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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Uhr (Rieflers Hemmung und Pendelaufhängung).

mit dem Klötzchen befestigt; die beiden andern Arme tragen, über ihre Ebene emporstehend, die Hebe- und zugleich Ruhesteine S und S', welche cylindrisch und am obern Ende bis zur Mitte der Cylinderachse abgeflacht sind (Fig. 2). An der Cylinderfläche findet die Hebung, an der ebenen Fläche die Ruhe statt. An der Achse e f des Räderwerkes befindet sich ein Heberad H und darüber mit kleinem Zwischenraum ein Ruherad R. Die Zähne h des erstern bewirken die Hebung, die Zähne r des letztern bewirken mit ihren radialen Flächen die Ruhen. Das Spiel des Echappements vollzieht sich nun wie folgt: Wird die Unruhe U in der Richtung des Pfeiles aus ihrer Ruhelage gebracht, so bewegt die Spirale den Stern B in gleichem Sinn, bis der Stein S' sich an die Hebefläche h des Rades H anlegt. In diesem Moment verläßt die Ruhefläche des Steines S den Zahn r² des Ruherades R, die Räder drehen sich in der Pfeilrichtung und der Zahn h bewirkt die Hebung, d. h. er drängt den Stein S' zurück, bewegt dadurch den Stern B entgegengesetzt der Pfeilrichtung und erhöht auf diese Art die Federspannung der Spirale. Die Unruhe schwingt sodann vollends aus, und bei ihrer Rückkehr findet im Moment, wo sie die Ruhelage in entgegengesetzter Richtung des Pfeiles überschreitet, die zweite Auslösung statt, der Stein S' verläßt den inzwischen vorgerückten Zahn r, und der Zahn h³ bewirkt die Hebung des Steines S. Dieses Spiel wiederholt sich bei jeder Hin- und Herschwingung der Unruhe.

Außer den Rädern H und R befindet sich noch ein drittes Rad E an derselben Welle zur Bewegung eines Windfanges W. Das Spiel der Hemmung vollzieht sich dadurch ohne alle Stöße, und die Ruhezähne legen sich äußerst sanft an die Hebeflächen an. Der Auslösungswiderstand kann durch entsprechende Drehung der Steine S und S' in ihrer Fassung beliebig geändert, sogar gleich Null gemacht werden ohne Gefahr einer unzeitigen Auslösung, da die Spirale stets mit der ganzen, ihr jeweils innewohnenden Spannkraft die Ruhesteine an das Heberad andrückt.

Statt der Räder H und R kann auch ein einziges Rad mit Hebe- und Ruhezähnen in verschiedenen Ebenen (Fig. 3) angewendet werden. Für manche Zwecke (Reiseuhren U. dgl.) genügt ein Rad, dessen Zähne in einer Ebene liegen, und ein cylindrischer Stein. Die Zähne erhalten dann die in Fig. 4 dargestellte Form, oder man kann auch die Cylinder auf etwa ein Fünftel ihres Durchmessers abflachen (Fig. 5), um die Möglichkeit zu haben, den Auslösungswiderstand in einfachster Weise zu regulieren.

Fig. 6 und 7 stellen das Echappement in der Anwendung für ein Sekundenpendel dar. Die Drehachse a a des Ankers A ist durch die auf Achat- oder Sardonixsteinen P P gelagerte Messerschneide des Stahlprismas M M gebildet; ii ist die Aufhängefeder des Pendels, o ein Keil, durch welchen die Höhenlage der Pendelaufhängung etwas geändert werden kann. Durch die Schrauben v, v, v wird der Eingriff des Ankers reguliert. Die wirksame Länge der Aufhängefeder des Pendels ist durch Klemmbacken k variabel gemacht, um diejenige Länge aufzufinden, bei welcher die Pendelschwingungen isochronisch sind. Die Wirkungsweise des Echappements ist folgende: Wird das Pendel aus der Ruhelage in der Richtung des Pfeiles Fig. 6 gebracht, so bewegt sich der Anker in derselben Richtung, bis die Palette S' sich an die Hebefläche h des Rades H anlegt; in diesem Moment verläßt die Palette S den Zahn r des Ruherades R, die Räder drehen sich in der Pfeilrichtung, und der Zahn h bewirkt die Hebung, d. h. er drängt die Palette S' zurück, bewegt dadurch den Anker entgegengesetzt der Pfeilrichtung und erhöht auf diese Art die Spannung der Aufhängefeder des Pendels, wodurch demselben die nötige Kraft zugeführt wird, seine Schwingungen fortzusetzen. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder Pendelschwingung abwechselungsweise auf der einen und auf der andern Seite des Ankers.

Wird statt der Federaufhängung die Fadenaufhängung für das Pendel gewählt, die ja noch immer nicht ganz verlassen worden ist, so erfolgt die Auslösung durch den seitlichen Zug, welchen das Pendel ausübt, wenn es aus seiner Ruhelage in der dem Pfeil entgegengesetzten Richtung gekommen ist. Die Kraftzufuhr findet hierbei dadurch statt, daß der Auf-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 1-5. Rieflers Chronometerhemmung.]

^[Abb.: Fig. 6 und 7. Rieflers Pendelaufhängung.]