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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Dampfkessel (Sicherheitsprüfungen)

spannung angestellt. Bei letztern wurde der Kessel gefüllt und bei geöffneten Sicherheitsventilen bis zur vollen Dampfentwickelung angefeuert, wobei sich eine Spannung von 0,2 Atmosphären zeigte. Nun wurde das Wasser abgelassen bis 400 mm unter den Flammrohrscheitel und nach 14 Minuten bei geschlossenen Sicherheitsventilen frisches Wasser durch die über den Flammrohrscheiteln mündenden Speiserohre zugeführt, wobei die Spannung in 3/4 Minute von 0,4 Atmosphären auf 1,8 Atmosphären stieg, um nach 13 Minuten wieder auf 0,4 Atmosphären zurückzukommen. Hierbei waren, wie die Untersuchung ergab, die entblößt gewesenen Flammrohrflächen überhitzt worden. Die Ringnähte waren leck und die Flammrohre im Querschnitt oval geworden und ihrer Länge nach aufwärts durchgebogen. Trotzdem zeigte sich in den Blechen und Nietungen der Flammrohre kein Riß.

Bei den Versuchen mit Dampfspannung wurden Vorrichtungen zur Erkennung des Hitzezustandes der Flammrohre getroffen. Die Dampfspannung wurde bis zum Abblasen der Sicherheitsventile gesteigert und darin erhalten. Dann wurde Wasser abgelassen, bis der Wasserspiegel die Scheitel der Flammrohre berührte und darauf das Feuer in Ordnung gebracht und hoch beschickt. Nach 5, 10, 15, 17 1/2, 18, 21, bez. 23 1/2 Minuten ungestörter Verdampfung, durch welche der Wasserstand bis zu 76 mm unter den Scheitel der Flammrohre sank und diese auf 207 mm Breite freigelegt wurden, ward kaltes Wasser eingeführt (147 Lit. in der Minute), bei einigen Versuchen mit einem gewöhnlichen, unter dem Wasserspiegel mündenden Speiserohr, bei andern von oben her auf die glühenden Flammrohre. Bei all diesen Versuchen trat weder eine Steigerung der Dampfspannung ein (sie verringerte sich vielmehr um ein Geringes), noch zeigten sich Risse in den Blechen. Nur die Ringnähte der Flammrohre waren zum Teil undicht geworden. Aus sichern Anzeichen ging unzweifelhaft hervor, daß die Scheitel der Flammrohre glühend gewesen waren. Die Ergebnisse aller Versuche führen zu folgenden Resultaten: Das Aufspeisen von kaltem Wasser auf rotglühende Flammrohre führte nicht zu einer schnellen Entwickelung von Dampf in solcher Menge oder Spannung, daß die Sicherheitsventile den Dampf nicht ableiten, der Mantel des Kessels der Spannungssteigerung nicht widerstehen konnte, und hatte ferner auch keine Längs- und Querrisse in den Blechen und Nähten zur Folge. Wird nun berücksichtigt, daß bei der allgemein üblichen Einrichtung der Kessel das Speisewasser sich nicht auf die Scheitel der Feuerplatten ergießt, die Abkühlung der glühenden Bleche daher nur allmählich durch Steigen des Wasserspiegels erfolgt, so ist zu erwarten, daß bei den gewöhnlichen Betriebskesseln das Einspeisen von kaltem Wasser bei eingetretenem Wassermangel ebensowenig gefährliche Folgen nach sich ziehen wird, wie bei dem Versuchskessel. Anderseits hat einer der Versuche, der infolge mangelhafter Erkennung des Hitzezustandes der Flammrohre übertrieben wurde und zur Explosion eines Flammrohres führte, erkennen lassen, daß das Erglühen und Zusammendrücken der vom Wasser entblößten Flammrohre in verhältnismäßig kurzer Zeit vor sich gehen kann. Da nun hierbei die Wirkung einer Explosion zunächst durch die Feuerthür zu erwarten ist, und der Zeitpunkt, bei welchem die Blechüberhitzung so weit gediehen ist, daß eine Zerstörung eintritt, in der Regel nicht zu bestimmen ist, so ist das in solchen Fällen zur Verminderung der

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Kesselspannung vielfach empfohlene Herausziehen des Feuers aus einem Kessel mit glühenden Blechteilen immer mit höchster Lebensgefahr verknüpft. Hingegen ist nicht ausgeschlossen, daß auch das Aufspeisen von Wasser die Explosion herbeiführen kann, wenn die Erhitzung schon noch weiter als in den Versuchen und zwar so weit gesteigert ist, daß die geringste Steigerung der Dampfspannung, welche etwa jetzt durch das Einbringen von Wasser herbeigeführt würde, genügte, um die Flammrohre zusammenzudrücken. Eine allgemein gültige Vorschrift, bei Explosionsgefahr durch Wassermangel Speisewasser einzuführen, läßt sich daher aus den Versuchen nicht ableiten.

Sind an einem Kessel Reinigungs- oder Reparaturarbeiten vorzunehmen, so braucht der Kessel, besonders wenn die Arbeiten im Innern des Kessels vorzunehmen sind, längere Zeit, um sich abzukühlen, bevor die Reinigung 2c. beginnen kann. Um die Dauer der hierdurch herbeigeführten Betriebsunterbrechung auf ein möglichst geringes Maß herabzubringen, empfiehlt C. Cario nachstehendes Verfahren zum Abkühlen der D. Nachdem das Feuer abgebrannt und der Rost abgeräumt ist, wird der noch vorhandene Dampf aus dem Kessel vollständig abgelassen, während das Wasser im Kessel stehen bleibt. Der Essenschieber bleibt in offener Lage stehen. Wenn andre Kessel durch den weit geöffneten Essenschieber des nicht geheizten Kessels beeinträchtigt werden würden, so öffne man diesen nur gerade so viel, daß ein kühlender Luftstrom durch die Kanäle streicht. Dann wird sofort die Asche aus den Zugkanälen entfernt. Da hauptsächlich Asche und Mauerwerk die Wärme zurückhalten und als schlechte Wärmeleiter die Abkühlung verzögern, so müssen alle Maßnahmen zunächst auf die Abkühlung dieser Massen gerichtet sein. Die eisernen Wandungen des Kessels kühlen sich dann von selbst leicht ab. Es ist daher das anzuwendende Kühlwasser nicht, wie es gewöhnlich geschieht, in den Kessel zu bringen, sondern es muß in die Zugkanäle, in die Flammrohre 2c. hineingespritzt werden. Dadurch verdampft das Wasser und entzieht die Wärme der Kesselanlage in sehr wirksamer Weise. Der Dampf aber zieht durch den offenen Rauchschieber nach dem Schornstein ab. Gleichzeitig wird dadurch der Staub der Asche gelöscht. Steht zum Einspritzen des Wassers in die Zugkanäle eine durch einen Nachbarkessel betriebene Speisepumpe oder hydraulischer Druck aus einem höher stehenden Wassergefäß nicht zur Verfügung, so kann man einen Schlauch mit Mundstück an das Ablaßventil des Kessels selbst anschließen und von hier aus Kesselwasser in die Kanäle spritzen, bevor der Dampf vom Kessel abgelassen wird. Letzteres Verfahren ist natürlich weniger wirksam, weil das heiße Wasser weniger kühlt als das kalte. Spritzt man das Wasser auf die Oberfläche der Asche, so bleibt es zunächst größtenteils darauf stehen, und es vergehen oft Stunden, bis das Wasser durch die ganze Aschenschicht gedrungen ist. Man warte deshalb nicht auf das vollständige Durchnässen der Asche, sondern man spritze nach oberflächlichem Ablöschen des Mauerwerks und der Asche das Wasser während des Wegziehens der Asche in die tiefern Schichten in solcher Menge hinein, daß aller Staub vollständig benetzt und gelöscht wird. Wird dadurch auch die ganze Asche noch nicht völlig abgelöscht, so wird sie doch kühl genug, um ohne Schwierigkeiten entfernt werden zu können. Das Bespritzen der Kesselwandungen wird empfohlen, damit die Arbeit des