Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Affen

166

Affen

Schwert Karls d. Gr. einen hohen Affektionswert; er würde dasselbe um vieles Geld nicht verkauft haben, er würde aber nach jener Ansicht gegen den Spielmann, welcher dasselbe aus Rache verbrachte, eine Klage auf Ersatz nur im Werte des alten Eisens gehabt haben. Mutwillige Beschädigungen solcher Art können auch vorkommen, wenn der Beschädiger zahlungsfähig und der Beschädigte ein verständigeres A. hat. Das Preuß. Allg. Landr. I, 2, §. 115 bezeichnet als den Wert der besondern Vorliebe den, welcher aus bloß zufälligen Eigenschaften und Verhältnissen einer Sache folgt, die derselben in der Meinung ihres Besitzers einen Vorzug vor allen andern Sachen gleicher Art beilegen. Für diesen Wert soll der haften, welcher aus Vorsatz beschädigt (I, 6, §. 86), so daß der Richter den von dem Beschädigten eidlich zu erhärtenden Wert nach den Umständen und Verhältnissen festzusetzen hat, auf welche der Beschädigte diese Vorliebe gründet (§. 97). Ebenso bestimmt das Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 1331, daß wenn jemand durch eine im Strafgesetz verbotene Handlung vorsätzlich oder zufolge auffallender Sorglosigkeit des andern beschädigt ist, oder wenn der Schaden aus Mutwillen und Schadenfreude verursacht ist, er den Wert der besondern Vorliebe fordern darf.

Affen (Simiae), eine sehr charakteristische Ordnung der Säugetiere, auch Vierhänder (Quadrumana) genannt, weil sie an allen vier Gliedern wirkliche Hände besitzen. Ihre Körpergestalt nähert sich der menschlichen. Sie haben dreierlei Zähne: meißelförmige Schneidezähne, konische, oft sehr lange und scharfe Eckzähne und höckerige Backzähne, entweder in derselben Zahl wie der Mensch oder vier Backzähne mehr als dieser, ferner zwei Brüste. Ihr Knochenbau macht sie wenig geschickt zum aufrechten Gange, begünstigt aber, zumal durch Länge der Glieder und die hintern greifenden Hände, das Klettern, wie denn auch die meisten A. wahre Baumtiere, einige nur, wie die Paviane, Felsentiere sind. Bei allen ist der Rücken stark behaart, doch das Gesicht und Gesäß bei vielen, zumal den afrikanischen, nackt und dann oft eigentümlich gefärbt. Der Schwanz fehlt nur wenigen, ist aber von verschiedener Länge und bei gewissen amerik. Arten zu einem Greiforgan (Wickelschwanz), gleichsam einer fünften Hand, umgebildet. Die Größe wechselt von derjenigen eines Menschen mittlerer Statur bis zu derjenigen einer großen Ratte; alle besitzen aber ansehnliche Muskelkraft und vermögen sich daher schnell und sicher zu bewegen. Aus der Form der Backzähne ergiebt sich, daß die A. vorzugsweise von vegetabilischer Nahrung leben; sie ziehen Früchte und Samen vor, ohne indes Insekten, kleinere Vögel und Säugetiere, Reptilien sowie Eier und Würmer zu verschmähen. Die Eckzähne erinnern zwar an das fleischfressende Raubtier, sind aber nur Waffen. Die A. leben meist in Polygamie und in kleine Gesellschaften vereint; wenige, wie der langarmige Gibbon (Hylobates lar Ill.), sind monogamisch. Zwillingsgeburten scheinen selten zu sein. Die Jungen werden von den Müttern mit vieler Liebe gepflegt. Ihre Gemütsäußerungen sind je nach den Arten verschieden. Einige Nachtaffen sind äußerst träge, die größern, in der Regel menschenähnlichen A. meist melancholisch, besonders im Alter, in der Jugend dagegen sanftmütig und zutraulich, während die Paviane wild und störrisch sind. Die meisten gewöhnlichen A. sind außerordentlich lebhaft, lüstern, listig, neugierig, wachsam und selbst mutig und durch diese Eigenschaften sowie durch ihre große Behendigkeit eine wahre Landplage für den in ihren Gegenden wohnenden Menschen. Im allgemeinen sind sie auf die tropische Palmenzone beschränkt, die sie nur an wenigen Orten, wie z. B. bei Gibraltar und in den Hochgebirgen Tibets, überschreiten. Das Gehirn des A. ist durchaus nach dem menschlichen Typus gebaut; doch bleibt die hohe Intelligenz des Tieres auf die Jugendzeit beschränkt, während im höhern Alter zugleich mit der Entwicklung der Kiefer die tierischen Affekte vorwiegen. Junge A. lassen sich stets zähmen, alte nur selten.

Unter den eigentlichen A. unterscheidet man die A. der Neuen Welt und die der Alten Welt.

Die A. der Alten Welt oder Schmalnasen (Simiae catarrhinae; s. Tafel: Affen der Alten Welt I - IV) bewohnen die tropischen Gegenden Asiens und Afrikas. Sie haben 32 Zähne wie der Mensch, eine schmale Nasenscheidewand, oft Backentaschen und Gesäßschwielen, nie einen Wickelschwanz. Es gehören hierher die Paviane (Cynocephalus, Taf. II, Fig. 1; IV, Fig. 3) mit ungeheuern Eckzähnen in dem Hundskopfe, nackten, oft seltsam gefärbten Stellen im Gesicht und am Gesäß; die Meerkatzen (Cercopithecus, IV, Fig. 2, 4) von zierlichen Formen, mit meist langem Schwanze; die Makaken (Macacus, II, Fig. 2; IV, Fig. 1, 6) von plumper Form, mit meist kurzem Schwanze; die Stummelaffen (Colobus, III, Fig. 4) mit meist verkümmerten Daumen an den Händen; die Schlankaffen (Semnopithecus, III, Fig. 3; IV, Fig. 5); die Langarmaffen oder Gibbons (Hylobates, III, Fig. 2) mit langen Armen und ohne Schwanz; endlich die Menschenaffen oder Waldmenschen (I, Fig. 1, 2; III, Fig. 1), große, menschenähnliche A. ohne Schwanz, Gesäßschwielen und Backentaschen. Über den Grad der Verwandtschaft der letztern s. Menschenaffen und Mensch (1).

Das Leben der A. im wilden Zustande wie in der Gefangenschaft schildern in anziehender Weise Brehm in seinem "Illustrierten Tierleben", Bd. 1 (3. Aufl., Lpz. 1890), und Martin in seiner "Illustrierten Naturgeschichte der Tiere", Bd. 1 (ebd. 1882). Im nördl. Europa gehen die A. meist an Magen-Darmkatarrh zu Grunde. Lungenschwindsucht, welche früher ebenfalls eine große Menge der gefangenen A. dahinraffte, ist seltener geworden, seitdem man sie mehr an unser Klima gewöhnt hat. Selbst große Kältegrade sind den A. nicht unangenehm und namentlich die großen Paviane ertragen, ohne Unbehagen zu zeigen, Kälte von -10° R. und darüber.

Die Zahl der jährlich eingeführten altweltlichen A. ist sehr groß. Kleinere Makaken und Paviane kann man schon für 20 M. das Stück erhalten. Meerkatzen kosten, je nach der Häufigkeit ihrer Einführung, 30 - 100 M., Stummel- und Schlankaffen sind teurer und obendrein sehr hinfällig. Große Paviane werden mit 300 - 500 M. bezahlt, Gibbons und Menschenaffen, je nach ihrer Größe, mit 400 - 1500 M.

Eine eigentümliche, vielgestaltige Gruppe affenähnlicher Tiere bilden die Halbaffen (s. d.). Fossile Halbaffen hat man in großer Zahl in Nordamerika und Europa schon in den ältern Tertiärschichten gefunden; echte A. im Miocän und Pliocän von Europa, darunter auch menschenähnliche große A. (Miopithecus) bei Sansan am Fuße der Pyrenäen, sowie den Dryopithecus, der menschenähnlicher als selbst die heutigen Anthropoiden ist, bei St. Gaudens und im Pliocän von Eppolsheim.