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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eiter

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Eishöhlen - Eiter

bergs bei Salzburg veröffentlicht hat. Die wichtigste und größte unter den E. ist die sogen. Kolowrats höhle, welche 1391 m ü. M. am Ostabhang des Untersbergs gelegen ist. Der Höhlenraum ist etwa 92,000 cbm groß. Der Boden ist mit einer oben horizontalen Eismasse bedeckt, aus der sich gelegentlich Eisstalagmiten von verschiedener Größe erheben. Am bedeutendsten ist die Eismasse stets im Frühling; mit zunehmender Temperatur beginnt die Zerstörung der Eisdecke durch das einströmende Tropfwasser, bisweilen verschwindet im Sommer der Eisboden ganz. Mit dem Eintritt der kalten Jahreszeit werden die Eisflächen wieder trocken, die Neubildung von Eis geht hauptsächlich im Anfang des Frühlings vor sich, da im Winter die Zufuhr von Tropfwasser zu gering ist. Diese Veränderungen in den Eisbildungen finden durch den Temperaturgang ihre Erklärung. In der Kolowratshöhle ist nie eine höhere Temperatur als 0 und +0,5° beobachtet worden, die Höhlentemperatur ist überhaupt von derjenigen der Außenluft durchaus abhängig: in den Wintermonaten sind auch in der Höhle die Temperaturen negativ, doch hebt sie sich selbst im Sommer nie wesentlich über 0°. Alle bisher bekannten E. besitzen nur einen Eingang, der höher liegt als der eigentliche Höhlenraum, d. h. sie sind Sackhöhlen, in denen keine Ventilation stattfindet. Sobald die Außenluft kälter wird als die in der Höhle, strömt die kalte Luft vermöge ihrer größern Schwere in die Höhle ein und verdrängt die wärmere Luft. Herrscht hingegen in der Höhle eine niedrigere Temperatur als vor derselben, so kann keine Luftströmung entstehen, und die Höhlenluft erwärmt sich ganz langsam durch die Bodenwärme.

^[Abbildung: Temperaturgang in der Höhle von Chaux les Passavant.

- Temperaturen außer der Höhle, ...... Temperaturen in der Höhle vom 4. bis 14. Dezember 1885.]

Infolge der bedeutenden Höhenlage der meisten Höhlen wird mehrere Monate hindurch im Jahre in denselben eine Temperatur unter 0° herrschen und das in die Höhle dringende Wasser gefrieren; solange aber noch Eis in der Höhle ist, kann sich deren Temperatur nicht wesentlich über 0° erheben, da alle zugeführte Wärme für Schmelzung verbraucht wird. Diese Ansicht von der Bildung des Eises in den E. durch die eindringende kalte Winterluft findet ihre gewünschte Bestätigung durch die Aufzeichnungen, die vermittelst zweier Thermographen in der Höhle von Chaux les Passavant bei Besancon während des Winters 1885/86 gewonnen wurden. Infolge der geringen Meereshöhe von 570 m und der hohen Bodentemperatur von 12° verschwinden die Eisbildungen meist gänzlich bis zum Herbst. Das obenstehende Diagramm, welches den Temperaturgang vom 4. bis 14. Dez. 1885 darstellt, läßt die Abhängigkeit der

Höhlentemperatur von der Außenluft aufs deutlichste erkennen. Solange die Außentemperatur über 0° liegt, bleibt die Höhlenluft unveränderlich auf +2° stehen; sobald jedoch erstere unter 0° fällt, folgt letztere, bleibt aber sowohl zeitlich als graduell etwas hinter der Außenluft zurück. Auch dem Steigen der Außentemperatur folgt diejenige in der Höhle so lange, bis eine neue Differenz zu ungunsten der

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Innenluft entstanden ist und ein neues Einströmen kalter Luft erfolgt. Eine solche Füllung der Höhle mit kalter Luft trat während des Winters zu wieder holten Malen ein, während der ganzen Beobachtungszeit mehr als 70mal. Hiermit ist auch ein Einwand widerlegt, den Schwalbe gegen die Deluc-Thurysche Erklärung erhoben hatte (s. Bd. 17, S. 281), daß nämlich die Abkühlung der Höhlenluft allein nicht genügt, um dem Wasser so viel Wärme zu entziehen, wie bei der Eisbildung frei werde. Die eben angeführten Beobachtungen beweisen, daß nicht nur eine einmalige Füllung der Höhle mit kalter Luft stattfindet, sondern daß dieser Vorgang sich oft wiederholt und die während des Winters und Frühlings durch Eisbildung und Bodenwärme auf höhere Temperatur gebrachte Höhlenluft durch Einströmen neuer Eisluft ersetzt wird. Auch die zweite Behauptung, welche Schwalbe zur Stütze seiner Ansicht aufgestellt hatte, daß nämlich die Kältequelle in den Höhlenwänden liege, ist hinfällig geworden, da die Versuche von Jungk, daß Wasser zwischen 0 und +4° beim Durchsickern durch poröse Massen eine Abkühlung erfahre, sich als ververfehlt herausgestellt haben. Überdies ist die Vorstellung, daß das Tropfwasser in Haarröhren das Gestein durchlaufe und so in die Höhle gelange, eine irrige, da das Wasser nur auf den Klüften des Kalkes zirkuliert, während die große Masse des Gesteins trocken bleibt. Endlich müßten alle Höhlen, in welche Wasser eindringt, E. sein, während thatsächlich sich nur in Sackhöhlen mit hohem Eingang Eis bildet. Nach allem wird man die Kaltlufttheorie als die einzig richtige ansehen müssen.

Eiter. Die Frage, weshalb manche Bakterien Entzündung und Eiterung erregen, ist trotz der Darstellung der Toxine und Proteine und selbst trotz der neuerdings gefundenen Toxalbumine nicht befriedigend beantwortet worden, weil die genannten Bestandteile der Bakterien Nervengifte sind; freilich besitzen Putrescin und Kadaverin auch eitererregende Kraft, aber diese ist eben nur Nebenwirkung. Buchner, welcher diese Verhältnisse genauer untersuchte, konnte nachweisen, daß die Zersetzungsstoffe der Bakterien keine oder keine erhebliche Anlockung für weiße