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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Döpfner; Dorn; Dowsongas; Drehstrom; Drehstrommaschine; Drehstrommotoren; Dreiklangpfeife; Dreisinnige

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Döpfner - Dreisinnige

stände das Ertragsergebnis bedeutend. Zur Förderung des derart in finanzielle Bedrängnis geratenen Unternehmens ist von der Regierung mit der Gesellschaft 21. Mai 1891 ein Übereinkommen abgeschlossen worden, welches durch entsprechende staatliche Beihilfe (jährlich 250,000 Guld. unverzinsliche, nicht rückzahlbare Subvention und 250,000 Guld. unverzinslicher, rückzahlbarer Zuschuß, beides für die Dauer von 10 Jahren) den Fortbestand des unentbehrlichen Unternehmens sichern und die Gesellschaft befähigen soll, die dagegen übernommenen Verpflichtungen in Bezug auf die Erhaltung der Personenschiffahrt auf der österreichischen obern Donaustrecke und die Aufrechthaltung, event. Erweiterung der Güterschiffahrt sowie die Rekonstruktion des Schiffsparkes zu erfüllen. Anderseits läßt die der Regierung gesicherte Teilnahme an der Verwaltung und der derselben in Bezug auf Tarife und Reglements vorbehaltene Einfluß erwarten, daß die Gesellschaft zu einer den Wirtschaftsinteressen entsprechenden Tarifpolitik bestimmt werden wird. Zur nachhaltigen Hebung der D.-Dampfschiffahrtsgesellschaft muß allerdings auch mit der ungarischen Regierung eine Verständigung herbeigeführt werden. Ebenso werden sich die beiden Regierungen über die Fortsetzung der von der Gesellschaft betriebenen Fahrten von Galatz nach Odessa und Batum, welche dieselbe als gänzlich passiv an die russische fürstlich Gagarinsche D.-Schiffahrtsgesellschaft abzutreten willens war, zu einigen haben. Der Aufschwung des Unternehmens ist jedenfalls von der gänzlichen Beseitigung der Schiffahrtshindernisse (des Strudels bei Grein, der Untiefen bei Gönyö und der Klippen am Eisernen Thor) und von der dauernden Erhaltung des Stromes in schiffbarem Zustand abhängig. Die im Oktober 1890 auf der obern D. abgehaltene Stromschau und die seitens Ungarns beim Eisernen Thor in Angriff genommenen Regulierungsarbeiten bieten die Gewähr, daß in Bezug auf Fahrbarmachung dieser Hauptwasserstraße radikale Abhilfe geschaffen wird. Die Umwandlung des Donaukanals bei Wien in einen Handels- und Winterhafen bildet einen Teil der projektierten Wiener Verkehrsanlagen. Lebhaft befürwortet wird endlich die Herstellung eines in Wien einmündenden D.-Oderkanals, durch welche Wasserstraße ein neuer Verkehr zwischen dem Norden und Süden des Reiches geschaffen und die Zufuhr von Massenartikeln, insbesondere von Kohle, nach der Reichshauptstadt erleichtert und gefördert würde.

Döpfner, Joseph, Freiherr von, österreich. General (Bd. 18), starb 23. Nov. 1891 in Wien, nachdem er im April d. J. zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt worden war.

Dorn, 1) Heinrich, Komponist, starb 10. Jan. 1892 in Berlin.

Dowsongas zum Betrieb von Gasmaschinen (s. d.).

Drehstrom, s. Mehrphasenstrom.

Drehstrommaschine, s. Elektrische Maschinen.

Drehstrommotoren, s. Elektromotoren.

Dreiklangpfeife, s. Dampfpfeife.

Dreisinnige (Taubstummblinde) und deren Erziehung. Unter den bedeutsamen Fortschritten, welche die letztvergangenen Menschenalter der Erziehungskunst brachten, steht unbestritten die erziehliche Pflege der Viersinnigen in erster Reihe. Bis auf den Abbé de l'Epée (gest. 1789) und Samuel Heinicke (gest. 1790) galten die Taubstummen mit verschwindenden Ausnahmen für unfähig jeder geistigen Ausbildung und wurden demgemäß behandelt;

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sie waren eine unfruchtbare Last der Erde und der menschlichen Gesellschaft. Wenn die Blinden etwas besser daran waren, so blieb doch auch bei ihnen ganz der Gunst der Umstände überlassen, ob der einzelne auf den Weg einer praktischen Ausbildung der ihm verliehenen Gaben gelangte oder nicht. Erst seit Valentin Hauy (gest. 1822) gibt es planmäßige Blindenbildung in eigens dafür errichteten Anstalten. Die von diesen verdienten Männern gestreute Saat mußte erst durch eine Reihe von Jahrzehnten heranwachsen und erstarken, bevor man den Gedanken fassen konnte, für viersinnige Kinder ebenso wie für vollsinnige allgemeine Schulpflicht gesetzlich einzuführen. Auch heute noch fehlt viel an der Verwirklichung dieser Forderung, aber sie gehört zu denen, die, einmal aufgestellt, nicht wieder verstummen können und, wenn nicht ganz unvorgesehene Hemmnisse den Strom der Kultur gewaltsam unterbrechen, in absehbarer Zeit innerhalb der geistig führenden Nationen der Erde sicher befriedigt werden. Schon gilt es der öffentlichen Meinung als selbstverständlich, daß für die Erziehung taubstummer und blinder Kinder nach den Regeln der neuern Pädagogik gesorgt werden muß; und der Weg, auf dem dies für alle solche ermöglicht werden wird, ist durch die steigende Zahl und die stets zunehmende Tüchtigkeit der Anstalten gewiesen, die bereits nicht mehr als Stätten heroischer, außergewöhnlicher Menschenliebe, sondern als notwendige Glieder im heutigen Schulwesen angesehen werden. Aber wie oft erst durch das helfende Entgegenkommen die Größe des menschlichen Elends zu Tage tritt, so auch hier. Daß es auch dreisinnige oder taubstummblinde Kinder gibt, hat man vor dem Aufkommen der Heilpädagogik in deren beiden angedeuteten Zweigen kaum geahnt. Glücklicherweise kommt eine derartige Verkümmerung der menschlichen Natur nicht häufig vor. Blinde und Taubstumme kommen ungefähr je 1 auf 1000 Menschen, für Blindtaubstumme gibt es noch keine Statistik. Indes steht fest, daß in verschiedenen Ländern auch solche Unglückliche wiederholt gefunden wurden, und die moderne Pädagogik darf es als einen ihrer schönsten Triumphe ansehen, daß es gelungen ist, auch eine Anzahl solcher, scheinbar für die Außenwelt durchaus unzugänglicher Geschöpfe zu einer gewissen und in mehreren Fällen gar nicht besonders niedrigen Stufe der Bildung zu erheben.

Der berühmteste und zugleich der erste allgemeiner bekannt gewordene Fall dieser Art ist der der Amerikanerin Laura Dewey Bridgman, die, 21. Dez. 1829 in Hanover (New Hampshire) geboren, seit 1837 in der von Samuel Howe (1801-76) geleiteten Blindenanstalt zu Boston mit Erfolg ausgebildet ward. Ihr 24. Mai 1889 in Boston erfolgter Tod hat das rege Interesse, das in den 40er Jahren und darüber hinaus ihre Bildungsgeschichte auf beiden Seiten des Weltmeeres fand, neu erweckt und in Amerika eine kleine Litteratur von Schriften wachgerufen, die von verschiedenen Standpunkten aus das seltene Phänomen betrachten. In deutscher Sprache gibt vom Leben und Ergehen der berühmten Dreisinnigen wie von dieser Litteratur eine genaue, auch philosophisch- und besonders psychologisch-kritische Übersicht die ansprechende Schrift des Wiener Professors Wilhelm Jerusalem: Laura Bridgman; Erziehung einer Taubstummblinden, eine psychologische Studie (2. Aufl., Wien 1891).

Über den äußern Lebensgang der Laura Bridgman erfahren wir von ihm das Folgende: Sie wurde ihren Eltern, wohlhabenden Farmern von mäßiger