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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Heizmaterialien (Ausnutzung der Brennstoffe)
schiedenen Formen ihres Auftretens messen zu können.
Die Versuchsanlage stellt also ein Kalorimeter im großen Maßstabe dar und funktioniert so vortrefflich, daß z. B. für Holzkohle eine Verbrennungswärme von 8133 gefunden wurde, während Favre u. Silbermann in kleinen Kalorimetern 8080, Scheurer-Kestner 8100 und Berthelot 8140 gefunden hatten. Bei Ausführung der Untersuchungen wurden 200-3001^ Kohle während eines 6-lOstündigen Versuches auf dem Roste verbrannt, und in dieser Weise ward eine große Zahl von Brennstoffen untersucht. Das Ergebnis stand vollständig im Gegensatze zu den Behauptungen von Scheurer-Kestner. Die erhaltenen Werte zeigten eine so nahe Übereinstimmung mit der aus der chemischen Zusammensetzung nach der Dulongschen Regel ermittelten theoretischen Verbrennungswärme, daß man berechtigt ist, die Verbrennungswärme der Kohle mit einer für die Praxis ausreichenden Genauigkeit aus der chemischen Analyse einer Durchschnittsprobe der Brennstoffe zu berechnen. Diese Ergebnisse der Heizversuchsstation München sind in weiten Kreisen der Technik mit Vertrauen aufgenommen worden, und es hat sich auf dieser Basis eine rationelle Kontrolle der Brennstoffe und Feuerungsanlagen entwickelt, welche namentlich in Süddeutschland von dem bayrischen Dampfkesselrevisionsverein und dessen Direktor Gyßling weiter ausgebildet worden ist. In der wissenschaftlichen und technischen Litteratur wurde dagegen die Methode der Münchener Station vielfach als unwissenschaftlich hingestellt, und die Sätze von Scheurer-Kestner fanden vielfache Vertretung. Unter diesen Umständen unternahm Bunte neue Bestimmungen der Verbrennungswärme der Kohle und bediente sich hierbei derselben Apparate und Methoden, welche von den Gegnern der Münchener Arbeiten angewandt worden waren. Er benutzte sehr verschiedene fossile Brennstoffe und erhielt eine sehr gute Übereinstimmung der im Kalorimeter gefundenen Verbrennungswärme mit der nach der Dulongschen Regel berechneten und mit der aus den im großen ausgeführten Heizversuchen der Münchener Station berechneten Verbrennungswärme.
Fast ebenso wichtig wie die Kenntnis der wahren Verbrennungswärme, des Heizwertes der Kohle, ja oft noch wichtiger ist die Kenntnis der Bedingungen für die beste Ausnutzung der Brennstoffe, denn in vielen Fällen der Praxis handelt es sich weniger um die Auswahl und Bewertung verschiedener Brennstoffe als vielmehr darum, miteinemvorhandenen, dem ortsbilligsten Brennstoff die höchste Leistung zu erzielen. Mit andern Worten: man muß die bei der Verheizung der Brennstoffe entstehenden Verluste möglichst zu vermindern suchen, sei es durch die Einrichtung oder durch die Art der Bedienung der Feuerung. In den allermeisten Fällen aber, selbst bei Feuerungen, welche mit niedrigen Abgangstemperaruren arbeiten, wie die Dampfkesselfeuerungen, trifft der weitaus größte Verlust auf die mit höherer Temperatur entweichenden Rauchgase. Die Größe dieses Verlustes ist unmittelbar abhängig von dem Kohlensäuregehalt der Rauchgase: er ist um so größer, je weniger Kohlensäure die Rauchgase enthalten, je größer also der Luftüberschuß ist, mit dem die Feuerung betrieben wird; er ist um so kleiner, je mehr Kohlensäure die Rauchgase enthalten, je mehr sich die zur Verbrennung verbrauchte Luftmenge der theoretisch notwendigen nähert.
Es ist bekannt, daß man in einer und derselben Feuerung, etwa einem Dampfkessel, mit genau demselben Brennmaterial sehr verschiedene Leistungen!
erhält, je nach der Art der Verheizung; während heute bei aufmerksamer Bedienung eine achtfache Verdampfung erreicht wird, erhält man morgen bei mangelhafter Besorgung des Feuers nur eine siebenfache Verdampfung. Daraus geht hervor, daß der Heizwert der Kohle nicht ohne weiteres durch einen einfachen Verdampfungsversuch festgestellt werden kann, da das Ergebnis einer solchen Prüfung bis zu einem gewissen Grade ebensosehr von der Art der Verbrennung wie von der Heizkraft des Brennstoffs selbst abhängig ist. Bei vier Versuchen mit Koks aus Saarkohlen in dem Kessel der Münchener Station waren alle Verhältnisse gleich, nur die Menge der zur Verbrennung zugeführten Luft und damit der Kohlensäuregehalt der Verbrennungsgase wurde geändert. Hierbei ergab sich bei einem Kohlensäuregehalt von 8Proz. eine 8,« fache Verdampfung und bei einem Kohlensäuregehalt von 14,9 Proz. eine 9,6fache Verdampfung. Es ist nun von besonderer Wichtigkeit, die Beziehungen zu kennen, welche zwischen dem Kohlensäuregehalt der Rauchgase und der Wärmeausnutzung bestehen. Verbrennen in einem abgeschlossenen Volumen von 100 odm Luft 0,536KZ-Holzkohle zu Kohlensäure, so enthält die Verbrennungsluft 1 odm oder 1 Proz. Kohlensäure. Bei der Bildung dieser Kohlensäure ist eine Wärmemenge frei geworden, welche die Temperatur der Luft, die anfänglich 0" gewesen seinsoll, erhöht hat. Diese Temperaturerhöhung läßt sich leicht berechnen aus der entwickelten Wärme 8080> 0,536-4343 ^V, dividiert durch die Wärmekapazität von 100 ewa Luft, 100 X 0,3i - 31. Es
ergibt sich ^-^- - 141". Beim Verbrennen der doppelten Menge Kohle entsteht ein Gas mit 2 Proz.
Kohlensäure, und die Temperatur wird etwa um den gleichen Betrag höher steigen. Thatsächlich ist die Temperatursteigerung etwas geringer (280"), weil mit zunehmendem Kohlensäuregehaltdie Wärmekapa' zität sich erhöht. In gleicher Weise fortfahrend, ergibt sich für jeden Kohlensäuregehalt der Verbrennungsluft eine gewisse Temperatur I', die sogen.
Anfangstemperatur, wie die folgende Tabelle zeigt: Beziehung zwischen Kohlensäuregehalt (X) der Verbrennungsluft und Anfangstemperatur (.^) bei rei" ner Holzkohle.
3 Proz.
X Pcoz.
^. 6 Proz
1
141 8 1096 14 1880
2
260 9 1229 15 2005
3
419 10 1360 16 2130
4
557 11 1490 17 2255
5
694 12 1620 18 2375
6
830 13 1750 19 2500
7
962
Ob die Anfangstemperaturen wirklich erreicht werden, ist für die Betrachtung gleichgültig, da sie nur Rechnungselemente sind, um das Verhältnis der gesamten entwickelten Wärme zu der in den heißen Rauchgasen entweichenden festzustellen. Aus der Differenz der entwickelten Wärme und dem Wärmeverlust durch die Rauchgase ergibt sich dann unmittelbar die Ausnutzung, d. h. diejenige Wärmemenge, welche an den Heizkörper, etwa einen Dampfkessel, abgegeben worden ist. Diese letztere ist offenbar abhängig von dem Temperaturgefälle zwischen Anfangstemperatur 1" und der Abgangstemperatur t der Rauchgase.
Hiernach läßt sich der Wärmeverlust durch die Rauchgase allgemein darstellen durch den Bruchs; der an die Feuerung abgegebene Wärmebetrag, die Ausnutzung, durch -^. Handelt es sich z.V. um Rauchgase