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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Staubexplosionen

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Staubexplosionen (Entstehung, Verhütung).

inzwischen bereits auf andre Blei- und Arsenikhütten ausgedehnt haben. In ähnlicher Weise hat man auch die Kraft starker Elektromagnete verwertet, um den feinen Eisenstaub mancher Industriewerkstätten, in denen viel eiserne Gegenstände gefeilt werden, zu beseitigen; wenn es sich aber um den schädlichern Messing- und Kupferstaub handelt, helfen nur Respiratoren, welche der Lunge eine filtrierte Luft zuführen. In andern stauberzeugenden Industrien hat man zu kräftig arbeitenden Ventilatoren seine Zuflucht nehmen müssen, welche die Luft des Arbeitsraums schnell erneuern, was aber im Winter mit einem starken Wärmeverlust verknüpft ist, weshalb auch hier wieder die Frage nach einer Reinigungsmethode auftaucht, die der Luft möglichst den S. und die Kohlensäure zugleich entziehen soll, um sie dann dem Arbeitssaal von neuem zuzuführen.

Staubexplosionen. Die verheerenden Explosionen, welche mitunter in Räumen auftreten, in welchen sich mehr oder weniger dichte Staubmengen befinden, haben seit längerer Zeit in hohem Grade die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und insbesondere die Frage nach ihrer Ursache und nach den Mitteln ihrer Vermeidung zu einer äußerst wichtigen gestaltet. Namentlich bildete die 7. Nov. 1887 stattgefundene Explosion der neuen Wesermühle in Hameln den Gegenstand umfangreicher Erörterungen, welche zu sehr bemerkenswerten Resultaten geführt haben. So steht fest, daß eine Reihe von Körpern leicht entflammbaren Staub liefern. Dazu gehören in erster Linie Mehl, Getreide, Holz, Kork, Stärke, Dextrin, Malz, Holz-, Stein- und Braunkohlen etc., also Stoffe, bei deren Herstellung oder Verarbeitung die Bildung von Staub kaum zu umgehen sein wird, der unter gewissen Bedingungen sich entzündet, mit Heftigkeit unter Explosionserscheinungen verbrennt und häufig neben bedeutenden Zertrümmerungen Brände zur Folge hat (Mühlenbrände, Kohlenstaubexplosionen in Bergwerken etc.). Verschieden sind die Ansichten über die Entstehung der S. Von einer Seite wird die Meinung vertreten, daß der Staub gärungsfähiger Substanzen, z. B. Mehl, unter den bekannten Bedingungen alkoholische Dämpfe oder Sumpfgas entwickelt und dadurch die plötzliche Entzündung ermöglicht. Nach einer andern Ansicht soll sich die Explosion erst einstellen, wenn ein Teil des Staubes zu Kohle verbrannt ist und diese sich mit dem Sauerstoff des stets im Staube vorhandenen Wassers zu Kohlenoxyd verbunden hat, während der frei gewordene Wasserstoff mit dem atmosphärischen Sauerstoff Knallgas bildet, das mit Heftigkeit explodiert. Eine dritte Anschauung geht dahin, daß gewisse Staubgattungen die Eigenschaft haben, bei bestimmten Voraussetzungen zu verpuffen. Da über die in Rede stehende Erscheinung nur wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen entscheiden können, so hat Weber eine Reihe solcher Untersuchungen, zunächst zur Erklärung der Mühlenexplosionen, mit Mehl- und Getreidereinigungsstaub durchgeführt und dadurch sehr wichtige Ergebnisse erzielt. Bezüglich der Bildung brennender Gase wurde gefunden, daß letztere sowohl bei einem Gärungsprozeß als bei genügender Erwärmung des Mehls entstehen, allein in solchen geringen Mengen und unter solchen Bedingungen, daß eine Explosion derselben in Mühlen zu den größten Unwahrscheinlichkeiten gehört. Dahingegen gelang es, festzustellen, daß bei Gegenwart einer gewissen Menge von Mehlstaub in der Luft eine Entzündung desselben stattfindet, wenn eine genügende Wärmequelle vorhanden ist. Diese Menge geht aus folgender Tabelle hervor:

Mehlart Wassergehalt Menge des in 1 cbm entzündbaren Staubes enthaltenen Mehles

Weizen 11,0 Proz. 23 g

Roggen 11,2 - 27 -

Buchweizen 10,1 - 18 -

Erbsen 9,4 - 35 -

Gerste 9,1 - 33 -

Malz 9,8 - 20 -

Reis 10,0 - 25 -

Kartoffelstärke 10,5 - 21 -

Kleienmehl 9,0 - 25 -

Holzmehl 6,2 - 25 -

Die Tabelle läßt zugleich erkennen, daß verschiedene Mehle Staub von verschiedener Explosionsfähigkeit liefern, daß unter andern Buchweizen und Malz am leichtesten, Gerste und Erbsen am schwierigsten explodieren, daß in allen Fällen aber ein Staubgehalt von 40 g in 1 cbm zu einer Entzündung ausreicht, wenn die Feuchtigkeit das beigeschriebene Maß nicht wesentlich überschreitet, weil Feuchtigkeit die Entzündung erheblich hemmt. Da außerdem von andrer Seite die Annahme bestätigt ist, daß dem Steinkohlenstaub bei den Grubenexplosionen eine große, gefährliche Rolle zukommt, so ist kein Zweifel mehr über die gefährliche Natur dieser Staubkörper. Die bei S. stattfindende Wirkung äußert sich jedoch in andrer Weise als diejenige der eigentlichen Sprengstoffe, indem die erstern wohl im stande sind, schwere Massen in Bewegung zu setzen, Mauern umzuwerfen, allein nicht vermögen, Teile weit wegzuschleudern, weil die hohen Gaspressungen nicht vorhanden sind. So berechnet Barkhausen bei 40 g Staub in 1 cbm eine Ausdehnung der Staubluft auf das 2,68 fache, einem Druck entsprechend, der wohl genügt, Mauern durchzudrücken. In Bezug auf die Ursachen der Entzündung ist hervorzuheben, daß letztere sowohl durch freies Feuer als durch feste glühende Körper erfolgen kann, nur mit dem Unterschied, daß dazu selbst die kleinste Öl- oder Gasflamme ausreicht, während die Zündfähigkeit eines festen Körpers von dessen Größe und Temperatur abhängt, so daß unter anderm Funken von Schleifsteinen keine Entzündung hervorrufen, dahingegen dunkelrot glühende Eisenstangen sowie größere glühende Stein- oder Metallteile die Entflammung bewirken. Da ferner eine Selbstentzündung unter den gewöhnlich vorhandenen Umständen ausgeschlossen werden muß, so folgt daraus, daß S. in erster Linie durch offene Flammen, dann durch erhitzte Maschinenteile (heiß gelaufene Zapfen, durch Reibung ins Glühen geratene Eisenteile der Elevatoren etc.) und endlich durch Funkenströme entstehen, wenn größere feste Körper (Nägel, harte Steine etc.), z. B. zwischen Mahlsteinen, glühend werden. Einmal entzündet, brennt der Staub, wenn nicht günstige Abkühlungsflächen das verhindern, fort und verursacht dadurch oft große Ausdehnung annehmende Brände (Mühlenbrände, Grubenbrände u. dgl.). Allen diesen Gefahren gegenüber zu treffende Maßregeln lassen sich auf folgende zurückführen. 1) Vermeidung großer Staubsammler; je kleiner die Räume sind, in welchen sich der Staub ansammelt, je weniger kann von letzterm auf einmal explodieren, je gefahrloser ist die Ansammlung, zumal man dabei mit größerer Leichtigkeit und in kleinern Pausen die Entfernung des Staubes zu bewirken vermag. In Verbindung hiermit steht die Anwendung der Staubfilter oder Staubfänger, welche unausgesetzt den aufwirbelnden Staub von der Luft trennen, zugleich sammeln und unschädlich machen (s. Staubsammler). 2) Vermeidung offener Flammen zur Beleuch-^[folgende Seite]