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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Preußen

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Preußen (Statistisches).

gestiegen, bleibt jedoch hinter dem bisher höchsten Stande vom Jahre 1872 um 14,890 zurück. Die Zahl der Ehescheidungen, die bis 1888 alljährlich gestiegen ist, hat 1889, wo sie 3994 betrug, gegen das Vorjahr um 257 abgenommen. Geburten fanden 1889: 1,136,588 statt, davon Lebendgeburten 1,094,504 (561,115 männlichen, 533,389 weiblichen Geschlechts). Unehelich wurden 85,962 Kinder geboren (7,85 Proz.); darin zeigt sich gegenüber der Periode 1885-87, wo die unehelichen Geburten 8,11 Proz. ausmachten, ein nicht unbedeutender Fortschritt. Sterbefälle kamen 1889: 724,803 vor (inkl. Totgeborne), gegen das Vorjahr 16,594 mehr, doch weniger als sonst in einem Jahre seit 1880. Die natürliche Vermehrung betrug 411,785 Personen, d. h. 14,2 auf 1000 zu Anfang des Jahres Lebende. Sie ist fast ebenso groß als im Vorjahr (14,8 pro Mille) und erheblich höher als im Zeitraum 1880-86, wo sie nur 11,5-12,4 pro Mille betrug.

Die Zahl der überseeischen Auswanderer aus P. betrug in den Jahren 1889 und 1890: 57,957, bez. 51,407 Personen, davon wählten 32,042, bez. 32,131 den Weg über Bremen, 16,628, bez. 17,449 über Hamburg, 2154, bez. 1827 über andre deutsche Häfen, 5447, bez. 6740 über Antwerpen, 1147, bez. 833 über Rotterdam. Der Strom der Auswanderer lenkte sich vornehmlich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika (54,211, bez. 47,469 Personen); daneben 1923, bez. 2574 nach Brasilien, 765, bez. 319 nach Argentinien. Am stärksten war die Auswanderung aus den Provinzen Posen (10,310 u. 10,122), Westpreußen (10,038 u. 9613), Pommern (8016 u. 7965) und Hannover (6730 u. 5657), am schwächsten 1889 aus der Provinz Schlesien (1905) und 1890 aus der Rheinprovinz (1218).

Konfession. Während bis 1867 die evangelische Bevölkerung in P., auch abgesehen von der außergewöhnlichen Vermehrung durch die Erwerbung überwiegend evangelischer Landesteile (1866), stärker als die römisch-katholische zunahm, ist seitdem ein stärkeres Anwachsen der katholischen Bevölkerung beobachtet worden. Diese Veränderung läßt sich zunächst durch die Einwanderung von Katholiken aus Süddeutschland und die Auswanderung von Evangelischen aus den westlichen Provinzen Preußens nach Süddeutschland erklären. Bei der Volkszählung von 1885 bildete nämlich die evangelische Bevölkerung in P. 64,42 Proz., die katholische 33,97 Proz. der Gesamtbevölkerung; unter den Einwanderern waren aber nur 48,23 Proz. Evangelische neben 44,74 Proz. Katholiken, während bei den Auswanderern auf 66,46 Proz. Evangelische 30,39 Proz. Katholiken entfielen. Eine zweite Quelle der stärkern Vermehrung der Katholiken im preußischen Staate bildet der größere Überschuß der Geburten über die Sterbefälle und die größere eheliche Fruchtbarkeit (1877-87 im Durchschnitt gegenüber den Evangelischen im Verhältnis von 53:44) innerhalb der katholischen Bevölkerung. Dieser Rückgang wird für das evangelische Bekenntnis nur unerheblich dadurch ausgeglichen, daß von den Nachkommen aus konfessionellen Mischehen mehr als die Hälfte den Evangelischen zufällt, und daß der Übertritt zum evangelischen Bekenntnis bedeutend stärker ist als zum römisch-katholischen. So sind in den Jahren 1882-87: 11,240 Römisch-Katholische zum evangelischen Bekenntnis, aber nur 1334 Evangelische zum römisch-katholischen Bekenntnis übergetreten. Die infolge der Maigesetze im J. 1875 von 958 auf 596 gesunkene Zahl der Niederlassungen von römisch-katholischen Orden im preußischen Staate hat sich im verflossenen Jahrzehnt wieder zur frühern Höhe erhoben, nachdem durch die Gesetze vom 14. Juli 1880 und 29. April 1887 nicht bloß den Orden, die es mit der Krankenpflege zu thun haben, sondern auch denen, die sich mit dem Unterricht und der Erziehung der weiblichen Jugend beschäftigen, gestattet wurde, neue Niederlassungen zu gründen. Deshalb stieg die Zahl der Ordensniederlassungen zu Ende 1889 wieder auf 974, die zusammen ca. 10,500 Mönche und Nonnen enthielten.

Landwirtschaft. Auf Grund der Materialien der Gebäudesteuerrevision vom Jahre 1879 ist im königlichen Statistischen Büreau eine Statistik des Grundeigentums und der Gebäude im preußischen Staate bearbeitet worden, wobei als Besitzungen einzelne Gebäude oder Gebäudekomplexe mit den wirtschaftlich dazu gehörenden nutzbaren Flächen angesehen werden. Die Erhebung bezieht sich auf den ganzen Staat mit Ausnahme Hohenzollerns, für welches das Gebäudesteuergesetz von 1861 nicht gilt. Danach gab es in P. (in Stadt und Land) 2,917,852 Besitzungen, die meisten in der Rheinprovinz (19,39 Proz.), Schlesien (13,81 Proz.), Sachsen (9,89 Proz.) und Hannover (9,27 Proz.), die wenigsten in Berlin (0,63 Proz.), Westpreußen (3,94 Proz.), Pommern (4,30 Proz.) und Schleswig-Holstein (4,72 Proz.). Unter allen Besitzungen waren 149,606 (5,13 Proz.) öffentliche, davon gehörten dem Staate, dem königlichen Hause, Standesherren etc. 10,5 Proz., den Gemeinden, Kirchen- und Schulsocietäten 79,4 Proz., den Provinzen, Kreisen etc. 1,8 Proz., den Eisenbahnen 6,3 und milden Stiftungen 2 Proz. Die überwiegende Mehrzahl der Besitzungen (94,87 Proz.) gehörte Privatpersonen und wirtschaftlichen Genossenschaften, wie Kreditvereinen, Aktiengesellschaften etc. Verhältnismäßig die meisten öffentlichen Besitzungen entfallen auf Pommern, Brandenburg und Sachsen. Wenn man unter den Privatbesitzungen die ländlichen ausschließlich ins Auge faßt, so ergibt sich, daß davon 1,559,712 mit einem Umfang von 23,9 Mill. Hektar vorhanden sind. Davon gehörten dem Großgrundbesitz (Grundsteuerreinertrag von mehr als 1500 Mk.) 2,1 Proz. mit 9 Mill. Hektar, dem mittlern Besitz (Reinertrag 300-1500 Mk.) 11,7 Proz. mit 7,1 Mill. Hektar, dem Kleinbesitz (Reinertrag 100-300 Mk.) 17,1 Proz. mit 4,5 Mill. Hektar und dem Parzellenbesitz, dessen Inhaber auf andern Erwerb durch Tagelohn etc. angewiesen sind, 69,1 Proz. mit 3,2 Mill. Hektar.

Die Ernte des Jahres 1889 blieb hinter den beiden allerdings günstigen Erntejahren 1886 und 1887 in den wichtigsten Feldfrüchten erheblich zurück. Hauptgrund war besonders für die östlichen Provinzen die anhaltende Trockenheit in den Monaten Mai und Juni. Die Ernte ergab folgende Mengen (in Parenthese verglichen mit dem Ertrag des Jahres 1888): Weizen 1,323,266 Ton. (-88,574 T.), Roggen 3,676,425 T. (-205,837 T.), Gerste 922,086 T. (-174,460 T.), Hafer 2,499,494 T. (-241,042 T.), Buchweizen 110,488 T. (+10,834 T.), Erbsen 218,273 T. (-21,073 T.), Bohnen 123,397 T. (+7205 T.), Kartoffeln 16,936,440 T. (+2,931,595 T.), Klee (Futter) 2,306,053 T. (+193,321 T.), Wiesenheu 6,874,462 T. (+756,518 T.). Nach der wie alljährlich im Oktober angestellten vorläufigen Ermittelung läßt sich die Ernte des Jahres 1890 als eine gute Mittelernte bezeichnen. Man schätzt den Ertrag von Winterweizen auf 1,37 Mill. T. (1889: 1,22 Mill. T.), Winterroggen auf 3,72 Mill. T. (3,64 Mill. T.), Sommergerste auf 1,06 Mill. T.