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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ägir; Agira; Agis; Ägis

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Ägir - Ägis

ziehen (s. Differenzgeschäfte). Das von dem Spekulanten erwartete Steigen oder Fallen des Preises ist meistens von gänzlich unberechenbaren Umständen abhängig und die A. erscheint dann als reines Glücksspiel. Noch verwerflicher aber ist die A. seitens solcher Spekulanten, welche durch trügerische Vorspiegelungen, übertreibende Reklame, durch Scheinoperationen und andere Täuschungsmittel die gewünschte Preisbewegung direkt herbeizuführen suchen. Das wirksamste Mittel, die Kurse zu beherrschen, ist natürlich die Verwendung eines großen Kapitals im Dienste der A. an der Börse. Der so ausgestattete Unternehmer kann z. B. die Preise durch bedeutende thatsächlich ausgeführte Ankäufe emportreiben, die Masse der kleinern Spieler in diesem Sinne in Bewegung setzen und dann im geheimen zu den erhöhten Kursen noch mehr verkaufen als kaufen. Der wirkliche Wert des Spielobjekts ist für den Agioteur völlig gleichgültig, wie sich deutlich schon in einem der frühesten Ausdrücke der Spielwut zeigte, nämlich in dem holländ. Tulpenschwindel (1634-38). Je häufigern und je größern Schwankungen der Wert einer Ware oder eines Börsenpapiers ausgesetzt ist, um so mehr wendet sich ihm die A. zu, und unter sonst gleichen Umständen wird immer dasjenige Papier höher stehen, in dem nicht nur Kassen-, sondern auch Zeitgeschäfte stattfinden. Es gilt dies besonders von gewissen "internationalen", d. h. an den hauptsächlichsten europ. Börsen gehandelten Papieren. Übrigens werden auch durchaus solide Staatspapiere zum ständigen Gegenstande eines Börsenspiels gemacht, das ebenfalls als A. zu bezeichnen ist, obwohl es sich in festen Bahnen bewegt. Besonders ungestüm dagegen tritt die A. oft bei der Ausgabe der Aktien neugegründeter Unternehmungen auf (s. Aktie). Auch an der Warenbörse finden in den Artikeln mit stark wechselnder Produktion oder Zufuhr, wie Getreide, Öl, Talg, Spiritus, Petroleum, Kaffee, eine bedeutende auf Zeit- und Differenzgeschäften beruhende A. statt. Gesetzliche Maßregeln zur Bekämpfung der A. haben sich, wie das Beispiel Frankreichs und Preußens gezeigt hat, als unwirksam erwiesen, da die Spielverträge von den reellen meistens nicht zu unterscheiden sind. Auch haben gewisse Ausgleichungskäufe und Verkäufe auf Zeit eine gewisse wirtschaftliche Berechtigung namentlich im Dienste der Arbitrage (s. d.).

Ägir oder Ögir, in der nordischen Mythologie der Dämon des Weltmeers; seine Gattin Ran sucht mit ihrem Netze die Seefahrer zu fangen und die Schiffe festzuhalten. A. steht mit den Göttern auf freundschaftlichem Fuße; er lädt sie zum Gelage und kehrt bei ihnen ein. Er ist in der Dichtkunst die Verbildlichung des ruhigen Meers.

Agira (spr. adschihra), früher S. Filippo d' Argirò, Stadt in der ital. Provinz Catania auf Sicilien, in 650 m Höhe, hat (1881) 13 098 E. A., eine der ältesten sicil. Städte, hieß im Altertum Agyrium und ist Geburtsort des Historikers Diodor.

Agis, der Name mehrerer Könige von Sparta. Von dem ersten Könige A., dem Sohne des Eurysthenes, führte das eine der beiden Königshäuser zu Sparta seinen Namen, Agiaden.

Agis II., Sohn des Archidamus II., regierte von 427 bis 397 v. Chr. Im Peloponnesischen Kriege machte er 425 einen Einfall in Attika und stellte 418 durch den Sieg bei Mantinea über Argiver und Mantineer das Übergewicht der Spartaner im Peloponnes wieder her. Von großer Bedeutung für den Ausgang des Krieges war die seit 413 nach Besetzung von Dekelea durch ihn geleitete Blockierung Athens. A. starb 397 v. Chr.

Agis III., Sohn Archidamus III., seit 338 v. Chr. König, trat, als Alexander d. Gr. nach Persien zog, 333 mit den Persern in Bündnis, um in Alexanders Rücken den griech. Aufstand zu entzünden. Die Schlacht bei Issus ließ den Plan nicht zur Ausführung kommen. Die macedon. Flotte vertrieb A. aus Kreta, wo er sich eine Macht zu verschaffen suchte. Erst Anfang 330, als Alexanders Statthalter in Macedonien, Antipater, durch eine Empörung in Thrazien beschäftigt war, brachte A. den Peloponnes in Aufruhr. Nur Megalopolis hielt zu den Macedoniern. Als er die Stadt belagerte, eilte Antipater mit Übermacht herbei, A. wurde im Juni 330 geschlagen und fiel.

Agis IV. wurde, 20 J. alt, König 245 v. Chr. Sein Plan, die alte Verfassung und die strengen alten Sitten wiederherzustellen, hatte in seinem Mitkönig, Leonidas II., einen erbitterten Gegner. Doch gelang es dem A., seinem Freunde Lysander im Herbst 243 das Ephorat zu verschaffen, der nun an die Gerusia einen Gesetzvorschlag brachte, die auf 700 (von 9000) gesunkene Zahl der Bürger durch Aufnahme der tüchtigsten Fremden und Periöken wieder auf 4500 zu bringen und unter diese die Ländereien zu gleichen Teilen durch das Los zu verteilen. A. erklärte sich bereit, alle seine liegenden Gründe und 600 Talente Silbers zur Teilungsmasse herzugeben. Intriguen und Eigennutz der Mehrheit der Geronten hinderten indessen die Ausführung des Plans, bis im Sommer 242 Leonidas vertrieben war. Nun aber forderte der Ephore Agesilaus, selbst reich an Grundbesitz, jedoch mit Schulden belastet, den A. auf, zuerst nur die Schuldforderungen zu vernichten und dann die Teilung der Güter vorzunehmen. A. ging auf diesen Vorschlag ein. Man verbrannte die Schuldscheine, aber die Ausführung der andern Maßregel wurde durch die Intriguen des Agesilaus so lange verzögert, bis A. 241 sich genötigt sah, spartan. Hilfstruppen dem Achäischen Bunde zuzuführen. Als er nach Sparta zurückkehrte, hatte Agesilaus alle seine Pläne durchkreuzt und das Volk den Leonidas zurückgerufen. A. flüchtete sich in einen Tempel, wurde aber herausgelockt und dem Gerichte der neugewählten Ephoren des Herbstes 240 überliefert, die ihn erdrosseln ließen.

Ägis (Ägide), der von Hephaistos geschmiedete Schild, den bei Homer regelmäßig Zeus, außer ihm Athene und ausnahmsweise Apollon führt. Wenn Zeus die betroddelte, hellglänzende A. ergreift und schüttelt, dann hüllt er zugleich den Ida in Wolken und blitzt und donnert laut, so daß die Menschen Schrecken und Grausen erfaßt. Zugleich ist die A. aber auch das Symbol der schirmenden Obhut der Götter (daher der Ausdruck unter der Ägide soviel wie unter der Obhut). Nach einem andern Mythus war die A. des Zeus, mit der er sich im Kampfe gegen die Giganten oder Titanen bedeckte, die Haut der Ziege (grch. aix), die ihn auf Kreta gesäugt hatte; oder A. war ein schreckliches, Flammen sprühendes Ungeheuer, das zuletzt auf dem Keraunischen Gebirge von Athene erlegt wurde, die fortan sein Fell als Brustharnisch trug. Dieser Auffassung entspricht es, wenn auf den Bildwerken die Ä. in der Regel als Tierfell dargestellt ist, umsäumt von Schlangen, die offenbar den in der Ilias erwähnten Troddeln entsprechen; in der Mitte ist gewöhnlich das Haupt der Gorgo (s. d.)