unverändert, wird aber am Lichte, namentlich im direkten Sonnenlicht, schnell dunkelrot. Bei gewöhnlicher Temperatur absorbiert das Oxyd langsam Sauerstoff, doch findet die Oxydation nur im dampfförmigen Zustand statt. Unter vermindertem Drucke ist die Oxydation von Erglühen begleitet, welches besonders bei Gegenwart von Ozon lebhaft ist. Bei der Oxydation entsteht indes kein Ozon. Je höher die Temperatur ist, um so geringer braucht der Verdünnungsgrad zur Hervorrufung des Leuchtens zu sein. Bei allmählichem Erwärmen nimmt die Leuchtkraft des Oxyds beständig zu, bis bei einer bestimmten Temperatur ohne plötzliches Anwachsen der Lichtintensität Entzündung erfolgt. In erwärmtem Sauerstoff verbrennt das Oxyd mit glänzender Flamme, und ebenso entzündet es sich mit Chlor. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich nun für das Leuchten des Phosphors das Folgende. Wird P. unter Verhältnissen in eine sauerstoffhaltige Atmosphäre gebracht, daß er sich verflüchtigen kann, so oxydiert er sich teils zu Phosphorpentoxyd P2O5 ^[P_{2}O_{5}], teils zu P4O6 ^[P_{4}O_{6}]. Hierbei entsteht Ozon (O3) ^[(O_{3})] etwa in dieser Weise:

P2+3O2=P2O5+O·O2+O=O3 ^[P_{2}+3O_{2}=P_{2}O_{5}+O·O_{2}+O=O_{3}].

Das Ozon wirkt auf den rückständigen Phosphordampf und das niedere Oxyd unter Erzeugung des Lichteffekts. Das Leuchten ist als eine langsam brennende Flamme von außerordentlich niedriger Temperatur aufzufassen. Durch geeignete Mittel kann dies Leuchten allmählich gesteigert werden, bis es durch ganz regelmäßige Zunahme in gewöhnliche kräftige Verbrennung übergeht. Übrigens lassen sich auch andre Substanzen in gleicher Weise zum Leuchten bringen; so leuchtet Arsen beim Erwärmen in Sauerstoff, und Schwefel wird in einer Sauerstoffatmosphäre bei 200° ebenfalls leuchtend.

Phosphoreszenz. Die aus Erdalkalisulfiden hergestellten Leuchtsteine bieten manche bisher nicht erklärte Eigentümlichkeiten. Je nach der Herkunft der Mineralien oder andern Rohstoffe, aus welchen man sie darstellt, und je nach der Bereitungsweise erhält man Präparate von sehr verschiedener Beschaffenheit. Nach den Untersuchungen von Klatt und Lenard spielen hierbei chemische Verhältnisse eine große Rolle. Ganz reiner kohlensaurer Kalk, durch Glühen und darauf folgendes Erhitzen mit Schwefel in Calciumsulfid verwandelt, gibt einen Leuchtstein, der nur sehr schwach phosphoresziert und auch nach Zusatz verschiedener Alkalisalze keine stärkere P. zeigt. Wenn aber vor dem Erhitzen mit Schwefel eine sehr geringe Menge Kupfersalz hinzugefügt wird, so erhält man eine P., gegen welche die des reinen Präparats fast verschwindet. Dieser Effekt wird durch 0,00008 Kupferoxyd auf 1,0 Kalk hervorgebracht, sobald aber die Kupfermenge so weit vergrößert wird, daß der Kalk mißfarbig erscheint, ist die Leuchtkraft nur noch schwach. Zusätze von 0,1 Natriumsulfat und andern Natriumsalzen lassen die P. intensiv hervortreten, Chloride aber wirken schädlich. Strontiumsulfid mit 0,000625 Kupferoxyd und 0,03 Fluorcalcium gibt intensiv gelbgrüne, Baryumsulfid mit ebensoviel Kupferoxyd und 0,05 schwefelsaurem Kali oder 0,03 Fluorcalcium tiefrote P. Auch Wismut wirkt günstig, wenngleich nicht so energisch. 0,0013 Wismutoxyd und 0,1 Natriumhyposulfit gibt in Calciumsulfid blaue P. (die Balmainsche Leuchtfarbe ist eine solche Mischung). Mangansalze geben mit Calciumsulfid gelbe P., und die Leuchtkraft wächst bis zu einem Gehalt von 0,03 Mangan. Sie wird verstärkt durch Zusatz von 0,2 schwefelsaurem Kali. Chloride wirken hier nicht ungünstig wie bei Kupfer und Wismut, weil das Manganchlorid wenig flüchtig ist. Reines Schwefelcalcium phosphoresziert vielleicht gar nicht; in den aus Mineralien hergestellten Leuchtsteinen bedingt in der Regel Kupfer oder Mangan das Leuchten, viel seltener Wismut. Bringt man ein stark phosphoreszierendes Präparat auf einem Glimmerblättchen unterhalb zweier ring- oder plattenförmiger Elektroden in ein Glasrohr, welches auf einer Seite mit einer Luftpumpe in Verbindung steht, auf der andern durch eine angekittete Glasscheibe verschlossen ist, macht das Rohr luftleer, erhitzt die Substanz und läßt gleichzeitig die Entladungsfunken eines Funkeninduktors durch das Rohr hindurchgehen, so ist die P. so stark, daß sie das Auge blendet und den Raum beträchtlich erhellt.

[Phosphoreszenz von Bakterien, Seetieren, Pilzen.] Nachdem man darauf aufmerksam geworden ist, daß es auch leuchtende Bakterien gibt, die am Phänomen des Meeresleuchtens und des Leuchtens absterbender Seetiere stark beteiligt sind (vgl. Bd. 17, S. 657), hat sich die Zahl der durch verschiedene Gestalt und Lebensweise ausgezeichneten Arten beständig vermehrt, und Beyerinck zählte 1889 schon 5-6 Arten, die er unter dem Namen Photobacterium zusammenfaßt. Er nennt P. phosphorescens die gewöhnliche Bakterie der leuchtenden Fische, P. indicum und P. Fischeri die beiden von Fischer entdeckten Leuchtbakterien des Indischen Meeres und der Ostsee. Dazu entdeckte Beyerinck in der Nord- und Ostsee drei neue, von denen P. luminosum im Schaume der Brandung bei Scheveningen gefunden wurde und ein bläulichgrünes Licht wie die beiden erstgenannten verbreitet, während P. Fischeri weniger lebhaft und mehr orangerot leuchtet. Alle diese Arten, zu denen noch zwei unbenannte, der letztgenannten ähnliche Arten aus der Ostsee kommen, gedeihen am besten, wenn das Nährmittel 3,5 Proz. Meersalz enthält. Ihre Stickstoffnahrung entnehmen sie am liebsten den Peptonen, den Kohlenstoff sehr verdünnten Lösungen von Glykose, Lävulose, Maltose, Galaktose, Kalklaktat und Glycerin. Die Aufnahme der Nahrung ist von Lichtentwickelung begleitet. Erreicht die Glykose in der Nährmasse 2 Proz., so erlischt das Leuchten, und dasselbe bewirkt jede Spur einer Säure. Auf Gelatine kultiviert, verhalten sich die Arten ungleich; die einen wirken stark verflüssigend, die andern nicht. Keine von ihnen scheint Sporen zu bilden, aber alle können durch die Kultur in leichtbewegliche Zustände übergeführt werden, welche gegen die Sauerstoffquellen schwimmen und unter gewissen Bedingungen die Form von Spirillen und Vibrionen annehmen. Sie scheinen außerdem sehr veränderlich zu sein, ergeben nichtleuchtende oder leuchtende Kulturen, die ihre Veränderung durch Reihen neuer Kulturen bewahren, aber dann ebenso plötzlich wieder in die ältere Form zurückschlagen, ähnlich wie die Wunderblutbakterie oft farblose Kulturen liefert, die gelegentlich wieder purpurrot werden. Das Leuchten ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine zufällige Folge der Sauerstoff-^[folgende Seite]