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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Feuerversicherung

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Feuerversicherung (Entwickelung in Deutschland und Österreich)

gefahrvoll erachtet, so wird die Pulverladung auf einen Bogen Papier gefüllt und mitten unter den Schornstein gelegt. Das Papier wird dann an einem Ende in Brand gesetzt und die Einführungsöffnung rasch verschlossen, so daß die Verpuffung des Pulvers innerhalbdes allseitig geschlossenen Schornsteins stattfinden muß. Über die Menge des abzubrennenden Pulvers lassen sich bestimmte Angaben nicht machen, teils wegen der Verschiedenartigkeit der Schornsteine, teils wegen der Ungleichheit der Pulversorten. Man probiert die Menge aus, indem man beim einfachen Abbrennen mit 50 g, beim eigentlichen Abschießen mit 100 g beginnt und nach Besichtigung des hiermit erreichten Erfolges nötigen Falls die Ladung vergrößert.

Feuerversicherung. Die F. nimmt in Deutschland eine jährlich steigende Entwickelung, denn die zur Versicherung gelangenden Werte gegen Feuersgefahr, welche 1884: 79,153 Mill. Mk. repräsentierten, steigerten sich bis 1890 auf 95,393 Mill., also im Jahresdurchschnitt um 2,7 Milliarden Mk. Diese bedeutsamen Erfolge sind nicht zum geringsten den freundlichern Verhältnissen zuzuschreiben, welche nunmehr zwischen den öffentlichen und den privaten Feuerversicherungsgesellschaften herrschen, nachdem jahrzehntelang heftiger Streit über die Vorteile geführt wurde, welche die eine oder die andre Versicherungsform dem Versichernden biete. Nun die Streitaxt begraben, zeigt es sich, daß beide Systeme gedeihen können, und wenn einzelne Gesellschaften schlechte Fortschritte machen, nicht die übermächtige Konkurrenz daran Schuld trägt, sondern unzulängliche Verwaltung. Die Versicherungssummen betrugen (in Millionen Mark) bei den

1884 1886 1888 1889 1890

55 öffentlichen Anstalten 29658 31187 33268 34352 35709

30 Aktiengesellschaften 42000 43320 46331 48205 50352

19 Gegenseitigkeit-Ges. 6380 6760 7330 7632 8126

235 kleinen preuß. Verbänden

(* ungefähr). 1115 1145 1166 1186* 1206*

Zusammen: 79153 82412 88095 91514 95393

Die Aktiengesellschaften arbeiten zum Teil auch außerhalb Deutschlands, sodann erhalten sie auf dem Wege der Rückversicherung viel fremdländisches Geschäft, so daß man wohl unterstellen kann, nur 2/3 bis 3/5 ihres Versicherungsstandes sei bei Berechnung der in Deutschland versicherten Summen in Betracht zu ziehen. Es ist daher anzunehmen, daß die Aktiengesellschaften in Deutschland einen annähernd gleich großen Geschäftsumfang besitzen wie die öffentlichen Anstalten. Von den Gegenseitigkeitsanstalten konnten oben nur die 19 größern Anstalten sowie die preußischen kleinen Verbände beachtet werden, da von den kleinen Verbänden in den übrigen deutschen Bundesstaaten keine Daten bekannt sind. Die öffentlichen, Aktien- und Gegenseitigkeitsanstalten haben zusammen Prämien und Schäden seit 1884 (in Tausenden Mark) zu verzeichnen:

1884 1886 1888 1890

Prämien- und Gebühren- 143565 152877 160270 172242

Einnahmen

Ab Rückvers.-Prämien 40378 43681 48839 52918

und Prämien-Reserve-

Zuweisungen

Nettoprämien 103187 109196 111431 119324

Dagegen Nettoschäden 64502 65700 64364 68098

^[Spaltenwechsel]

Für das Jahr 1890 verzeichnen die einzelnen Kategorien von Gesellschaften (in Tausenden Mark):

55 öffentliche 30 Aktiengen- 19 Gegenseitig-

Anstalten gesellschaften keitsanstalten

1890 +gegen 1890 +gegen 1890 +gegen

1889 1889 1889

Prämien u. Gebühren 47301 -1255 103096 +5558 21845 +1800

Nettoprämien 41589 -1327 57855 +3127 19881 +1194

Nettoschäden 30266 -1471 31673 +2435 6159 +734

Verhältnismäßig gering erscheinen die Schadenzahlungen bei den Gegenseitigkeitsanstalten gegenüber den Nettoprämien, das Mißverhältnis ist jedoch nur scheinbar, da diese Anstalten ihren Versicherten einen mitunter bedeutenden Bruchteil der bezahlten Prämie als Gewinnanteil rückerstatten. Die Sicherheit der überwiegenden Mehrzahl der deutschen Feuerversicherungsgesellschaften ist sehr groß, denn Ende 1890 erreichten deren Fonds bereits 493 Mill. Mk. Die neuesten Ziffern bezüglich des Vermögensstandes sind (in Mark):

Fonds Zuwachs gegen das Vorjahr

55 öffentliche Anstalten, Ende 1890 120598000 9133000

30 Aktiengesellschaften, - 1890 308982000 6063000

19 Gegenseitigkeits-Anst., - 1890 39311965 1731380

235 preußische Verbände., - 1889 4066000 367000

Zusammen: 472957955 17294380

Bei den Aktiengesellschaften sind für 137,8 Mill. Mk. Schuldscheine an Aktionäre sowie 33,8 Mill.

Reserven für andre Versicherungsbranchen einbezogen, und es ist noch zu bemerken, daß hier durchgehends von direkt arbeitenden Feuerversicherungsgesellschaften die Rede ist, während die Rückversicherungsgesellschaften nicht in Betracht gezogen sind (s. über diese den bes. Art. Rückversicherung). Den Stand der 30 Aktiengesellschaften zeigt die Tabelle S. 297; von den Gegenseitigkeitsanstalten sind die bedeutendsten:

Versicher. Prämien- Netto- Schäden

Summen Einnahmen Pramie

1890 1890 1890 1890

in Tausenden Mark

Gothaer 4219574 13172 12402 2068

Schwedter 616332 1789 1735 969

Württemberger 796646 1585 1508 406

Lübecker Vers.-Ver. 431000 1095 758 401

Mecklenburger 292727 732 732 553

Greifswalder 245021 552 521 522

Landwirtschaftliche

(Dresden) 275526 476 316 165

Ausland.

[Österreich.] Die österreichische Regierung hat die Vorlage eines Gesetzes angekündigt, welches die Zwangsversicherung für Immobilien gegen Feuerschaden vorschreibt; es soll jedoch jedermann überlassen bleiben, sich die Gesellschaft zu wählen, bei welcher er versichern will. 1890 betrieben in Österreich-Ungarn 8 einheimische und 2 ausländische Aktien- und 16 gegenseitige Gesellschaften die F. direkt. Außer diesen bestehen in Österreich noch 295 lokale Feuervereine, wovon 116 in Oberösterreich, 66 in Böhmen und 75 in Niederösterreich domizilieren; diese Vereine hatten 1888: 306,105 Gebäude für 342,627,119 Guld. versichert und besaßen insgesamt