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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Rümelin - Runkelrübe
arbeiten aus Rücksicht auf Rußland immer bekämpft hatten, und auf feinen Betrieb ein ausgesprochener Russenfreund zum Präsidenten der Kammer erwählt worden war. Die Ansprüche der panslawistischen Partei in Rußland auf die hilfreichen Dienste Rumäniens überstiegen selbst die Bereitwilligkeit der rumänischen Russenfreunde. War doch davon die Rede, daß R. die Donaumündungen und die Tobrudscha an Rußland abtreten solle, damit dasselbe Nachbar von Bulgarien werden und dieses unter seine Botmäßigkeit bringen könne. Auch das konservative Ministerium mutzte die zum Wohle des Landes und zur Erhaltung seiner Selbständigkeit beschlossene und begonnene Landesbefestigung fortsetzen und von den Kammern einen Kredit von 45 Mill. fordern; dieser sowie ein Offizierspensionsgesetz, welches die Befugnisse des Königs über die Entlassung von Offizieren erweiterte, wurden von den Kammern genehmigt. Darauf wurde die Tagung der Kammern 13. Juli geschlossen.
Eine Hofintrige, welche in dieser Zeit aufgedeckt wurde, ließ in die Umtriebe fremder Persönlichkeiten einen überraschenden Blick thun. Ein Hoffräulein der Königin, Namens Vavarescu, einer weitverzweigten, aber wenig geachteten Bojarenfamilie angehörig, hatte sich in dis Gunstund das Vertrauen der Königin so einzuschmeicheln gewußt, daß diese den Bemühungen des keineswegs jungen Fräuleins, den Kronprinzen in ihre Netze zu verstricken, allen möglichen Vorschub leistete und sogar eine geheime Verlobung zuließ. Durch den frühern Minister Demeter Sturdza auf die geheimen Pläne der Vavarescu und ihrer Helfershelfer in der russisch-französischen Umgebung der Königin und auf die staatsrechtlichen und politischen Folgen einer solchen Heirat aufmerksam gemacht, legte der König sein entschiedenes Veto ein und befahl dem Kronprinzen die sofortige Abreise nach Sigmaringen. Bei dem leidenden Zustande der Königin ließ sich eine plötzliche Beseitigung der zweifelhaften Personen in ihrer Umgebung, welche seit Jahren eine unheilvolle Einwirkung auf die innere Politik ausgeübt, namentlich die Rückkehr der nationalliberalen Partei in das Ministerium gehindert hatten, nicht bewerkstelligen. Erst nachdem die Königin sich durch längern Aufenthalt in Venedig von ihrer Nervenschwäche etwas erholt und sich gekräftigt hatte, wurde die Vavarescu im September aus ihrer Umgebung entfernt und ihr Vater aus seinem Amte als Gesandter in Rom entlassen. Den Zweifeln, welche an der Aufrichtigkeit der rumänischen Politik gegen den Dreibund durch die russisch-französischen Ränkespinner erweckt worden waren, machte der König durch einen Besuch bei Kaiser Wilhelm II. ein Ende. Im Juni 1892 verlobte sich darauf der Thronfolger mit der Prinzessin Marie von Edinburg.
Für die bevorstehende Tagung der Kammern suchte sich das Kabinett Florescu durch Aufnahme neuer Elemente zu rekonstruieren, namentlich trat Blaremberg als Justizminister in dasselbe ein. Obwohl derselbe als eifriger Anhänger Rußlands bekannt war und gegen die bisherige auswärtige Politik Rumäniens offen und heimlich agitiert hatte, wurde er doch mit der Abfassung der Thronrede beauftragt, mit welcher die Sitzungen der Kammern 27. Nov. 1891 vom König, der vom Kronprinzen begleitet war, eröffnet wurden. Dieselbe hob hervor, daß die Beziehungen zu allen Mächten, dank der Klugheit und Vorsicht der Regierung, befriedigend und freundschaftlich seien, und daß der glänzende und herzliche Empfang, welcher dem König auf seiner letzten Reise in Italien und Deutschland bereitet worden, ein neuer Beweis sei, wie sehr
sich das rumänische Staatswesen gehoben und seine Stellung gegenüber Europa befestigt habe; die Finanzen befänden sich in zufriedenstellender Verfassung, das Gleichgewicht im Staatshaushalt sei hergestellt. Eines Reihe von Gesetzvorlagen ohne höhere Bedeutung> wurde angekündigt. Die Thronrede des Königs! wurde mit lebhaftem Beifall begrüßt. Gegen das Ministerium Florescu, besonders gegen Vernescu, erhob sich aber in den Reihen der Konservativen entschiedene Opposition, als Catargiu u. a. ihren Rücktritt erklärten, so daß das ganze Ministerium 6. Dez.
! seine Entlassung einreichte. Der König beauftragte Catargiu mit der Neubildung des Kabinetts. Derselbe versuchte zuerst eine Verbindung mit den Iuni! misten, doch verlangte Carp als Bedingung seinesI Eintrittes in das Ministerium die Auflöfung der Kammer, auf die Catargiu nicht eingehen wollte.
Das 9. Dez. gebildete Ministerium, welches aus Catargiu als Präsidenten, den beiden Lahovary, Mano, Olanescu u.a. bestand, nannte sich liberal-konservativ und erklärte 10. Dez. in den Kammern, daß die Anschauungen seiner Mitglieder, gemäßigt konservativ und liberal, dieselben seien wie die der Mehrheit des Parlaments, daß es das in den letzten Jahren begonnene Reformwerk fortsetzen werde und auf die Eintracht und Vaterlandsliebe der Volksvertreter rechne.
Das neue Ministerium mußte sich jedoch bald überzeugen, daß es ebensowenig wie das vorige eine Mehrheit in den Kammern hatte. Nachdem der König seine Zustimmung gegeben, wurden der Senat und die Deputiertenkammer 23. Dez. aufgelöst und die Neuz wählen auf Anfang Februar 1892 festgesetzt. In der^ Zwischenzeit kam eine Vereinbarung zwischen Catar.
! giu und den Junimisten dahin zu stände, daß Carp! 30. Dez. als Minister für die Domänen und seine Parteifreunde Germani und Marghiloman für die Finanzen und die Justiz in das Kabinett eintraten; die von den Junimisten vertretenen agrarischen Reformen wurden in das ministerielle Programm aufgenommen. Die Wahlen im Februar 1892 fielen trotz der Vereinigung Vernescus und seiner Anhänger mit den Nationalliberalen für die Regierung unerwartet günstig aus: in den Senat wurden 57 Konservative und 34 Junimisten, in die Kammer 100 Konservative und 50 Junimisten gewählt. Das neue Parlament wurde 7. März vom König eröffnet, um vor allem das Budget für 1892/93 zu genehmigen, das mit 179,7 Mill. Frank in Einnahme und Ausgabe abschloß. Nachdem dies geschehen und mehrere andre wichtige Vorlagen angenommen worden, wurden die Kammern 8. Juni geschlossen.
Rümelin, Gustav, württemb. Staatsmann. Nach seinem Tod erschien: »Aus der Paulskirche. Berichte an den Schwäbischen Merkur aus den Jahren 1848 und 1849« (Stuttg. 1892).
Runkelrübe. Die Eigentümlichkeiten einer Zuckerrübensorte wurden bisher durch Auslese geeigneter Wurzeln und durch Verwendung derselben zur Samenzucht zu erhalten und zu verbessern gesucht. 1891 ist es nun Professor Nowoczek in Kaaden (Böhmen) gelungen, durch Anwendung der von den Gärtnern allgemein geübten Vermehrungsart durch Stecklinge, Ableger 2c. eine Methode zur Fortpflanzung der Rübe auf ungeschlechtlichem Wege aufzufinden. Sine der ersten deutschen Rübenzüchtereien hatte die Vermehrungsweise dieser von Nowoczek Asexualrübe genannten Rübe in die Hand genommen. Nach den bisher gewonnenen Erfahrungen ist es möglich, aus einer Mutterrübe binnen kürzesterZeit40-50, ja auch! 60 neue Pflanzen zu erhalten, von welchen zu erwarten