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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Preußen (Bergbau; Geschichte)
der Segelschiffe nur um 3,6 Proz. zugenommen.
Bonden abgegangenen Schiffen waren 1880beladen: 36,197 (72,9 Proz') zu 3,850,811 T., darunter 17,085 Dampfer (85 Proz.) zu 3,045,376 T.
Die Ergebnisse des Bergbaues waren 1890:
Menge Wert Zunahme (- Abnahme) gegen 1890
Tonnen Mark Tonnen Mark
Steinkohlen .. . 64373816 479523613 2936825 146942554
Braunkohlen
15470 259 39828 707 1265212 4500574
Steinsalz. .. . 250351 1212010 - 1498 66779
Eisenerze. .. . 4245613 31608085 - 129670 183695
Zinkerze .. .. . 757862 23341286 50325 5684829
Bleierze .. .. . 162692 17 347 317 720 441017
Kupfererze .. . 595892 20164 934 22 662 1967 794
An Salzen aus wässeriger Lösung wurden 1890 gewonnen: 268,490 Ton. Kochsalz, 88,765 T. Chlorkalium :c. Die Verhüttung der Erze ergab folgende Mengen: 3,267,156 T. Roheisen im Werte von 195 Mill. Mk., 139,055 T. Zink im Werte von 61,, Mill.
Mk., 88,613 T. Blei im Werte von 22,2 Mill. Mk.
(außerdem 3972 T. Kaufglätte), 23,177 T. Kupfer im Werte von 25 Mill. Mk., 256,529 1^- Silber im Werte von 35,6 Mill. Mk., 275,824 T. Schwefelsäure im Werte von 9 Mill. Mk. (Die Ausbeute an Gold, Nickel u. a. ist für Preußen nicht veröffentlicht.)
Geschichte.
Während das Abgeordnetenhaus nach den Osterferien 1891 sich vor allem der lange unterbrochenen Beratung des Staatshaushaltes widmete, beriet das Herrenhaus die Steuergesetze und die Landgemeindeordnung. Bei dem Einkommensteuergesetz veränderte es den Steuertarif, so daß das Gesetz noch einmal an das Abgeordnetenhaus gelangte. Dies verwarf aber 5. Mai die Änderung des Herrenhauses und stellte die Regierungsvorlage wieder her, die nun auch vom Herrenhaus angenommen wurde.
Die Landgemeindeordnung, gegen welche die Konservativen im Abgeordnetenhaus sich anfangs energisch gesträubt hatten, wurde im Herrenhaus ohne große Schwierigkeit genehmigt. Diesen großen Reformgesetzen wurde ein Gesetz über die Beförderung der Rentengüter hinzugefügt; dazukamen ein Wildschadengesetz (näheres über diese drei Gesetze s. in den Spezialartikeln) und ein Gesetz über den Bau von Sekundärbahnen. Endlich wurde der Staatshaushaltsetat von beiden Häusern zu Ende beraten und genehmigt. Seine lange Tagung beschloß der Landtag 20. Juni 1891, nachdem'sie 12. Nov. 1890 begonnen hatte; nicht weniger als 108 Vollsitzungen, 97 Abteilungs- und 236 Kommissionssitzungen hatte das Abgeordnetenhaus abgehalten. In Anerkennung der anstrengenden, aber fruchtbaren Thätigkeit des Landtages beschloß der Kaiser, die Sitzungen desselben persönlich zu schließen. Die Thronrede vom 20. Juni begann mit den Worten: »Am Schlüsse einer außergewöhnlich langen und arbeitsreichen Sitzungsperiode des Landtages Meiner Monarchie ist es Mir Bedürfnis, Ihnen Meinen königlichen Dank und Meine hohe Befriedigung über die gewonnenen Ergebnisse unmittelbar auszusprechen. Nicht vergebens habe Ich beim Beginn Ihrer Beratungen der Erwartung Ausdruck gegeben, daß es Ihnen gelingen werde, in vertrauensvollem Zusammenwirken mit Meiner Regierung die hochwichtigen Arbeiten, zu welchen Ich Sie berufen habe, zu einein gedeihlichen Abschluß zu bringen. Wenn auch das Ziel, an welchem Ich festhalte, nicht in vollem Umfang erreicht werden konnte, so darf es doch Mich und Mein Volk mit gerechter Genugthuung erfüllen, daß neben einer großen Zahl
für die fortschreitende Entwickelung des Staats« wesens wichtiger Vorlagen, insbesondere für die Verbesserung unsres Steuersystems, notwendige und wertvolle Grundlagen vereinbart und die Vorbedingungen für die Hebung des kommunalen Lebens in den ländlichen Gemeinden der östlichen Provinzen gesetzlich festgestellt worden sind.« In Anknüpfung an das Sperrgeldergesetz bemerkte die Thronrede: »Der für das Wohl Meines Volkes unerläßliche Friede unter den Konfessionen wird um so sicherer erhalten bleiben, je mehr die Überzeugung durch dringt, daß die zu gunsten der Kirchen erhobenen Ansprüche auf ein mit der Stellung und den Aufgaben des Staates erträgliches Maß beschränkt bleiben müssen.«
Der vom Landtag festgestellte Staatshaushalt für 1891/92 schloß in Einnahme und Ausgabe mit 1720 Mill. Mk. ab, während er 1872 nur 561 Mill. betragen hatte. Unter den Einnahmen beliefen sich die aus den direkten Steuern auf 171 Mill., die der Staatseisenbahnen auf 931 Mill., wovon nach Abzug der Kosten der Betriebsverwaltung (558 Mill.) und der für die Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschul« den erforderlichen Summen (306 Mill.) immer noch 67 Mill. als Reinüberschuß der Staatskasse zuflössen.
Auch die übrigen staatlichen Betriebsverwaltungen, Bergwerke, Salinen, Domänen und Forsten, ergaben beträchtliche Überschüsse; vom Reich erhielt P. 16 Mill. mehr, als es an dieses zu zahlen hatte. Die gesamten Staatsschulden beliefen fich 1. April 1891 auf 5835 Mill., welche 225 Mill. an Verzinsung erforderten.
Die günstige Lage der Finanzen wurde hauptsächlich durch die hohen Überschüsse der Staatseisenbahnverwaltung bedingt. Diese waren ein Verdienst des Ministers der öffentlichen Arbeiten, v. Maybach, der aber eben wegen seiner allzu fiskalischen Eisenbahnpolitik, wegen Stockung im Ausbau des Eisenbahn» netzes u. dgl. m. immer heftiger angegriffen wurde.
Daher erhielt er unmittelbar nach dem Schlüsse des Landtages die schon seit längerer Zeit erbetene Entlassung ;; an seine Stelle trat der bisherige Präsident der Eisenbahndirektion Hannover, Thielen.
Schon die Zurückziehung des von den Nltramontanen heftig angefeindeten Volksschulgesetzentwurfs hatte die Besorgnis erweckt, daß der neue Kultusminister v. Zedlitz, um der Regierung den Beistand des Zentrums und der Polen im Reichstag zu sichern, in der Nachgiebigkeit gegen die klerikalen und polnischen Forderungen noch weiter gehen werde als sein Vorgänger v. Goßler. In der That erfolgte im Sommer ein Erlaß desselben, welcher die Erteilung polnischen Privatunterrichts in den öffentlichen Schulgebäuden der Provinz Posen gestattete, also die polnische Sprache, die man hauptsächlich zum Schutze katholischer Kinder deutscher Abkunft gegen Polonisierung ans der Volksschule verbannt hatte, durch die Hinterthür wieder einließ. Nnter dem Druck des eifrigen polnischen Klerus meldeten sich viele Kinder deutscher Abkunft für diesen Privatunterricht.
Im Herbst wurde darauf einer der Hauptvorkämpfer der polnischen nationalen Forderungen im Abgeordnetenhaus, der Propst v. Stablewski in Wreschen, zum Erzbischof von Posen-Gnesen ernannt und sofort von der polnischen Presse als der Vertreter nicht bloß der kirchlichen, sondern auch der nationalen Interessen seiner polnischen Diözesanen freudig begrüßt.
Die Befürchtungen vor weitgehenden Zugeständnissen an die Klerikalen sollten sich bald als begründet herausstellen. Der Landtag wurde 14. Jan.' 1892 vom Ministerpräsidenten Grafen Caprivi durch Ver-