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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dampfkessel

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Dampfkessel (Sicherheitsprüfungen)

wie Schatten die farbigen Schichten sich abzeichneten, die man von der andern Seite deutlich sah. Es wurden demnach allerdings die stärker brechbaren Strahlen von den Nebelkügelchen in stärkerm Grade zurückgeworfen, aber diese Reflexion war nicht die Hauptursache der durch den Nebel hindurch gesehenen Farbenschichten, denn sonst hätte der Nebel von der Beleuchtungsseite her in Schichten mit komplementären Farben zu jenen erscheinen müssen. Die Versuche mit künstlichen Nebeln führen also zu dem Schluß, daß, wenn auch diffuse Reflexion und Lichtbrechung (die weiße Aureole um die Sonne entsteht wahrscheinlich durch Brechung der Sonnenstrahlen in den Wasserkügelchen) beim Entstehen der Dämmerungserscheinungen unzweifelhaft eine Rolle spielen, die Beugung des Lichtes als die Hauptursache der mannigfaltigen Dämmerungsfarben anzusehen ist.

Dampfkessel. Wassermangel ist von jeher ein gefürchtetes Vorkommen im Dampfkesselbetrieb gewesen. Man hat sich dagegen durch verschiedenartige Apparate, welche das Eintreten eines zu niedrigen Wasserstandes rechtzeitig melden, zu schützen versucht (s. Blakes Alarmapparat und Schwartzkopffs Universalkontroll- und Sicherheitsapparat, Bd. 10, S. 521 und 522), trotzdem kommen aber immer wieder Betriebsstörungen, Deformationen und Explosionen von Dampfkesseln infolge von Wassermangel im D. vor, so daß die Frage, welche Verhaltungsmaßregeln zu treffen sind, wenn infolge von Wassermangel die entblößte Kesselfläche stark erhitzt oder gar glühend geworden, nach wie vor eine brennende geblieben ist. Am nächsten liegend erscheint es, Abhilfe zu schaffen durch schnelle Zuführung von Speisewasser. Doch werden dagegen zwei Bedenken geltend gemacht. Durch Aufspeisen von Wasser auf die glühenden Bleche soll plötzlich so viel Dampf entwickelt werden, daß eine rapide und gefährlich hohe Steigerung der Dampfspannung im Kessel eintritt, welcher der Kessel nicht widerstehen kann. Dann soll das hochwarme Blech durch die Wasserzuführung plötzlich so stark abgekühlt werden, daß Risse entstehen, wodurch erst recht ein Unfall eingeleitet würde. Diesen Bedenken ist anderseits entgegengehalten worden, daß mit dem immerhin langsamen Ansteigen des Wasserspiegels das überhitzte Blech nur allmählich abgekühlt wird, das Auftreten von Rissen somit gar nicht zu erwarten steht, und daß die in den glühenden Kesselteilen aufgespeicherte Wärmemenge nicht bedeutend genug sei, um plötzlich eine große und gefährliche Dampfentwickelung herbeiführen zu können. Nach einem Vortrag von El. Haage in Chemnitz (»Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure«, 1891) hat Lavington E. Fletscher, Oberingenieur der Manchester Steam Users Association vor kurzem Versuche angestellt über das Verhalten von Kesseln, bei denen absichtlich Wassermangel hervorgerufen wurde. Der Versuchskessel war ein Zweiflammrohrkessel (s. Dampfkessel, Bd. 4, S. 449) von 8460 mm Länge, 2100 mm Durchmesser des Kessels und 915 mm Durchmesser der Flammrohre sowie von 77 qm Heizfläche. Die Blechstärke im Mantel und den Feuerrohren betrug 11 mm, in den Böden 14 mm. Die Nähte waren einfach genietet, die Flammrohre glatt ohne jede Verstärkung. An der vordern Stirnplatte waren über den Flammrohren zwei Speiseventile angeordnet, an welche Rohre angeschlossen waren, die über dem Scheitel der Flammrohre in Brausen endigten. Der Kessel war ferner mit zwei Wasserstandsgläsern, zwei Sicherheitsventilen und einer Dampfspeisepumpe mit einer Leistung von 140 Lit. Wasser in der Minute

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versehen. Um auch die Formveränderung der Flammrohre beobachten zu können, waren auf dem Scheitel jedes Flammrohres über die Länge desselben verteilt drei Eisenstäbe befestigt, deren Enden durch Stopfbüchsen in der Kesselwandung nach außen geführt, mit Drahtseilen verbunden waren. Diese liefen über Rollen und trugen am andern Ende außer einem Spanngewicht einen Zeiger, dessen Stand an einem Maßstabe beobachtet werden konnte. An der vordern Stirnwand des Kessels waren außerdem zwei Hähne eingeschraubt (der obere 150 mm, der untere 75 mm über der Sohle des Kessels), welche je mit einem wagerechten Einsteckrohr von 3,6 m Länge versehen waren. Auf der linken Seite des Kessels war in einer Entfernung von 11 m ein Raum für die Beobachter hergestellt, in welchem ein Manometer, ein Wasserstandsglas und die Maßstäbe für die Formveränderung der Mäntel untergebracht waren.

Die Versuche und ihre Ergebnisse waren folgende: Beobachtungen über die Temperatur des Wassers im Kessel während des Anfeuerns. Sowohl der Versuchskessel als auch eine ganze Reihe von andern Kesseln wurden mit Wasser von verschiedener Temperatur angefüllt und dann geheizt. Dabei zeigten sich zwischen den Temperaturen an der Kesselsohle und am Wasserspiegel Unterschiede, die vom Beginn des Anfeuerns bis zu einem bestimmten Maximum anstiegen und dann wieder abfielen. Es ergab sich bei Anfüllung des Kessels mit kaltem Wasser (14°) zwischen oben und unten ein Temperaturunterschied von 121°, bei Anfüllung des Kessels mit heißem Wasser (66°) ein Unterschied von 82°. Diese Beobachtungen führen zu folgenden Schlüssen: Das Wasser am Boden des Kessels ist von wesentlich niedrigerer Temperatur als dasjenige am Wasserspiegel. Dieser Temperaturunterschied muß wesentliche Spannungen in den Kesselblechen und ihren Verbindungen hervorrufen. Der Kessel ist daher nach der Reinigung am besten mit heißem Wasser zu füllen. Das Anfeuern eines Kessels soll thunlichst langsam erfolgen, namentlich nach einer Reinigung oder bei Inbetriebsetzung des Kessels; die Dampfentnahme beim Beginn des Betriebs, bez. bei der Verbindung mit andern Kesseln, d. h. das Öffnen der Dampfventile, soll äußerst langsam stattfinden, um möglichst geringe Bewegung in der Wassermasse hervorzurufen. Das Speiserohr soll kurz unter dem Wasserspiegel ausmünden.

Beobachtungen über die Formveränderung der Flammrohre im Betrieb wurden vorgenommen vom Beginn des Anfeuerns des mit kaltem Wasser (24°) gefüllten Versuchskessels bis zur Erreichung einer Dampfspannung von 3,6 Atmosphären und einer Temperatur von 148° oben und 40° unten im Kessel und führten zu folgenden Ergebnissen: Der Kesselmantel verlängerte sich um 9,5 mm (0,11 Proz. seiner Länge). Die Vergrößerung des Kesseldurchmessers war verschwindend klein. Die Formveränderung der Flammrohre war erheblich und betrug nach der Mitte der Flammrohre bis zu 15 mm = O,18 Proz. der Länge, d. h. die Flammrohre wölbten sich um 15 mm nach oben. Hieraus wird geschlossen, daß den Stirnwänden der Flammrohrkessel, damit sie den schiebenden Ausdehnungen der Flammrohre folgen können, eine gewisse Elastizität gelassen werden muß, und daß die Flammrohre mit dem Mantel nicht verankert werden, sondern höchstens aufliegend unterstützt werden dürfen.

Versuche mit rotglühend gemachten Flammrohren wurden mit und ohne Dampf