Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ackerbauchemie; Ackerbaukolonien; Ackerbauschule

113

Ackerbauchemie - Ackerbauschule

Einscheuern, Einmieten, Einkellern, die verschiedenen Methoden der Sonderung und Gewinnung der Samen aus dem Stroh oder Dürrkraut, die Reinigung der gewonnenen Produkte und endlich deren vorteilhafte Aufbewahrung. In diesem gedrängten Rahmen bewegt sich die gesamte Wissenschaft des A. Die einzelnen Nutzpflanzen, auf die er sich in Europa erstreckt, sind in systematischer Aufzählung die folgenden: 1) Halmgetreide: Weizen, Spelz, Emmer, Einkorn, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Moorhirse, Mais, Canariensamen, Reis. 2) Hülsenfrüchte: Erbse, Linse, Wicklinse, Wicke, Kicher-, Platterbse, Speisebohne, Pferdebohne, Sojabohne, Lupine. 3) Blattfrüchte: Buchweizen, Spergel. 4) Ölgewächse: Winterraps, Winterrübsen, Sommerraps, Sommerrübsen, Awehl, Mohn, Dotter, Madia, Senf, Sonnenblume, Ölrettich, Gartenkresse. 5) Gespinstpflanzen: Lein, Hanf, Nessel. 6) Farbepflanzen: Krapp, Waid, Wau, Saflor, Schwarzmalve, Kermesbeere. 7) Gewürzpflanzen: Hopfen, Senf, Kümmel, Fenchel, Anis, Koriander, Schwarzkümmel, Safran, Zwiebel, Meerrettich. 8) Kaffeesurrogate: Cichorie, Erdmandel, Kaffeewicke. 9) Fabrik- und Gewerbspflanzen: Zuckerrübe, Tabak, Weberkarde, Seifenkraut. 10) Wurzel- und Kohlgewächse: Kartoffel, Topinambur, Runkelrübe, Kohlrübe, Wasserrübe, Möhre, Pastinake, Batate, Kopfkohl, Kuhkohl. 11) Futterpflanzen: Rotklee, weißer Klee, Inkarnatklee, Melilotenklee, mittlerer Klee, Bastardklee, Goldklee, Hopfenluzerne, Luzerne, schwed. Luzerne, Sandluzerne, Esparsette, Serradella, Wicken, Erbsen, Lupinen, Buchweizen, Hirse, Mais, Futterroggen, Zuckermoorhirse, Raps, Rübsen, Kürbis, Cichorie, Malve, Stechginster, Schwarzwurz. 12) Grasbau (auf dem Acker): engl., ital. und franz. Raygras, Timothygras, Knaulgras, Kümmel, Pimpinelle, Spitzwegerich, weiche Trespe, Honiggras, jähriges Rispengras, Schafgarbe, hohe Trespe, Schafschwingel, Mohar. (S. die Tafeln: Futterpflanzen I und II, beim Artikel Futterbau und Futterpflanzen, und Getreidearten.)

Jahrtausendelang ist der A. in hergebrachten Bahnen betrieben worden. Was die röm. Schriftsteller darüber als Gesetz aufstellten, galt noch bis ins 18. Jahrh. als solches, und in vielen Gegenden finden sich sogar noch heute Geräte zur Ackerbestellung, welche sich der Form nach von denjenigen, die man auf den ältesten Denkmalen der Menschheit dargestellt findet, nicht wesentlich unterscheiden. Infolge mangelnder Naturkenntnis wußte und bedachte man auch nicht, daß der Boden, das urbare Ackerland, keineswegs ein unerschöpflicher Brunnen an Pflanzennahrungsstoffen sei, und daß auch das reichste Kapital an diesen Stoffen sich erschöpfen müße, wenn immer viel davon genommen, wenig dazu gegeben werde. Manche Länder und Gegenden, welche früher als Gipfel der Fruchtbarkeit gepriesen waren, jetzt aber infolge sinnloser Bewirtschaftung verödet sind, beweisen dies, wenn auch der jetzige Zustand nicht lediglich dem mangelhaften Ersatze der Pflanzennährstoffe, sondern noch andern Ursachen zuzuschreiben ist. Auch in den civilisiertesten Staaten der Neuzeit, welche sich auf die rationelle Methode ihres A. viel zu gute thun, ist die Verarmung der Felder und das Sinken der Bodenproduktion auf das Schärfste nachgewiesen worden. Liebig war es, der zuerst (1840) mit ernsten Worten auf die drohenden Gefahren hinwies, die ein derartig fortgesetzter "Raubbau" kommenden Geschlechtern unfehlbar bringen müsse, der aber auch zugleich auf die Mittel und Wege hinwies, denselben erfolgreich entgegenzuarbeiten. Diese lassen sich in dem Gesetze zusammenfassen: "Was dem Acker durch die Ernten in einem bestimmten Zeitraume an Mineralbestandteilen entzogen worden ist, muß ihm völlig wiedergegeben werden, wenn er sich auf der gleichen Höhe der Fruchtbarkeit dauernd erhalten soll." In der richtigen Ausführung dieses Princips beruht hauptsächlich die Kunst des A., der damit einer neuen Zukunft entgegengeht, wenn auch weder die genaue Befolgung des an und für sich richtigen Naturgesetzes immer vorteilhaft, noch auch die Nichtbefolgung desselben auf Jahrzehnte hinaus schädlich auf die Produktion wirkt. (S. Agrikulturchemie.)

Aus der umfangreichen Litteratur über A. im engern Sinne sind hervorzuheben: Koppe, Unterricht im A. und in der Viehzucht (11. Aufl., Berl. 1885); Hamm, Grundzüge der Landwirtschaft (2 Bde., Braunschw. 1854); L. von Babo, Die Hauptgrundsätze des A. (4. Aufl., Frankf. a. M. 1874); von Rosenberg-Lipinsky, Der praktische A. in Bezug auf rationelle Bodenkultur (2 Bde., 7. Aufl., Bresl. 1890); Schumacher, Der A. Die Lehre von der Bodenbearbeitung, Feldbestellung und vom allgemeinen Pflanzenbau (Wien 1874); Hamm, Katechismus des praktischen A. (3. Aufl. von Schmitter, Lpz. 1890); Krafft, Lehrbuch der Landwirtschaft, Bd. 1 (6. Aufl., Berl. 1894); Blomeyer, Die mechan. Bearbeitung des Bodens (Lpz. 1879); von Schwerz, Praktischer A. (neu bearb. von Funk, Berl. 1882); Droysen und Gisevius, Ackerbau (2. Aufl., ebd. 1894); Cl. Müller, Allgemeine Ackerbaulehre (Stuttg. 1895).

Ackerbauchemie, s. Agrikulturchemie.

Ackerbaukolonien, s. Arbeiterkolonien.

Ackerbauschule, im Gegensatz zur landwirtschaftlichen Mittelschule, zur Landwirtschaftsschule und zur höhern landwirtschaftlichen Lehranstalt (Universitäts-Institut oder selbständige Akademie) ein Bildungsinstitut für den kleinen ländlichen Grundbesitzer, in welchem er mit den theoretischen Grundzügen der Bodenkultur, mit der rationellen Wirtschaft, der Handhabung verbesserter Geräte und Maschinen bekannt gemacht und wie in Bezug auf sein Fach so auch in der Elementarbildung entsprechend gefördert werden soll. Die A. hat eine doppelte Aufgabe, eine praktische und eine theoretische. Die erste löst sie durch Unterweisung des Schülers in allen landwirtschaftlichen Arbeiten und Handgriffen, vom einfachen Spatenstich an bis hinauf zur leichtern tierärztlichen Operation. Der theoretische Unterricht läuft neben der Praxis in der Weise her, daß in Zeiten, wo die Wirtschaft alle Hände und Kräfte in Anspruch nimmt, die Lehre bloß die Erklärung der auszuführenden Arbeiten übernimmt; in der Periode der Arbeitsruhe hingegen, im Winter, tritt er in den Vordergrund. Derselbe zerfällt in die Fortsetzung des Elementarunterrichts der Volksschule und in die Theorie der Landwirtschaft selber. Um in diese einzutreten, muß der Schüler eine gewisse Summe naturwissenschaftlicher Kenntnisse erwerben, also vorerst in der Naturgeschichte, Ackerbauchemie und Physik hinreichend unterrichtet werden. Dann erfolgt der Fachunterricht in Acker-, Wiesen-, Garten-, Obst- und Weinbau, in der Viehzucht und der allgemeinen Tierarzneikunde. Wichtig sind außerdem noch Feldmeßkunst, Zeichnen, Buchhalten, landwirtschaftliche Gesetzkunde. Der Kursus an den A. währt in der Regel