Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Afrika (Kulturzustand)'
sichtigung der Kinder und des Hauses, sowie der Feldbau. – Die Wohnung besteht meist aus fensterlosen Gras- oder Lehmhütten
mit sehr niedrigem Eingang. Sie sind entweder rechteckig (Tembes) oder kegelförmig oder bienenkorbartig; Häuser mit Giebeldach kommen nur in der westl. Hälfte des
tropischen A. vor. Die Massai und Hottentotten wohnen in leicht abzubrechenden zeltartigen Hütten, während die Buschmänner in Felshöhlen und die Zwergvölker
unter niedrigen, halbkugelförmigen Blätterbedachungen hausen. – Die Hauptbeschäftigung der Bewohner des äquatorialen
und des südöstlichen A. und der Nilländer ist der Ackerbau, oft verbunden mit Viehzucht. Der Ackerbau wird mit einfachen Geräten und ohne Pflug betrieben, für die
Aufbewahrung des Getreides werden besondere Kornspeicher errichtet. Fast ausschließlich betreibt man Viehzucht im südwestl. und in dem vom Indischen Ocean
begrenzten nordöstl. Teil A.s, ferner im ganzen Sudan und in den Ländern der Nordküste. Vegetabilien sind das
Hauptnahrungsmittel; Fleisch wird meistens nur bei festlichen Gelegenheiten genossen. Menschenfresserei kommt im Kongo-
und obern Nilgebiet noch häufig vor. Unter den Genußmitteln steht der Tabak in erster Reihe, der geschnupft oder aus Pfeifen geraucht, selten gekaut wird; weit
verbreitet ist das Hanfrauchen; im Westsudan werden Gurunüsse gekaut. – Die Industrie ist trotz mangelhafter Werkzeuge zum
Teil gut entwickelt und legt ein beredtes Zeugnis für die technische Geschicklichkeit der Neger ab. Von der Metallindustrie ist namentlich die Bearbeitung des Eisens
weit verbreitet, hervorragend sind besonders die schönen getriebenen Gefäße im Niger-Binuegebiet und in Aschanti. Die Kupferindustrie ist beschränkt und geht
südlich nicht weit über den Äquator. Die geringe Silberbearbeitung steht ganz unter arab. und ind. Einfluß, Gold wird fast gar nicht von den Eingeborenen bearbeitet.
Die Thongefäße sind meist von einfacher, aber ebenmäßiger Gestalt, farbig verziert, schwarz eingebrannt und oft gut geglättet. Große urnenformige Thongefäße dienen
zur Aufbewahrung des Getreides, die Thongefäße der eigentlichen Neger sind gewöhnlich cylindrisch und ohne Henkel. Neben den Thongefäßen finden sich
Kürbisgefäße (besonders reich verziert und geschnitzt an der Westküste), Ledergefäße (z.B. am Niger und in Bornu) und Behälter aus Tierblase (bei den Zulu). Das
Gerben der Haut ist nur im Sudan bekannt, sonst wird dieselbe durch sorgfältiges Schaben und Klopfen zubereitet. Sehr kunstvoll sind oft die Holz- und
Elfenbeinschnitzereien. Geschnitzte Fetische und Ahnenfiguren sind besonders bemerkenswert bei den Bari, im Kongogebiet, auf der Loangoküste, Angola, Lubu, Kioko.
Geschnitzte und bemalte Thüren finden sich am Kongo, am Gabun und in Unjamwesi. Auch Sessel, Kopfschemel, Stöcke und Opfertische sind vielfach mit Schnitzerei
verziert. Die Flechtindustrie ist allgemein verbreitet und zum Teil hoch entwickelt. Die Körbe werden aus Palmblättern, Binsen und Stroh geflochten, die Somal
verstehen wasserdichte Körbe herzustellen. Viel gebraucht sind Matten, von denen an der Loangoküste besonders schöne mit Tiergestalten und in Uganda mit
farbenprächtigen Mustern gefertigt werden. – Die Kleidung entspricht nicht durchweg den Anforderungen des Klimas und
deutet öfters auf Beibehaltung früherer Gewöhnung bei veränderten klimatischen Verhältnissen. Zu dem einfachen, als Schamdecke dienenden Fellstückchen des
Buschmanns ↔ tritt bei Hottentotten und Betschuanen der Pelzmantel (Karoß), bei Herero das Schaf- oder Ziegenfell und weiter der verzierte Schurz
und das Lendentuch. Während viele Negerstämme des äquatorialen A. fast oder vollkommen nackt gehen, hüllen sich die Waganda und Wanjoro vollständig in
Rindenstoffgewänder ein. Wo in Ost- und Westafrika der Webstuhl bekannnt ist und die Baumwollstaude gedeiht, wird auch Baumwollzeug getragen. – Von
Waffen sind Speer und Bogen die ältesten und verbreitetsten. Kostbare Prunklanzen finden sich namentlich im Kongogebiet und
in Mittelafrika, die Lanzenschäfte der Bari, Zulu u.s.w. sind mit Hautstreifen umwickelt. Eine besondere Art der Lanze ist der Wurfspeer (Assagai), in einfachster Gestalt
bei Hottentotten und Herero, sonst mit Widerhaken versehen und mit Messingdraht umwickelt. Auch Wurfpfeile kommen vor, z.B. mit flach gerundeter spitze in
Mittelafrika. Die Wurfkeule (Kirri) findet sich bei Buschmännern, Hottentotten, Zulu, Herero u.s.w., reich geschnitzt besonders bei den Barotse. Eigentümlich ist den
Niam-Niam, Bangala, Musgu und Tibbu das Wurfmesser. Die Schilde sind teils geflochten, teils aus Häuten verfertigt. Das Schwert ist nur im östl. Äquatorialafrika
verbreitet, dagegen findet man die Streitaxt bei sehr vielen Völkern; ebenso das Dolchmesser. Die Prunkwaffen der Sudanvölker zeigen arab. Einfluß. – Als
Schmuck dienen Metall- und Elfenbeinreifen, Gehänge aus Perlen, Muscheln und Elfenbein, Lippenpflöcke u.s.w. Besonderer
Wert wird auf den Kopfputz gelegt, hier dienen ebensowohl mächtige Federhelme, Federkronen und Haarkränze als auch phantastische Frisuren (besonders in
Mittelafrika) zum Schmuck. Teils zum Schmuck, teils zum Schutz gegen Witterungseinflüsse dient das Einschmieren des Körpers mit Fett und Farbstoff. Viel verbreitet ist
auch das Ausbrechen und Spitzfeilen der Zähne, das Durchbohren der Lippen und der Nasenflügel und das Tätowieren (s. d.). – Die Vorliebe für
Tanz und Musik führt zu einer großen Mannigfaltigkeit der
Musikinstrumente. Es finden sich von Blasinstrumenten Antilopenhörner, von Saiteninstrumenten die Kürbisgeige und Gora der
Betschuanen und Hottentotten, sowie Zither, Guitarre und Harfe, von Schlaginstrumenten Trommeln und die Marimba oder das Kalebassenpiano, ferner eiserne
Glocken und Tanzrasseln. (Hierzu die Tafeln: Afrikanische Kultur I,
II.)
Sklaverei. Die Sklaverei ist fast ganz allgemein; als Haussklaverei tritt sie zwar gewöhnlich in milder Form auf, die Erwerbung von
Sklaven giebt jedoch zu fortwährenden Fehden und Raubzügen Veranlassung. Sklaven waren früher die kostbarsten und begehrtesten Produkte A.s. Besonders
großartig war die Sklavenausfuhr nach Amerika an der Westküste. Seitdem aber die amerik. Staaten einer nach dem andern die Sklaverei aufgehoben haben, hat diese
Ausfuhr ganz aufgehört. An der Ostküste ist der Sklavenhandel seit Begründung der deutschen und engl. Kolonien im frühern Machtbezirk von Sansibar im
Verschwinden begriffen. Der stärkste Export findet gegenwärtig noch aus dem Sudan nach dem arab. Nordafrika statt. Allerdings ist das Los der Sklaven bei ihren arab.
Herren kein so erbärmliches, als man gewöhnlich sich vorstellt; sie werden meist als zur Familie gehörig angesehen. Wohl aber sind es die mit dem Sklavenhandel
verbundenen Sklavenjagden mit ihren grauenhaften Verwüstungen ganzer Landstriche, die ein Haupt-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 184.