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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dampfpfeife; Dampfschiff

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Dampfpfeife - Dampfschiff

die Maschine die Wasser nicht bewältigen konnte. Man hatte die Wasserzuflüsse unterschätzt und mußte sich zur Verstärkung der Maschine entschließen. Man baute statt eines 28zölligen bronzenen einen 34zölligen gußeisernen Dampfcylinder und größere Pumpen ein. 1794 wurde diese Feuermaschine vom König Friedrich-Schacht nach dem Hoffnungsschacht des Steinkohlenbergwerks Löbejün bei Wettin versetzt, wo sie bis 1848 im Betrieb war. Die D. auf dem König Friedrich-Schacht bei Hettstedt ist bahnbrechend für den heimischen Maschinenbau geworden. Der vom Bergassessor Bückling in England engagierte Mechaniker begann als Maschinenmeister auf der Preußischen Hoheit, unterstützt durch die Bergbehörde in Rothenburg, für andre Bergbaubezirke Feuermaschinen zu bauen. Die Dampfcylinder bezog man allerdings noch aus England, die übrigen Teile aber sämtlich voll inländischen Betriebsstätten, insbesondere Gußwaren von Ilsenburg, Mägdesprung, Lauchhammer. Ventile und kleinere Teils wurden auf der Preußischen Hoheit in einer kleinen Werkstatt angefertigt. Der Zusammenbau der Maschinen erfolgte dann auf dem Bauplatz. Nachweislich sind Maschinen für den anhaltischen Silberbergbau bei Harzgerode, für die Salinen Schönebeck und Königsborn bei Unna und für die Zeche Vollmond bei Langendreer geliefert worden. Die damalige Werkstätte auf der Preußischen Hoheit wurde später nach der Gottesbelohnungshütte und von da 1848 nach der Saigerhütte bei Hettstedt verlegt, wo sie, erweitert und den heutigen Betriebsverhältnissen entsprechend, als gewerkschaftlich Mansfeldsche Maschinenwerkstatt gegenwärtig etwa mit 450 Arbeitern im Betrieb steht. Wenn auch am dritten Orte, so ist diese Werkstatt nunmehr nahezu ein volles Jahrhundert ununterbrochen im Betrieb und darf wohl unbestritten als die älteste Maschinenbauanstalt Deutschlands gelten. - Vgl. auch Naphthadampfmaschine.

Dampfpfeife. Dampfsignale auf Schiffen, Lokomotiven, in Fabriken etc. sollen auf weite Entfernung hörbar, voneinander und von andern Zeichen leicht zu unterscheiden sein und doch in der Nähe das Ohr nicht zu sehr durch schrillen oder grellen Klang belästigen. Diesen Anforderungen sollen die sogen. Crosby-Dreiklang-Dampfpfeifen genügen, welche durch das Crosby-Warenhaus von H. Maihak in Hamburg eingeführt sind. Ihre besondere Eigentümlichkeit besteht darin, daß sie sorgfältig auf drei verschiedene Töne, und zwar den ersten, dritten und fünften der Durtonleiter (Durdreiklang) abgestimmt sind. Um die drei Töne hervorzubringen, ist der cylindrische Oberteil der Pfeife über dem Dampfschlitz durch drei sich in der Mitte unter 120° treffende Scheidewände in drei Teile zerlegt, so daß drei Luftsäulen entstehen, denen durch passend angebrachte Querwände eine verschiedene Länge derart gegeben ist, daß sie beim Anblasen je einen Ton des erwähnten Dreiklanges hervorbringen. Die drei Töne klingen im rein abgestimmten Dreiklang zusammen, frei von grellen, schreienden Nebengeräuschen und von nicht unangenehmer Wirkung für das Ohr. Dabei soll der Schall ausgiebiger als der einer gewöhnlichen Pfeife und durch seine Zusammensetzung aus mehreren Tönen auch dem ungeübtesten Ohr von andern Signalen unterscheidbar sein. Diese Eigenschaft soll die Crosby-D. besonders für die Schiffahrt und den Eisenbahnbetrieb geeignet machen. Bei starkem Nebel auf See sowie in belebten Häfen, Kanälen, Binnenseen 2c. ist die Möglichkeit der Abgabe eines eigenartigen Signals sehr wertvoll. Im Eisenbahnbetrieb sind die

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Drei-Klangpfeifen besonders beim Rangierdienst vorteilhaft zu verwenden. Diese Dampfpfeifen werden in fein poliertem Rotguß in acht Größen, von 50-305 mm Durchmesser steigend, hergestellt. (Die kleinern Pfeifen geben höher liegende, die größern tiefer liegende Dreiklänge.) Außerdem werden sie bezüglich der Anordnung der Ventile in zwei Arten ausgeführt (mit senkrechtem oder mit wagerechtem Ventil). Bei sehr hohem Dampfdruck (über 4-5 Atmosphären) im Kessel empfiehlt es sich, vor dem Ventil einen Drosselhahn einzuschalten, damit die Pfeife sich nicht überschreit.

Dampfschiff. (Fahrzeit.) Auf dem Atlantischen Ozean hat sich eine Unsitte ausgebildet, welche darin besteht, daß die Dampfer der verschiedenen Linien in der Schnelligkeit einander den Rang abzulaufen suchen. Anfangs waren die Engländer den Deutschen weit voraus, in den letzten Jahren aber haben deutsche Schiffe die englischen wiederholt geschlagen, und von beiden Seiten werden die größten Anstrengungen gemacht, um (leider auf Kosten der Sicherheit des Schiffspersonals und der Reisenden) die Fahrzeit immer mehr abzukürzen. Der größte je gebaute Dampfer war der Great Eastern von 207,25 in Länge, 27,400 Ton. Wasserverdrängung, aber mit nur 7650 Pferdekräften und 14,5 Knoten Geschwindigkeit. Ihm schließen sich an die beiden Riesenschiffe Teutonic und Majestic der White Star-Linie mit 172,21 in Länge, 17,68 in Breite, 12,000 Ton. Wasserverdrängung und 18,000 Pferdekräften. Dann folgen City of Rome der Anchorlinie, die beiden vielgenannten unglücklichen Schiffe City of Paris und City of New York der Inmanlinie, dann der Fürst Bismarck der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrtgesellschaft mit 153,16 m Länge, 17,57 m Breite, 11,400 T. Wasserverdrängung und 2 dreifachen Expansionsmaschinen von je 8000 Pferdekräften. Das Schiff hat 2700 T. (3500 cbm) Kohlen an Bord und ist eingerichtet für 420 Reisende erster, 170 zweiter Klasse, 705 Zwischendecksreisende und 270-300 Mann Besatzung. Es wurde auf der Werft des Vulkan in Bredow bei Stettin, sein Schwesterschiff, die Normannia, auf der Werft zu Fairfield gebaut. Die größten Schiffe des Norddeutschen Lloyd zu Bremen, die Spree und die Lahn, sind zwar nur 141,12 m lang, 15,8 m breit, haben 8900 T. Wasserverdrängung, aber vortreffliche Maschinen von 12,770 Pferdekräften, welche den Schiffen eine solche Geschwindigkeit geben, daß sie die englischen Schiffe überholten. Fürst Bismarck hat seine Erstlingsreise von Hamburg über Southampton nach New York in den Tagen vom 9.-16. Mai 1891 in 6 Tagen 14 Stunden 15 Minuten zurückgelegt und hierbei auf der Strecke von Southampton bis Sandy Hook, welche in Deutschland und Frankreich diesen Berechnungen und Bestimmungen zu Grunde gelegt wird, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 19,51 Seemeilen in der Stunde entwickelt. Seine beste Leistung während eines Tages betrug 20,4 Knoten. Die Erstlingsreise dauerte beim Fürst Bismarck 158 Stunden, bei City of Paris 106, Majestic 170, Teutonic 174, Lahn 181, City of New York 193, Spree 200 Stunden. Die Rückreise des Fürst Bismarck dauerte sogar nur 6 Tage 13 Stund. 15 Min., so daß hier eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 19,78 Seemeilen erreicht wurde (die deutschen und englischen Angaben der Reisedauer scheinen sich häufig zu widersprechen, weil ihr die Engländer die überfahrt von Queenstown auf Irland nach Sandy Hook, dem Leuchtturm an der Einfahrt in die Bai von New York, die nur 2800 Seemeilen mißt, die Deutschen aber, wie erwähnt.